Der kölsche "Tünn":Toni Schumacher wird 50

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Was in Oliver Kahn dieser Tage vorgeht, kann Harald "Toni" Schumacher bestens nachvollziehen. Auch der stärkste deutsche Torhüter der 80er Jahre galt als besessener Ehrgeizling und Erfolgstyp, wurde gehasst und geliebt.

Doch wenn die Fußball-Fans zu seinem 50. Geburtstag am Samstag (6. März) an die Karriere des "Tünn" zurückdenken, werden ihnen vermutlich zuerst Skandale und Fehlgriffe einfallen.

Wie Kahn 16 Jahre später unterlief "Toni", wie in sein Mannschaftskollege Heinz Simmet einst taufte, bei der WM 1986 in Mexiko nach einem überragenden Turnier ausgerechnet im Endspiel gegen Argentinien (2:3) ein entscheidender Fehlgriff.

Verhältnis belastet

Vier Jahre zuvor in Spanien hatte er den Franzosen Patrick Battiston über den Haufen gerannt und mit seiner Aussage, ihm die Jacket-Kronen zu bezahlen, das deutsch-französische Verhältnis im Fußball über Jahre belastet.

Seine Karriere beim 1. FC Köln endete 1987 - bezeichnenderweise am Aschermittwoch - mit einer Suspendierung, nachdem Schumacher in seinem Buch "Anpfiff" Doping-Vorwürfe geäußert hatte. Dem Rauswurf bei "seinem" FC folgte schließlich sogar der Ausschluss aus dem Nationalteam.

"Der Toni ist neben dem Sepp Maier einer der wenigen, deren Meinung mir ganz besonders wichtig ist. Er kann sich in mich hineinversetzen", ließ Kahn denn auch verlauten. Die neben Maier wohl beiden besten deutschen Keeper aller Zeiten verband verblüffend viel - bis hin zu dem oft kritisch beäugten Kaugummi-Kauen während der Nationalhymne.

"Das habe ich später nicht mehr gemacht, weil meine Mama gesagt hat, das sähe fürchterlich aus", erklärt Schumacher im kicker. Mit Kahn hat er kein Mitleid, doch er kann seine Situation nach dessen Patzer beim 1:1 gegen Real Madrid verstehen: "Wir Torleute wissen doch, was uns blüht. Wir wollen allein sein und uns feiern lassen wie ein König. Und wenn wir Mist bauen, sind wir halt die Obernuss."

König Schumacher

Doch so sehr die Tiefpunkte in Erinnerung bleiben: Schumacher war wesentlich öfter der König. Der WM-Titel blieb ihm trotz der beiden Final-Teilnahmen zwar verwehrt, feiern lassen durfte er sich aber 1980 als Europameister und gleich dreimal als Pokalsieger (1977, 1978, 1983). 1978 wurde er mit den Kölnern Meister - und 18 Jahre später auch noch mal mit Borussia Dortmund.

Die Westfalen wechselten den damals 42 Jahre alten Torwart-Trainer nach dem feststehenden Titelgewinn kurz vor Schluss symbolisch ein. Auch Schumachers zweite Karriere war von Erfolg begleitet. Zum einen war er als authentischer und ehrlicher Typ stets umstritten, aber auch beliebt. Zum anderen wurden die Briefköpfe in München und Dortmund um einige Titel reicher, als Schumacher dort auf der Gehaltsliste stand.

Bayer Leverkusen schaffte es 2002 zum "Triple-Vize", auch wenn ausgerechnet Schumachers Schützling Jörg Butt am Saisonende Nerven zeigte und mehrmals patzte. Torwart-Trainer war seine Berufung, als "Gesamt-Coach" fiel "Toni Nationale" bei Fortuna Köln fürchterlich auf die Nase.

Leidenschaftlich

Präsident Jean Löring entließ ihn dort während der Halbzeitpause. "Am liebsten arbeite ich mit Torhütern zusammen. Das ist meine Leidenschaft", erklärt der gebürtige Dürener. Seit er vor dieser Saison durch Trainer Klaus Augenthaler in Leverkusen ausgebootet wurde, ist Schumacher ohne Job.

Das soll sich bald ändern: "Ich tue alles, um wieder ins Geschäft zu kommen. Mitte März bin ich für eine Woche in London, hospitiere bei Arsenal und wohne bei Jens Lehmann."

Auch mit dem früheren Dortmunder wird sich der "Tünn", der seinen Ehrentag in den USA feiert, über einige Torhüter-Macken austauschen können. Was er bereut und was nicht, weiß Schumacher jedenfalls genau.

"Was nach der Aktion mit Battiston passierte, war unangenehm und dumm. Die Sprüche würde ich natürlich nicht mehr machen. Aber das Buch 'Anpfiff' würde ich wieder so schreiben."

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