Die Entlassung Hans Meyers beim "Club":Nicht mehr verliebt

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Die Entscheidung kam zu diesem Zeitpunkt überraschend: Der abstiegsbedrohte 1. FC Nürnberg hat sich von Trainer Hans Meyer getrennt. Dessen Nachfolger steht bereits fest.

Markus Schäflein

Es war eine große Liebe: Der 1. FC Nürnberg, ein Verein, der seine besten Zeiten lange hinter sich hatte, und ein Trainer im Rentenalter, der auf seine älteren Tage noch einmal zur Hochform auflief. Eine schöne Geschichte war das, sie führte das glückliche Paar zum DFB-Pokalsieg und in den Uefa-Cup.

Er selbst sah den Zeitpunkt noch nicht gekommen, die Vereinsführung schon: Nürnbergs ehemaliger Trainer Hans Meyer. (Foto: Foto: dpa)

Am Montagabend ging sie zu Ende, schneller als erwartet. Am frühen Abend sprach es sich schon herum, dass sich die Vereinsführung des Fußball-Bundesligisten für eine Entlassung Meyers entschieden habe. Regionale Fernseh- und Radiosender vermeldeten die Entscheidung unter Berufung auf "zuverlässige Quellen" als sicher.

Eine offizielle Bestätigung wurde zunächst nicht herausgegeben, auf der Homepage des 1.FC Nürnberg wurde der Forumsbeitrag "Danke Hans!" vom Moderator geschlossen mit dem Hinweis: "Ungelegte Eier!", dafür gibt's keinen neuen Debatten-Ordner. Erst nach neun Uhr bestätigte Sportdirektor Martin Bader die Scheidung. Auch Meyers Assistent Jürgen Raab wird den Verein verlassen.

Noch am Nachmittag hatte Meyer gesagt: "Wenn ich selbst so empfinde und spüre, dass die Entscheidungsträger im Verein zu mir kein Vertrauen haben, dann werden wir die Reißleine ziehen. Momentan sehe ich diese Situation aber nicht gegeben." Am Abend wurde er dann vom Deutschen Sport-Fernsehen konkret nach seiner Entlassung gefragt.

Er erklärte, man habe ihm die Entscheidung noch nicht offiziell mitgeteilt, in Kürze sei er aber zu einer Sitzung geladen. Dort ging es wohl um die Bedingungen einer Vertragsauflösung - der Kontrakt lief bis zum 30. Juni 2009.

Selbst Meyers Nachfolger geisterte prompt über das Vereinsgelände am Valznerweiher, ehe sein Vorgänger überhaupt verabschiedet worden war: Thomas von Heesen, zuletzt bis Februar 2007 bei Arminia Bielefeld tätig und seitdem ohne Trainerjob, wird der neue Mann.

"Wir führen Gespräche mit Thomas von Heesen als möglichen Nachfolger", bestätigte Bader am späten Montagabend. Da war offenbar bereits alles entschieden: Von Heesen soll am Dienstag vorgestellt werden und einen Vertrag bis 2009 erhalten, der auch für die zweite Liga gilt.

Von Heesen tritt seine Arbeit zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt an. Am Donnerstagabend um 21.45 Uhr spielen die Nürnberger im Uefa-Cup auswärts bei Benfica Lissabon, am Samstag um 15.30 Uhr bei Werder Bremen. Warum sich die Nürnberger Vereinsführung ausgerechnet in dieser heiklen Woche für den Trainerwechsel entschieden hat, blieb zunächst ungeklärt.

Präsidium und Aufsichtsrat hatten sich bereits am Sonntagabend getroffen. Offenbar konnte oder wollte Präsident Roth dort sein Versprechen nicht durchsetzen: "Ich werfe den Trainer nicht raus, wenn, dann muss er von alleine auf mich zukommen", hatte Roth erklärt. Die Bedenken angesichts des 16. Tabellenplatzes und des missglückten Starts in die Rückrunde überwogen offensichtlich bei der großen Mehrheit der Anwesenden - zumal der gewünschte Kandidat, von Heesen, sofort zu bekommen war.

Sein Humor war passé

Einen Ausschlag für den schnellen Abschied dürfte auch Meyers Auftritt nach dem Spiel gegen Rostock gegeben haben. Fast apathisch saß er am Samstag im Presseraum, in ungewöhnlicher Deutlichkeit kritisierte er seine Mannschaft.

Es sei "von Souveränität nichts zu sehen", es fehle "an psychischer Stärke und Kombinationssinn" sowie an "Leichtigkeit", die Situation habe sich "richtig verschlechtert". Dass es nicht gelungen war, die geplante Heimsieg-Serie zu starten, hatte Meyer sichtlich zugesetzt: "Da hätte man alles wieder aufgebaut, was abhanden gekommen ist. Aber so haben wir schon wieder etwas abgegeben."

Das war nicht mehr der verliebte Hans Meyer. Sein Humor war passé. Lösungsvorschläge waren nicht mehr zu hören, und nicht einmal der in solchen Situationen übliche Verweis auf unglückliche Umstände. Die Verletzungsmisere hätte Meyer mit einigem Recht anführen können, und selbst auf die Vorlage, die Nürnberger hätten doch viele Torchancen gehabt, bellte er nur zurück: "Wann denn? Wo haben Sie die denn gesehen?" Die freundliche Radioreporterin von einem Gute-Laune-Privatsender blickte sichtlich irritiert.

Enttäuschte Anhänger

Statt gutes Wetter zu machen, bekräftigte Meyer am Samstag nochmals seine schon am Donnerstag geäußerten Rücktrittsgedanken: "Ich habe gesagt, dass bis Ende Februar eine Situation eintreten kann, in der ich aufhören muss." Sportdirektor Bader, der sonst stets als Gesprächspartner bereit steht, erschien diesmal nach der Konferenz nicht vor der Tür des Presseraums. Bader und Meyer waren zuletzt nicht mehr immer einer Meinung gewesen.

Viele Anhänger sind nun enttäuscht, dass die Romanze so endet. Meyer hatte beim 1. FC Nürnberg und in ganz Franken den Status eines Helden erworben, indem er den Club im November 2005 als vermeintlich sicheren Absteiger auf dem letzten Tabellenplatz übernahm, in der Bundesliga hielt und ihn in der Saison darauf zu den größten Erfolgen seit Jahrzehnten führte.

Meyers Ruhm strahlte zwischenzeitlich so weit aus, dass er gar als Trainerkandidat des FC Bayern galt. Auch beim miserablen Auftritt der Mannschaft am Samstag gegen Rostock blieben die Fans bemerkenswert ruhig - es war deutlich zu spüren, dass sie ihre Wut unterdrückten, um Meyer nicht zu schaden. Es war umsonst.

© SZ vom 12.02.2008/sekr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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