Davis Cup:"Ich liebe die Team-Atmosphäre"

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Florian Mayer hatte keine Chance gegen den Slowaken Hrbaty, doch dank Thomas Haas ist nach dem ersten Tag noch alles offen.

Von Josef Kelnberger

Miloslav Mecir, 40, sieht mit seinem Dreitagebart immer noch so verschlafen aus wie früher - aber das ist vermutlich nur Tarnung, wie damals in den 80ern.

Thomas Haas (Foto: Foto: dpa)

Bei US Open und Australian Open scheiterte er erst im Finale an Ivan Lendl, 1988 krönte er seine Karriere mit Olympiagold in Seoul, ehe er mit schweren Bandscheibenschäden seine Karriere beenden musste.

Mecir, wegen seines geschmeidigen Spiels Große Katze genannt, gab dem slowakischen Tennis ein Gesicht und begründete eine Tradition, die seit der Unabhängigkeit 1993 zu unverhofften Erfolgen für das kleine Land von nur 5,4 Millionen Einwohnern führte: die Frauen mit Daniela Hantuchova Fed-Cup-Sieger 2002, die von Mecir betreute Davis-Cup-Mannschaft ein regelmäßiger Gast in der Weltgruppe.

Ohne Mecir, der sich zugleich als Präsident von Bratislavas größtem Klubs um den Nachwuchs kümmert, gäbe es auch das für 13 Millionen Euro gebaute Nationale Tenniszentrum in Bratislava nicht, eingeweiht 2003 bei einer knappen Niederlage gegen die USA.

Dort kämpfen sie nun gegen die Deutschen, wie Mecir sagt, für den "größten Sieg in unserer Tennisgeschichte". Als größtes Hindernis wertet Mecir dabei Thomas Haas, er sah sich in der Meinung am Freitag bestätigt. Einen 20-jährigen Debütanten wie Florian Mayer dagegen können solche Voraussetzungen durchaus einschüchtern.

"Ich habe nicht einmal schlecht gespielt"

Was Mayer vom Slowaken Hrbaty lernen kann: podme! Vom ersten bis zum letzten Ballwechsel feuerte sich Hrbaty mit der slowakischen Version von: vorwärts, auf geht's an. Wie eine Welle schlug sein Spiel über Mayer hinweg, nach wenig mehr als eineinhalb Stunden beendete der Deutsche das Match mit einer Vorhand ins Netz zum 3:6, 1:6, 3:6.

"Ich habe nicht einmal richtig schlecht gespielt", sagte Mayer, "aber er hat mich einfach vorgeführt." Der 26-jährige Slowake hat nun in diesem Wettbewerb 16 Siege bei nur acht Niederlagen zu Buche stehen. Er liebe es, für sein Land und seine Teamkollegen zu spielen, sagt er. Das Gefühl verleihe ihm Flügel.

Was Florian Mayer von Thomas Haas lernen kann: sich nicht irritieren lassen von einem Rückstand, von einem bedingungslos kämpfenden Gegner, von 4000 lärmenden Fans, die einen aus dem Rhythmus bringen wollen. Mit einem 6:7 (2:7), 6:1, 6:1, 6:1 gegen Karol Beck glich Haas zum 1:1 aus und erhielt die Hoffnungen auf einen Sieg in der Slowakei und damit die Rückkehr in die Weltgruppe aufrecht.

Die "überragende Form", die ihm Mayer als Trainingspartner attestierte, bestätigte Haas nach dem unglücklich verlaufenen ersten Satz, in dem er zweimal mit Breaks in lag. Da dachte Thomas Haas: "Jetzt muss ich Gas geben, sonst wird es eng." Das war ein kluger Gedanke.

Haas hat eine Top-Bilanz

Mit 13 Siegen bei nur einer Niederlage weist Haas im Davis Cup eine noch bessere Bilanz auf als Dominik Hrbaty. Er liebe die Team-Atmosphäre, so erklärt sich das Haas, "sonst ist man das ganze Jahr über ja alleine unterwegs".

Haas und Hrbaty, die beiden Spitzenspieler, treffen am Sonntag im ersten, möglicherweise entscheidenden Einzel aufeinander. Haas hat den Vorteil, sechs von sieben Matches gegen den Slowaken gewonnen zu haben. "Im Hinterkopf" sei das hilfreich, sagt Haas, "aber Davis Cup ist etwas ganz anderes".

Zusammen mit Alexander Waske sollte er jedenfalls heute, Samstag, auch das Doppel gegen Hrbaty und Beck gewinnen. Auf Florian Mayer und dessen letztes Einzel gegen Beck, oder eventuell Karol Kucera, sollten die Deutschen, nach den gestrigen Eindrücken, nicht zählen. Mayer wirkte allzu beeindruckt von der Größe des Ereignisses. Aber andererseits: Hat er nicht schon sehr viel in sehr kurzer Zeit gelernt?

Bei seinem rasanten Aufstieg auf Nummer 36 der Weltrangliste hat er viel Kraft verbraucht, das spürt Mayer nun, auch wenn er sagt, dass das Adrenalin am Freitag die Müdigkeit verscheucht habe. Davon war auf dem Platz nicht viel zu sehen.

Hrbaty vergibt drei Matchbälle

Bereits im dritten Spiel des ersten Satzes kassierte er sein erstes Break, als er bei einer Rückhand ausrutschte und schon symbolisch auf dem Bauch landete.

Hrbaty dominierte mit seinem gewaltigen Aufschlag und seiner Rückhand und leistete sich einen kurzen Moment der Schwäche erst im letzten Spiel, als er bei einer Führung von 40:0, Aufschlag Mayer, drei Matchbälle nacheinander mit einer schlampig gespielten Rückhand vergab.

Er habe das Spiel gegen Hrbaty durchaus auch genossen, sagte Mayer, er habe es als Ehre empfunden, auf dem Platz zu stehen, und hoffe, "dass ich in meiner Karriere noch öfter solche Matches spielen kann".

Das nächste darf Mayer schon an diesem Sonntag spielen, es beginnen dann Haas und Hrbaty - Aufschlag 11 Uhr, wie an allen drei Tagen in Bratislava. "Schade für unsere Zuschauer", sagt dazu Miloslav Mecir, aber die Slowaken müssen dem deutschen Fernsehen zu Diensten sein, das den Davis Cup anders nicht in seinem Programm untergebracht hätte.

Die Leistungsunterschiede zwischen dem slowakischem und dem deutschen Tennis mögen nicht mehr so groß sein, die größeren finanziellen Reserven liegen aber immer noch in Deutschland.

© Süddeutsche Zeitung vom 25.09.04 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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