DEB-Team erledigt Pflichtaufgabe:Der bärtige Helfer

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Trotz Startschwierigkeiten gewinnt Deutschland 4:1 bei der Heim-WM gegen Italien und spielt nun gegen Lettland ums Weiterkommen. Die Augen richten sich auf die NHL-Verstärkung Leon Draisaitl, doch zum Sieg treffen am Samstag andere.

Von Ulrich Hartmann, Köln

Der sehnsüchtig erhoffte Beistand war um 11 Uhr mittags mit einer Boeing 787 vom Himmel herniedergekommen. Leon Draisaitl, 21 Jahre jung, Deutschlands Zugang aus der nordamerikanischen National Hockey League, war am Samstag in Frankfurt gelandet. Etwa zehn Stunden hatte der Flug von Calgary aus gedauert. Mit müden Augen gab er gleich am Flughafen die ersten Interviews, sagte mit matter Stimme und noch im Besitz seines struppigen Playoff-Barts: "Ich bin gekommen, um zu helfen."

Neun Stunden später stand er bereits auf dem Eis der Kölner Arena, um der deutschen Mannschaft bei der Weltmeisterschaft in seiner Heimatstadt zu helfen, das vorletzte Gruppenspiel 4:1 (2:1, 2:0, 0:0) gegen das Schlusslicht Italien zu gewinnen. Jetlag? Müde Beine? Ausgepowert nach einer langen Saison, die mit den Edmonton Oilers erst in der Nacht zum Donnerstag zu Ende gegangen war? Galt alles nicht. Draisaitl wollte und musste in seinem 107. Spiel der Saison jener deutschen Mannschaft helfen, die beim Zittersieg gegen die Slowakei und bei der Niederlage gegen Dänemark zuletzt geschwächelt hatte. "Leon wertet die Mannschaft qualitativ unheimlich auf", fand Kapitän Christian Ehrhoff anschließend beim TV-Sender Sport 1. Keine vier Minuten waren am Samstagabend gespielt, da legte Draisaitl Ehrhoff den Puck zur 1:0-Führung auf. Das Publikum in Köln jubelte. Die Hoffnungen liegen nun auf dem letzten Gruppenspiel am Dienstagabend gegen Lettland. Dort geht es um den Einzug ins Viertelfinale.

Das deutsche Team hat zwei Tage Pause - "ein günstiger Zeitpunkt", findet Draisaitl

Mit dem Catenaccio der Azzurri an der blauen Linie hatten die Deutschen im ersten Drittel durchaus ein paar Schwierigkeiten. Die erste Führung hielt keine Minute, da glich Stefano Marchetti schon zum 1:1 aus. Die Italiener hatten zuvor alle Partien verloren, machten dem deutschen Team aber eine gute Viertelstunde lang das Leben durchaus schwer. 104 Sekunden vor dem Ende des ersten Drittels brachte Matthias Plachta Deutschland dann in Überzahl wieder in Führung. Er nutzte die bereits siebte Turnier-Vorlage von Dennis Seidenberg. Er schob den hoppelnden Puck kühn zum 2:1 ins Tor der Italiener. "Wir haben im ersten Drittel nicht gradlinig genug gespielt", fand Plachta, der mit Brooks Macek und Draisaitl die dritte Sturmreihe bildete.

Das zweite Drittel zeigte dann: Draisaitl wertet zwar die Mannschaft erheblich auf, doch er muss das Team nicht alleine tragen: Das 3:1 erzielte Yannic Seidenberg (23. Minute). Die Vorlage servierte ihm der Berliner Frank Hördler. In der 26. Minute erhöhte dann Dominik Kahun per Abstauber auf 4:1 - die Vorentscheidung. In Überzahl traf zwar Italiens Marco Insam noch mal an die Latte, doch der deutsche Sieg geriet nicht mehr in Gefahr. "War okay", zog Draisaitl anschließend ein nüchternes Fazit. Er weiß, er ist nach den Strapazen "noch nicht bei 100 Prozent".

Immerhin: Er hat nun zwei komplette Tage, um mit der Mannschaft zu trainieren und sich zeitlich sowie atmosphärisch zu akklimatisieren. "Für mich persönlich, aber auch für die Mannschaft kommt die Pause zu einem günstigen Zeitpunkt", glaubt Draisaitl: "Wir können uns neu formieren." Am Dienstag geht es gegen Lettland um den Verbleib im Turnier. Nur ein Sieg bringt die Deutschen ins Viertelfinale, es wäre ihr zweites nacheinander, dann winkt ihnen am Donnerstag ein K.o.-Spiel gegen Kanada. Bei einer Niederlage wäre das Turnier zu Ende.

© SZ vom 14.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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