Darmstadt verliert 1:2:"Sollen wir das Spielen einstellen?"

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Spiel gedreht: Raul Bobadilla (links) erzielt das 2:1 der Augsburger zum Sieg in Darmstadt. (Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Nach der Heimniederlage schwindet bei den Lilien der Glaube an ein Wunder. Kapitän Sulu hadert mit dem Druck, Trainer Frings ist enttäuscht.

Von Tobias Schächter, Darmstadt

"Glauben, glauben, arbeiten, arbeiten." In dieser Durchhalteparole von Hamit Altintop liegt tatsächlich noch alles, worauf Darmstadt 98 in den restlichen zwölf Spielen hoffen kann. Nach der bitteren 1:2-Heimpleite gegen den FC Augsburg wuchs der Abstand auf Relegationsplatz 16 für den Tabellenletzten auf acht Punkte an. "Die Luft wird immer weniger", sagt Altintop. Nach zuletzt hoffnungsvollen Leistungen beim überraschenden Erfolg gegen Dortmund (2:1) und der Niederlage in Hoffenheim (0:2) enttäuschten die Lilien ihr Publikum gegen einen lange nur abwartenden Gegner diesmal arg. Altintop vermutet: "Vielleicht haben wir uns zu sehr unter Druck gesetzt, das Spiel unbedingt gewinnen zu müssen." Nun müsse man eben nächste Woche in Bremen gewinnen, fordert der ehemalige türkische Nationalspieler.

Aber wie? Trotz der Führung durch Marcel Heller kurz nach der Pause (47.) verloren die Lilien die Partie. Sie machten es den Gästen zu leicht: Verteidiger Alexander Milosevic foulte nur sieben Minuten nach der Führung Augsburgs Dominik Kohr ungeschickt im Strafraum und brachte so den FCA wieder ins Spiel. Paul Verhaegh verwandelte den Strafstoß souverän. Der K.o. für Darmstadt kam dann fünf Minuten vor dem Abpfiff als Raúl Bobadilla loszog und Lilien-Torwart Michael Esser mit einem brillanten Lupfer überwand. "Am Schluss haben wir dann halt jemand, der mit seiner individuellen Klasse so ein Spiel entscheiden kann", freute sich Augsburgs Trainer Manuel Baum.

Zum sechsten Mal nacheinander geriet Baums Mannschaft mit 0:1 in Rückstand. Dass sie nun nach zuvor zwei Niederlagen wieder einmal eine Partie drehen konnte, wertet der Trainer als Beleg für den "starken Charakter" seiner Elf. Auch zwei Feueralarme in der Nacht vor dem Anpfiff in einem Darmstädter Hotel (FCA-Manager Stefan Reuter: "Das ist schon viel Zufall") um drei und fünf Uhr nachts konnten die Augsburger nach dem Spiel locker verkraften. Weil Jeffrey Gouweleeuw, Daniel Baier und Jonathan Schmid verletzt fehlten, musste Baum in seinem achten Einsatz als Cheftrainer zum achten Mal die Startelf umbauen. Ins Spiel kam etwa Halil Altintop, der zwölf Minuten jüngere Zwillingsbruder des Darmstädters Hamit. Im zehnten Aufeinandertreffen der beiden Brüder gewann Halil zum dritten Mal. Er übernehme die Rechnung beim Abendessen nach dem Spiel mit dem Bruder und anderen Familienmitgliedern, scherzte er.

Torsten Frings muss nun ausgerechnet in Bremen gewinnen

Hamit war bei den Lilien wieder einmal einer der Besten. Doch vor allem die Harmlosigkeit im Abschluss lässt den Klassenerhalt für Darmstadt mit jedem weiteren Spiel utopischer wirken. Weder Antonio Colak, noch Terrence Boyd und erst recht nicht der seit langer Zeit mal wieder eingewechselte Sven Schipplock haben die Klasse, den vor der Saison nach Hoffenheim abgewanderten Sandro Wagner (14 Saisontore in der vergangenen Saison) zu ersetzen.

"Es ist nicht leichter geworden", bekannte Trainer Torsten Frings, der sich "enttäuscht" zeigte, dass seine Mannschaft nicht an die zuletzt guten Leistungen anknüpfte. Die Lilien bekamen trotz vielen Ballbesitzes kein Tempo in ihr Spiel. Sie schafften in den ersten 45 Minuten keinen einzigen Torabschluss.

Und nach der blitzartigen Führung kurz nach der Pause machten die Darmstädter den Gegner selbst wieder stark. "Der Druck ist mental schon groß, wenn man mit dem Gefühl ins Spiel geht, man muss gewinnen, sonst passiert das und das", gab Kapitän Aytac Sulu zu. Die nächste Woche in Bremen müssen die Lilien mal wieder ein Spiel gewinnen. "Was sollen wir machen, das Spielen einstellen?", fragte Lilien-Trainer Frings genervt. Ein Sieg bei seinem langjährigen Klub ist tatsächlich ein Muss - gelingt der nicht, fällt wohl auch bei den letzten Zweckoptimisten der Glaube an ein erneutes Wunder Klassenverbleib ab.

© SZ vom 26.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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