Damen-Tennis:Das Poster-Girl wird Weltmeister

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"Lasst uns nach Hause gehen. Ich habe mir einen fantastischen Urlaub verdient", sagte die neue Weltmeisterin Maria Scharapowa nach ihrem Sieg. Gegnerin Serena Williams war im Finale machtlos - auch gegen ihre Bauchschmerzen.

135 Tage nach ihrem Wimbledon-Triumph gewann das blonde Poster-Girl der WTA-Championships als erste Spielerin ihres Landes auch den Weltmeistertitel.

Als Lohn erhielt Scharapowa neben einem Geländefahrzeug mit einer Millionen Dollar auch den höchsten Siegercheck ihrer Karriere. Das 56.000 Dollar teure Auto eines Stuttgarter Herstellers wolle sie verkaufen und das Geld in ihrer Heimat den Hinterbliebenen der Opfer des Terroranschlages auf die Schule in Beslan im September spenden.

"Oh mein Gott, ich bin geschockt"

Die künftige Weltranglisten-Vierte bezwang im Staples Center von Los Angeles in einer Neuauflage des Wimbledon-Finals gegen die durch eine Bauchmuskelverletzung gehandicapte Lokalmatadorin Serena Williams (8) nach 1:46 Stunden 4:6, 6:2, 6:4.

"Oh mein Gott, ich bin geschockt, ich kann es nicht fassen. Es ist verrückt", sprudelte es aus der 17-jährigen heraus, deren Emotionen ansonsten eher unterkühlt wirkten. Fünf Spiele innerhalb von fünf Tagen hatten sie geschafft. Als sie nach dem Matchball wie in Trance niedersank, sei sie nur erleichtert gewesen.

"Die Saison ist vorbei", schoss es ihr durch den Kopf. "Lasst uns nach Hause gehen. Ich habe mir einen fantastischen Urlaub verdient." Vorher werde sie aber in Beverly Hills noch ein "bisschen Geld" für ihren Schuhe-Faible ausgeben. Ein Paar ihres bevorzugten Designers sind nicht unter 500 Dollar zu bekommen.

Ein Stechen im Bauch

Nach dem ersten Satz hatte es noch nicht nach einem Erfolg des Teenagers ausgesehen, der als 32. der Weltrangliste in die Saison gestartet war. Serena Williams, die sich für die bittere Zwei-Satz-Niederlage von den All England Championships unbedingt revanchieren und nicht noch einmal ein WM-Finale wie 2002 verlieren wollte, schien das Duell mit ihrem Power-Tennis zu kontrollieren.

Als dem farbigen US-Girl im neunten Spiel trotz 0:40-Rückstand das entscheidende Break gelang, sah es so aus, als würde sie nun richtig Ernst machen. Im zweiten Satz jedoch wirkte Williams wie verwandelt. Als sie beim 2:5-Rückstand eine Behandlungspause einlegte, wurde deutlich warum.

Bereits im ersten Spiel habe sie ein Stechen in der linken unteren Bauchhälfte verspürt, erzählte die jüngere Williams-Schwester später, die vor drei Jahren als erste Debütantin auf Anhieb die WM gewonnen hatte - so wie nun auch Scharapowa. Anfangs habe sie an einen Magenkrampf geglaubt.

Doch die Schmerzen wurden besonders beim Aufschlag schlimmer. Vergebens legte sie den Spielpausen Eisbeutel auf die lädierte Stelle. Einer genauen Diagnose unterzog sie sich erst am nächsten Tag. Sie vermutete, dass es ein Muskelfaserriss ist.

Beifallsstürme gegen die Schmerzen

Die einstige Weltranglisten-Erste, die in diesem Jahr ohne Grand Slam-Sieg blieb, hätte aufgeben können. Doch die 11.397 Zuschauer ermutigten sie mit ihren Beifallsstürmen immer zum Kampf.

Im dritten Satz sah es so aus, als würde sie die Begeisterung doch noch zum zweiten WM-Titel tragen können. Obwohl ihre Aufschläge kaum noch mit 100 Stundenkilometern über das Netz flogen - normalerweise sind es wenigstens 170 km/h - führte sie plötzlich 4:0. Aus Verzweiflung schlug die 23-Jährige ihre Returns so hart und präzise zurück, dass Scharapowa keine Chance mehr zu haben schien.

Doch die etwas ungelenk und zerbrechlich wirkende Rivalin, deren Vater und Trainer Juri ihr erster Gratulant war, behielt die Nerven. "Ich war mir sicher, wenn ich jetzt meinen Aufschlag durchbringe, kann ich noch gewinnen", sagte die neue Championesse, was sie dann auch dank zahlreicher Doppelfehler von Williams im Eiltempo tat.

Scharapowa, die seit zehn Jahren im Camp von Nick Bollettieri in Florida gedrillt wird, habe "solides Tennis gespielt", befand die Verliererin, die über den Ausgang des Duells "extrem enttäuscht" war.

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