DFB-Pokal-Achtelfinale:Spiel auf ein Tor

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Erschreckend schwach präsentierte sich der VfB Stuttgart beim FC Bayern. In die Defensive gedrängt, kamen die Schwaben nur selten in die Nähe des Münchner Tores: Mit dem 0:3 waren sie noch gut bedient.

Es war durchaus beeindruckend, wie Felix Magath mit Bayern München gestern Abend das erste Kräftemessen gegen seinen alten Klub gewann. Der Rekordmeister besiegte den VfB Stuttgart mit 3:0 (1:0) und steht im Viertelfinale des DFB-Vereinspokals. Vor unentwegten 24000 Zuschauern im Münchner Olympiastadion erzielten Owen Hargreaves (35.), Michael Ballack (69.) sowie Roy Makaay (79.) die Treffer für die Gastgeber.

Die Münchner, auch deutscher Rekord-Pokalsieger, waren jedoch überlegener, als es das Ergebnis besagt. Der FC Bayern ist nun mit zwei Teams in der Runde der letzten Acht vertreten: Am Vortag hatte bereits die Amateur-Auswahl durch ein 3:2 gegen Eintracht Braunschweig das Viertelfinale erreicht.

Die Schwaben, die nach Auskunft ihres früheren Trainers Magath ja gar nicht anders können als allzeit stürmisch nach vorne zu rennen, sahen sich von Beginn an stark in der Defensive beschäftigt und gingen in der ungeliebten Rolle nicht immer zimperlich zu Werke.

Groteske Überlegenheit

Das bot den Bayern zunächst üppig Gelegenheit, sich in der Freistoßkunst zu üben, jedoch benötigten sie ein gutes halbes Dutzend davon, ehe schließlich ein Schuss Ballacks von Torwarts Hildebrands Brust abprallte und für eine erste Schrecksekunde in der Stuttgarter Hintermannschaft sorgte. Da waren bereits 24 Minuten gespielt, doch immerhin, zwei Minuten später sorgte Makaay mit einem 18-m-Gewaltschuss, der knapp über die Torlatte strich, gleich für den nächsten Schockmoment.

Nach einer halben Stunde nahm die Münchner Überlegenheit teils groteske Formen an, da wurde bis tief in den VfB-Strafraum hinein kombiniert und wohl nur deshalb nicht ins Gästetor getroffen, weil eben sämtliche Stuttgarter Beine davor versammelt waren. Owen Hargreaves erkannte dieses technische Problem als erster und hielt einfach mal aus der Distanz drauf - aus respektvollen 22 Metern Entfernung traf er zum sehr verdienten 1:0 (35.).

Und die Bayern ließen nicht locker, attackierten die Schwaben schon an der Mittellinie mit einem gesunden Ingrimm, als gälte es, offene Rechnungen für ihren Trainer zu begleichen (der hinterließ angeblich nicht nur Freunde am Neckar). Vielleicht hatte auch Vorstandschef Rummenigges jüngste Ankündigung für Bewegung gesorgt, einige der 26 Profiverträge einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Ballack sah jedenfalls Gelb nach einem Foul an Hleb und baute dann im nächsten Moment beinahe den Vorsprung aus (44.).

Die Seiten wurden gewechselt, die Rollenverteilung blieb. Stuttgarts im Normalfall Kreativster, Hleb, trabte meist nur hilflos mit den Armen rudernd durchs Mittelfeld, die VfB-Stürmer Kuranyi und Cacau bildeten die vorderste Abwehrreihe. Coach Sammer reagierte, brachte Tiffert für Heldt (58.), die Bayern regierten weiter uneingeschränkt.

Und gingen derart fahrlässig mit ihren Chancen um, dass Magath mit tief gefrorener Miene den Peruaner Pizarro vom Feld holte und durch Landsmann Guerrero ersetzte (65.). Der Vertragsamateur brachte ganz frische Erfahrung als Pokaltorschütze mit, er hatte erst am Abend zuvor zwei Treffer zum 3:2-Sieg des Münchner Regionalliga-Teams beigesteuert.

Ein ruhiger Arbeitstag

Nach 67 Minuten erzwangen die Schwaben urplötzlich ihren ersten Eckball, vorausgegangen war durch Tiffert ihre erste Torchance überhaupt. Die Bayern, die sich jäh der Absurdität eines Stuttgarter Ausgleichstreffers in einer Partie wie dieser bewusst wurden, sorgten daraufhin eilig für klare Verhältnisse: Freistoß Hargreaves, Kopfball Ballack - 2:0 (69.).

Während in der Stadion-Südkurve die üblichen "Wir fahren nach Berlin"-Gesänge anhoben und in liebevoller Heimarbeit gefertigte Papp-Pokale kreisten, rangen sich die Gäste doch etwas mehr Elan ab, Szabics, der für Cacao gekommen war, riskierte sogar einen Fernschuss auf Kahns Tor. Rasch war auch dieser Strategiewechsel als brotlose Kunst entlarvt: Makaay nutzte den ersten Münchner Konter überhaupt zum 3:0 (79.), Guerrero hatte ihn mit einem cleveren Pass auf die Reise geschickt.

Der Torschütze und Kollege Schweinsteiger durften gehen, Scholl und Demichelis wurden zur Verwaltung des souveränen Erfolgs aufs Feld entsandt. Schließlich durfte auch noch Oliver Kahn den Ball berühren, einen Schuss von Hleb barg er ohne erkennbare Mühe in den Armen (85.). Für ihn war es am Ende wie für das gesamte Stuttgarter Ensemble ein Arbeitstag, der diesen Begriff nicht verdiente.

© Süddeutsche Zeitung vom 11.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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