Dennis Endras:Wilde Ehrenrunde

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Der Mannheimer Torwart wird als wertvollster Spieler der Playoffs ausgezeichnet. Endras überzeugte mit starken Paraden - und stellte sogar einen Rekord ein.

Von Christian Bernhard

Der Pokal stand da, wo er stehen sollte, die Spieler warteten gespannt. Alles war vorbereitet. Und in diesem Moment stellte sich die Frage, wer wohl als Erstes mit dem Meisterpokal jubeln sollte. Der Kapitän, der die ganze Finalserie über auf dem Eis stand? Oder doch der eigentliche Kapitän, der extra für die Feierlichkeiten schnell in Trikot und Schlittschuhe geschlüpft war? Marcus Kink, Rekordspieler der Adler Mannheim, hatte es ob der großen Konkurrenz im Team von Trainer Pavel Gross im Finale gegen den EHC Red Bull München ja nicht mehr in den Kader geschafft und wurde auf dem Eis von Marcel Goc vertreten.

Die Antwort lautete: keiner von beiden. Kink nahm den Pokal zwar in Empfang, reichte ihn aber direkt an Dennis Endras weiter, der ihn in die Höhe riss und gleich darauf eine wilde erste Ehrenrunde mit ihm drehte. Für diese "große Ehre" bedankte sich Endras am Tag danach via Instagram bei Kink: "Das werde ich dir nie vergessen." Kurz vor der Pokal-Übergabe war der Nationaltorhüter zum wertvollsten Spieler der Playoffs (MVP) gekürt worden. Er hatte die Münchner auf dem Weg zu seinem zweiten Titel in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) reihenweise zur Verzweiflung gebracht. Kink sprach von einer Torhüterleistung, über die man noch lange reden werde.

Extraschichten im Kraftraum als Schlüssel der Konstanz

Als Endras auf dem Eis vor die TV-Mikrofone trat, wurde es emotional. Auf die Frage, was ihm durch den Kopf gehe, antwortete er erst: "Vieles." Dann erzählte er, dass sein Großvater während der Playoffs verstorben und heute der Geburtstag seiner Großmutter sei. Manchmal, sagte er mit emotionaler Stimme, "muss es im Leben einfach so kommen, wie es kommt."

Der Allgäuer, der seit 2012 in Mannheim spielt, hat herausragende Playoffs gespielt. Vor dem abschließenden Finalspiel kam er in den Halbfinal- und Endspielpartien auf einen Gegentorschnitt von 0,7 pro Spiel und eine Fangquote von 96,3 Prozent. Dabei spielte er gleich viermal zu Null, wodurch er den Rekord von Boris Rousson einstellte, dem das in den DEL-Playoffs der Saison 1999/2000 für die München Barons gelungen war. Beim wilden 5:4-Erfolg nach Verlängerung am Freitag, der den Adlern den Titel bescherte, zerschossen ihm die Münchner zwar etwas seine Traum-Statistiken, doch das interessierte im Meistertaumel niemanden mehr.

"Wie oft er uns schon den Arsch gerettet hat, ist beeindruckend", sagte Mannheims 18-jähriges Ausnahme-Talent Moritz Seider über seinen Torhüter. Endras sei ein "unglaublicher Rückhalt" und ein "ganz toller Mensch, den man in der Kabine braucht".

Kink hob Endras' Professionalität hervor. "Ich weiß, was bei Dennis dahintersteckt und was er alles für den Sport macht", sagte er und bezeichnete ihn als "absolutes Vorbild". Von "solchen Jungs" gebe es nicht viele, betonte Kink. Trotz seiner 33 Jahre hat sich Endras in dieser Saison noch einmal sportlich weiterentwickelt. Gemeinsam mit den Mannheimer Torwarttrainern Benedikt Weichert und Rostislav Haas schob er seit Saisonbeginn Extraschichten im Kraftraum. Diese seien der Schlüssel zu seiner Konstanz, sagte Weichert bereits im Dezember.

"Wenn er mich braucht, bin ich da", sagt Endras an die Adresse von Bundestrainer Söderholm

Endras war immer schon flink, doch das neue Trainerteam der Adler hatte sich im Sommer das Ziel gesetzt, seine Explosivität noch einmal zu steigern. Der Prozess nahm Monate in Anspruch, aber er zahlte sich aus. "Mir macht Eishockey immer noch extrem viel Spaß", hatte Endras kurz vor Weihnachten erzählt, "und wenn man im Sport Spaß hat und das noch mit Siegen garniert wird, kommt die Leichtigkeit dazu." Diese Leichtigkeit trug ihn bis zum Titel.

Endras' Triumph im direkten Duell mit Münchens Nationaltorhüter Danny aus den Birken, der vor den Playoffs zum DEL-Spieler des Jahres gekürt worden war, hat ihn auch in eine sehr gute Nationalmannschafts-Position für die am 10. Mai beginnende Weltmeisterschaft in der Slowakei gebracht. "Wenn er mich braucht, bin ich da", sagte Endras an die Adresse des neuen Bundestrainers Toni Söderholm. "Wenn nicht, feiere ich weiter." Dass Söderholm auf Endras verzichten kann, ist schwer vorstellbar. In Sachen Meisterfeier-Marathon stellte sich der Playoff-MVP aber hinten an. Er laufe einfach mit, sagte er. "Die Verrückten werden sich schon was einfallen lassen."

© SZ vom 28.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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