Deutsche Starter:Eine Medaille ist sicher

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Sprung auf das Podium: die souverän auftretende Siebenkämpferin Carolin Schäfer auf dem Weg zur Silbermedaille in London. (Foto: Andy Lyons/Getty Images)

Carolin Schäfer überzeugt als Zweite im Siebenkampf und ist die erste deutsche Athletin auf dem WM-Podium. Kugelstoßer David Storl enttäuscht als Zehnter.

Von Joachim Mölter, London

Die letzten Schritte der Siebenkämpferinnen sind die mühsamsten, die abschließenden 800 Meter fallen allen Athletinnen schwer am Ende des zweiten Wettkampftages. Die Frankfurterin Carolin Schäfer tat dann auch nicht mehr als nötig, sie schaute bloß noch drauf, dass die Niederländerin Anouk Vetter hinter ihr blieb. Die Europameisterin war ihr ja nach dem Speerwerfen bis auf drei Punkte auf den Leib gerückt; wer von den beiden zuerst ins Ziel käme, würde auch die Silbermedaille bekommen bei diesen Weltmeisterschaften von London. Die Belgierin Nafissatou Thiam war allen längst enteilt, ihr war nach Olympia-Gold auch der WM-Titel sicher, sie konnte sich ein gemütliches Jogging leisten, als Letzte ins Ziel trudeln und kam am Ende dennoch auf 6784 Punkte.

Dahinter sicherte sich Schäfer mit ihrem kontrollierten Rennen in 2:15,34 Minuten den zweiten Platz. Sie sammelte insgesamt 6696 Punkte, 60 mehr als Vetter, die keine Kraft mehr hatte zum Kontern, aber immerhin einen neuen Landesrekord aufstellte. Die zweite Deutsche im Feld, die ebenfalls für Eintracht Frankfurt startende Claudia Salman-Rath, kam trotz der besten 800-Meter-Zeit nicht mehr weiter nach vorn als bis auf Platz acht. Ihre Punktzahl: 6362, am Samstag hatte sie als Dreizehnte zu viel Boden eingebüßt.

Carolin Schäfer hat damit die erste Medaille bei diesen Weltmeisterschaften geholt für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). "Ich kann gar nicht in Worte fassen, was mir die Medaille bedeutet", sagte sie: "Ein Traum ist in Erfüllung gegangen, dafür habe ich so lange gearbeitet." Die 25-Jährige hat eine schwierige Zeit hinter sich, nachdem ihr Lebensgefährte vor zwei Jahren tödlich verunglückt ist.

In London wurde sie am Sonntag nun den Erwartungen gerecht, die sie Ende Mai in Götzis geweckt hatte mit ihrer Steigerung auf 6836 Punkte. Schäfer war als zweitbeste Siebenkämpferin des Jahres angereist, nur Thiam war noch besser gewesen: Die 22-Jährige hatte in Götzis sogar die 7000-Marke übertroffen (7013). Während die Rivalin Salman-Rath in fast allen Disziplinen schwächer abschnitt als bei ihrer Bestleistung von Götzis (6580 Punkte) und damit ihre kleine Medaillenchance Disziplin für Disziplin aus den Augen verlor, bewegte sich Schäfer fast überall am oberen Rahmen ihrer Möglichkeiten. Dass sie im Weitsprung ein wenig schwächelte (6,20), glich sie mit einer persönlichen Bestleistung im Kugelstoßen aus (14,84).

Kugelstoßer David Storl findet nie seinen Rhythmus und enttäuscht als Zehnter

Während Carolin Schäfer und Claudia Salman-Rath sich mit den Kolleginnen auf den Weg zur traditionell gemeinsam gelaufenen Ehrenrunde machten, löste sich eine weitere DLV-Hoffnung in Luft auf. Kugelstoßer David Storl, zweimaliger Weltmeister der Jahre 2011 und 2013, musste schon nach dem Vorkampf passen: Zwei ungültigen Versuchen ließ er eine Weite von 20,80 Meter folgen - das waren zehn Zentimeter zu wenig für das Finale der besten Acht und eine rechte Enttäuschung für den 27-Jährigen, der sich auf dem Weg zurück zu alter Stärke geglaubt hatte: Vor drei Wochen hatte er sich in Gotha mit seiner Saisonbestweite von 21,87 Meter wieder der 22-Meter-Marke genähert. Die 21,87 hätten am Sonntag für Silber gereicht, für den Titel hätte er die 22,03 Meter des Neuseeländers Tomas Walsh überbieten müssen.

Diskuswerfer Robert Harting hatte am Samstag zwar auch eine Medaille verpasst, aber als Sechster immerhin besser abgeschnitten als Storl. Harting, der fast auf den Tag genau vor fünf Jahren in diesem Stadion Olympiasieger geworden war, konnte mit seinen 65,10 Metern nicht in den Kampf um die Medaillen eingreifen; dazu fehlt ihm nach einem Kreuzbandriss und zwei Knie-Operationen einfach die Beweglichkeit in den Beinen. "Ich hätte mich gern cooler verabschiedet, mit einer besseren Leistung", sagte der Berliner, der seine letzte WM bestritt. Der 32-Jährige, der in London betont locker auftrat, will seine Karriere nach der Heim-EM in Berlin im nächsten Jahr beenden.

Er wirkte ohnehin nicht durchgängig enttäuscht. Begeistert erzählte er zum Beispiel von der Qualifikation am Freitag: Am Eröffnungsabend der WM war das Stadion mit mehr als 50 000 Zuschauern besetzt gewesen, Harting fand das "geil - ich habe bei einer Qualifikation noch nie so viele Leute gesehen".

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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