Dallas Mavericks:Ganz auf Nowitzki eingestellt

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Deutschlands bester Basketballer bekommt bei den Dallas Mavericks mehr offensiven Freiraum.

Von Joachim Mölter

Nächsten Dienstag beginnt die neue Saison in der amerikanischen Basketball-Profiliga NBA, für Dirk Nowitzki wird es die siebte, und es könnte ein verflixtes Jahr werden. Obwohl er vor seiner Rückreise von Würzburg in seine zweite Heimat Dallas Anfang Oktober schwärmte: "So fit wie im Moment war ich noch nie in meinem Leben!"

Man konnte das Ausrufezeichen förmlich sehen in seinen Augen, so erwartungsvoll blickten sie den Gelegenheiten entgegen, es beweisen zu dürfen. Nowitzki präsentierte sich tatsächlich enorm gestärkt, bei der EM-Qualifikation der deutschen Auswahl im September war es zu beobachten. Von seinem Klub kann man indes nicht unbedingt behaupten, dass der sich verstärkt hat. Ob die Dallas Mavericks wohl über die erste Playoff-Runde hinauskommen?

Man kann die Fragezeichen sehen in den Augen der Experten, die das bezweifeln. Im letzten Test am Donnerstag freilich, als die Mavs und Sacramento Kings ihr erstes Punktspiel (am Dienstag in Texas) auf privater Basis vorwegnahmen, ließ sich Dallas mit einem 112:93-Sieg keine Schwäche anmerken, und am wenigsten Nowitzki mit 30 Punkten und beachtlicher Trefferquote (11 von 16) aus dem Feld.

Ausgerechnet Nash

Die Mavericks leisten sich jährlich fast komplett neue Kader, seitdem Internet-Milliardär Mark Cuban den Klub im Jahr 2000 kaufte. Konstanten im Chaos waren nur die Aufbauspieler Steve Nash und Michael Finley sowie Flügelmann Dirk Nowitzki. Dieses Triumvirat ist nun auch gesprengt, weil man den etatmäßigen Regisseur Nash zu den Phoenix Suns gehen ließ (und mit dem wenig bekannten Jason Terry nicht annähernd gleichwertig ersetzte).

"Nachdem wir letztes Jahr so kläglich in den Playoffs gescheitert sind" - gleich in der ersten Runde - "dachte ich mir schon, dass ein Einschnitt kommt", sagt Nowitzki, "aber ich hätte nicht gedacht, dass es einen von uns Dreien erwischt." Ausgerechnet Nash, seinen kongenialen Partner: "Da war ich schon geplättet."

Nash & Nowitzki kamen im Juni 1998 gleichzeitig an in Dallas, und anschließend trugen der Spielmacher aus Kanada und der Punktelieferant aus Deutschland maßgeblich bei zur Entwicklung des maroden Unternehmens Mavericks zu einer florierenden Firma, gar zum Marktführer in Sachen Offensiv-Basketball mit 105 Punkten im Schnitt: Nash gab die Pässe, Nowitzki verwandelte. Privat wurden die beiden Freunde, was selten ist im NBA-Geschäft. "Auf dem Spielfeld ist jeder zu ersetzen", sagt Nowitzki, "aber ich werde Steve als Menschen sehr vermissen."

Cheftrainer Don Nelson beließ es nicht bei diesem einen Wechsel. Im Zuge größerer Umbaumaßnahmen hat er die ganze Statik des Teams verschoben; ruhte früher das Gewicht der Mavericks auf dem Angriff, so wurde diesmal die Abwehr verstärkt - wegen der wackeligen Defensive stürzten bisher alle Titelhoffnungen von Dallas ein wie ein Kartenhaus. Ihr Spiel bekommt einen neuen Charakter, und bei der Gelegenheit will offenbar auch Nowitzki in einen neuen Charakter schlüpfen. Der zurückhaltende Franke hat sich nie wohl gefühlt als Führungsspieler, nun fordert er die Rolle sogar ein - dezent, aber immerhin.

"Es gibt mehrere Spieler, die die Hand heben und den Ball fordern werden", sagte er, "aber ich würde mich freuen, wenn ich ihn oft bekomme, vor allem wenn's um die Wurscht geht." Nelson scheint das System auf Nowitzki einzustellen: Das Engagement von Center Erick Dampier gilt als Maßnahme, dem Deutschen im Angriff mehr Freiraum zu verschaffen.

Ein langer Sommer

Nun, da Nash weg und der einzige namhafte Zugang - der ehemalige All-Star Jerry Stackhouse - zunächst nur als Einwechselspieler vorgesehen ist, bleibt Nowitzki kaum etwas anderes übrig, als die leitende Position zu übernehmen und mithin einen neuen Karriereabschnitt zu beginnen: Michael Finley, 31, hat seine beste Zeit vermutlich hinter sich, die des 26 Jahre alten Nowitzki dürfte erst kommen, auch wenn die letzte Saison für ihn ein Rückschritt war, sein erster in der NBA-Karriere, abzulesen am gesunkenen Punkteschnitt (von 25,1 auf 21,8).

"Ein verlorenes Jahr", bilanzierte er, aber es hatte auch etwas Gutes: Durch das frühe Aus im Playoff gewann er einen langen Sommer, den längsten, seitdem er in Amerika spielt. Die Zeit nutzte er mit Hilfe seines Mentors und Privattrainers Holger Geschwindner zum Grundlagen-Training, er wurde sprungkräftiger, schneller, athletischer.

Dirk Nowitzki wurde aber kein Leichtathlet, sondern blieb Basketballer, auf Mitspieler angewiesen. Voriges Jahr machte er schlechte Erfahrungen: "Da hat es nie so richtig gestimmt im Team." Deshalb müsse man in dieser Saison "erst einmal sehen, wie sich alles entwickelt innerhalb der Mannschaft". Bei seiner eigenen Entwicklung ist er zuversichtlich: "Mehr als ich in diesem Sommer hat man nicht machen können", sagt er: "Ich bin bereit!"

© Süddeutsche Zeitung vom 30.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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