Davis-Cup:Das Wetter, die Muskeln, der Jetlag

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Tommy Haas setzt seine rätselhafte Niederlagen-Serie fort und verliert gegen die Nummer 113 der Welt. Florian Mayer kann jedoch gegen Thailands Besten Paradorn Srichaphan ausgleichen.

Ulrich Hartmann

Aus Thailand hat der Tennisspieler Paradorn Srichaphan in dieser Woche die Nachricht mitgebracht, dass man dort keinen einzigen Sandplatz besitze.

Schläger im Belastungstest: Thomas Haas verzweifelte in seinem Davis-Cup-Spiel - und das gegen die Nummer 113 der Welt. (Foto: Foto: ddp)

Zwar plagen das Land momentan deutlich schwerwiegendere Probleme, doch die vier thailändischen Tennisspieler, die sich in Düsseldorf derzeit beim Davis Cup mit Deutschland messen, beklagen ihr Sandplatzdefizit durchaus als Manko.

Dieser Umstand beschert ihnen nämlich seit langem eine solch erhebliche Schwäche auf Sandböden, dass sie auch für ihr Davis-Cup-Spiel in Düsseldorf keine große Chance gewittert hatten. Ein Sieg auf Sand gegen Deutschland, hatte Srichaphan vermutet, käme einem Wunder gleich.

Die Deutschen sahen das ähnlich. Als die Auslosung ihnen ein Relegationsspiel gegen Thailand beschert hatte, entschieden sie sich für den Spielort Düsseldorf, weil sie auf der roten Asche des Rochusclubs zuletzt zwei Mal im World-Team-Cup-Finale standen und ja überdies zu wissen glaubten, dass die Thailänder sich darauf denkbar unwohl fühlen.

Doch die Furcht der Gäste vor dem verhassten Belag spiegelte sich zum Auftakt nicht annähernd im Ergebnis wider. Der Weltranglisten-Vierzehnte Thomas Haas verlor sensationell gegen die Nummer 113 namens Danai Udomchoke in fünf Sätzen mit 3:6, 6:2, 6:7 (6), 6:3 und 3:6. Anschließend gewann allerdings Florian Mayer gegen Thailands Besten, den in der Weltrangliste zurückgefallen Paradorn Srichaphan, ebenfalls in fünf mühevollen Sätzen mit 3:6, 7:6 (4), 3:6, 6:2, 6:3, und bewahrte sein Team vor der vollendeten Demütigung.

Niederlage gegen die Nummer 113 der Welt

Mayer benötigte für diesen mühevollen Erfolg 2:40 Stunden und beste Nerven, denn der auf Rang 41 in der Weltrangliste platzierte Srichaphan, der in diesem Jahr bei sieben Sandplatzturnieren sieben Erstrundenniederlagen und ein Satzverhältnis von 0:15 erlitten hat, nahm die schwungvolle Vorstellung seines Teamkollegen Udomchoke auf und verbarg vor dem auf Rang 53 in der Welt platzierten Mayer geschickt seine sonst so auffälligen Bodenprobleme.

Mit einem immer noch besorgniserregenden 1:1-Zwischenstand gehen Alexander Waske und Michael Kohlmann am Samstag ins Doppel gegen die Brüder Sanchai und Sonchat Ratiwatana.

Haas, der noch gute Chancen auf die Teilnahme am Masterscup in Shanghai besitzt, hat sich gegen Udomchoke blamiert. Der 25-jährige Thailänder ist nicht nur die Nummer 113 der Welt, sondern war zuvor vier Jahre lang auf Sand erfolglos. Den letzten Sieg auf diesem Boden hatte der Mann aus Bangkok im Mai 2002 bei einem Turnier in Turin gefeiert. Haas spielte durchweg schwach und beklagte muskuläre Probleme in den Oberschenkeln.

Physiotherapeut Klaus Eder nannte "Hitze und Jetlag, vielleicht auch Stress" als mögliche Gründe. Haas war konsterniert: "Ich suche selbst nach einer Erklärung dafür, warum ich mich nach dem dritten Satz körperlich und mental so schlapp gefühlt habe."

Man hat am Freitag an das deutsche Davis-Cup-Waterloo im sauerländischen Sundern denken müssen, als die Deutschen vor drei Jahren im Abstiegsspiel schon einmal extra auf die rote Asche gegangen waren, weil sie dort gegen Weißrussland die besten Chancen witterten. Der Plan misslang, das Spiel ging verloren, und Deutschland stieg erstmals in die Kontinentalgruppe ab. Dieses Schicksal droht nun wieder nach jenem 3:20 Stunden dauernden ersten Einzel, in dem Haas weder eine 3:0-Führung im ersten Satz noch zwei Satzbälle im Tiebreak des dritten Durchgangs zum Satzgewinn nutzte.

Die schlimmste Niederlage in der Davis-Cup-Laufbahn?

Er spekulierte hernach, ob nicht sogar der Sand ihm diese Schwierigkeiten bereite, denn das "ständige Rutschen" ermüde ihn womöglich schneller. Dass unter solchen Vorzeichen die Wahl des Bodens falsch gewesen sei, glaube er indes nicht. "Eigentlich spricht Sand als Belag für uns", sagte er.

Haas verlor am Freitag schon zum fünften Mal binnen zwei Jahren ein wichtiges Davis-Cup-Einzel. So steil sein Weg zuletzt nach oben ging, so schwer tat sich der 28-Jährige, wenn er im Team spielte. Er verlor gegen Richard Gasquet bei der Erstrundenpleite im Februar gegen Frankreich, er unterlag Tomas Berdych beim Wiederaufstieg vor einem Jahr in Tschechien, er verlor gegen Wesley Moodie beim knappen deutschen Sieg im Frühjahr 2005 in Südafrika, und er unterlag Dominik Hrbaty beim missratenen Wiederaufstiegsversuch vor zwei Jahren in der Slowakei.

Nun verlor er auch noch gegen Danai Udomchoke. "Diese Niederlage", sagte er mit zerknirschtem Gesichtsausdruck und in böser Vorahnung, "könnte sich als die schlimmste in meiner Davis-Cup-Laufbahn erweisen." Am Sonntag könnte dies zur bitteren Wahrheit werden.

© SZ vom 23.09.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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