Deutsche Eishockey-Liga:Die schiefe Liga läuft rund

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Wolfsburg kommt rauf und keiner muss runter: Die DEL startet erstmals mit 15 Mannschaften in die Eishockey-Saison.

Wolfgang Gärner

Die Eisbären Berlin spielen schon mal nicht mit am ersten Wochenende der neuen Saison in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) - nicht zur Strafe dafür, dass sie als Meister der vorangegangenen zwei Jahre zuletzt abgestürzt waren auf Rang neun, raus aus den Playoffs; auch nicht deshalb, damit sie ein bisschen mehr Zeit haben, sich einzuspielen unter ihrem neuen Coach Don Jackson. Sondern deshalb, weil die Liga schief ist - 15 Teams sind einer zu viel, um einen normalen Spielbetrieb abzuwickeln.

Ein Bild vom Finale der vergangenen Saison: Mannheim gewinnt gegen Nürnberg. (Foto: Foto: dpa)

Das haben sie davon, dass sie den Abstieg abschafften (korrekt: aussetzten): Wenn keiner runter muss, aber einer raufkommt wie diesmal das Team aus Wolfsburg, das auf den komischen Namen Grizzly Adams hört, dann wird es ungerade. Schlimme Konsequenzen sehe er in dieser Schieflage nicht, sagt Gernot Tripcke, der Geschäftsführer der Liga: ,,Hat halt jedesmal einer Freilos.'' Eher beschäftigt ihn die zeitliche Enge mit 60 Spieltagen: Ein noch früherer Saisonbeginn als das zweite Septemberwochenende würde in deutschen Breiten endgültiges Unverständnis erregen, andererseits muss Mitte April Schluss sein, ,,denn mehr Zeit bekommen wir von unseren Freunden in Zürich nicht zugestanden''. Das sind die Chefs des Weltverbandes, die Terminschutz für ihre WM geschaffen haben.

Nur im Bezahlfernsehen

Es wird also noch mehr Spiele an Dienstagen geben, was für den werktätigen Normalbesucher im Stadion womöglich problematisch ist, aber auch seine Vorzüge habe, gesteht Tripcke: ,,Für die Business-Kunden ist das durchaus attraktiv.'' Unter der Woche kann man besser mal einen Geschäftspartner in die Lounge einladen als am Sonntag. Noch ein Argument: ,,In unserem Kampf um Medienpräsenz im Free-TV sind Spiele wochentags auch nicht so schlecht - die wird man am ehesten mal im Morgenmagazin platzieren. Samstag, Sonntag gibt es solche Formate leider nicht. Wir müssen schauen, wie wir in die Nischen kommen. ''

Aus dem frei empfangbaren Fernsehen sind sie einst aus freiem Willen ausgestiegen, weil es Geld für die Rechte nur beim Bezahlkanal gibt. Das ging (und geht immer noch) auf Kosten der flächendeckenden Verbreitung, aber in der Liga herrscht die Überzeugung, dass das keinen entscheidenden Unterschied machte. ,,Man muss immer schauen: Wo kommen denn die Kunden her und die Sponsoren?'', sagt Tripcke, weiß natürlich das Ergebnis: Die kommen aus der jeweiligen Region, ,,unsere regionale Präsenz ist gut. Ein Fernsehzuschauer, der nicht ins Stadion kommt und kein Trikot kauft, hilft uns auch nichts''.

Vergangene Saison kamen aber so viele wie noch nie: 6500 im Schnitt, was seine Körperschaft zu der am drittbesten besuchten Hallenliga der Welt hinter NBA und NHL mache, rechnet der Geschäftsführer vor. Der Betrieb läuft rund, offenbar, der Gesamtumsatz der Liga stieg auf 78,7 Millionen Euro, mehr als zehn Prozent davon gehen allerdings auf das Konto von Titelverteidiger Adler Mannheim.

Wieder kein Absteiger

Aufsteiger Wolfsburg leistet sich einen Crack wie den Tschechen David Moravec, Weltmeister von 2001, und aus Nordamerika kamen vier Männer, die vergangene Saison in der NHL aktiv waren. Das klingt alles sehr positiv, macht aber trotzdem nicht vergessen den Vorwurf, mit dem Bundestrainer Uwe Krupp sich Luft machte vor der WM im Mai: Diese Liga sei gut nur für Ausländer. Das gehöre zu seinem Job, finden sie bei der DEL, ,,und er macht einen verdammt guten Job'', sagt Tripcke. Krupp fordert die Reduzierung auf sechs bis acht Ausländer pro Team, die Klubs finden das illusorisch und halten sich die höchste Deutschen-Quote aller Profisportarten zugute, mit einem Anteil von 60 Prozent. Er war - direkt nach dem Bosman-Urteil - schon mal unten auf 32. Mit dem Wolfsburger Team seien 15 neue Deutsche in die Liga gekommen, rechnet Tripcke vor, ,,durch die Reduzierung auf zehn Ausländer 2008 kommen wieder 15 und mit dem nächsten Aufsteiger noch mal 15.''

Denn nach dieser Saison soll wieder ein Team rauf, aber keines runter. Neulich hat sich Elmar Schmellenkamp, Geschäftsführer der Düsseldorfer EG, zu dieser Praxis erklärt, dahingehend, dass seine Gesellschaft (als einzige der Liga) Gegner des Closed Shop sei. Mehr als ein Closed Shop ist die DEL ein Gemischtwarenladen, der Folklore am Kirmesplatz (Straubing/Gäubodenfest) ebenso bietet wie derart glitzerndes Entertainment in nagelneuen Multifunktionsarenen (Mannheim als dernier cri), dass Tripcke warnt, man müsse aufpassen, ,,dass man sich nicht zu Tode eventet''. Nächster Schritt wird der neue Berliner Spielplatz in Friedrichshain, 17000 Zuschauer fassend und für die Saison 2008/09 fertig. Dann schauen die Eisbären am ersten Wochenende keinesfalls zu, sondern werden das Eröffnungsspiel zelebrieren. Wie diesen Donnerstag die Kölner Haie gegen die Hamburg Freezers.

© SZ vom 6.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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