Confederations-Cup:Zwischen Können und Komik

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Beim 4:3 gegen Mexiko erzielt die deutsche Nationalmannschaft exzellente Tore und offenbart wirklich große Abwehrschwächen. Erst in der Verlängerung gelingt Michael Ballack der entscheidende Treffer - nachdem die Deutschen von der 54. Minute an zu zehnt zurechtkommen mussten.

Man kann über die deutsche Fußballnationalmannschaft mittlerweile sagen, was man will, eines jedoch nicht: dass ihre Spiele langweilig sind. Gelungenen Spielzügen folgen unweigerlich grobe Fehler, die, wenn man genügend Humor hat, mitunter recht witzig wirken.

Im Spiel um den dritten Platz des Konföderationen-Pokals gegen Mexiko war diese Mischung aus Können und Komik wieder einmal zu bewundern, ganz leicht hielten sich beide nicht die Waage, so dass die Deutschen 4:3 (2:1, 3:3) nach Verlängerung gewannen. Sie sind somit Dritter dieses Turniers geworden, was bedeutet, dass die Spieler nun zufrieden in den Urlaub fahren können.

Alle, bis auf Mike Hanke. Der nämlich kam zu seinem ersten Länderspieleinsatz von Beginn an, eigentlich eine schöne Sache. Hanke mag sich jedoch später gewünscht haben, dass Klinsmann sich anders entschieden hätte, denn in der 54. Minute sah Hanke nach äußerst ungestümem Einsteigen gegen Carlos Salcido die Rote Karte, völlig berechtigt, auch wenn das Publikum im Leipziger Stadion es anders sah und wütend pfiff. Hanke ist wegen der Roten Karte für das nächste Pflichtspiel der deutschen Nationalmannschaft gesperrt, keine unerhebliche Strafe, denn es handelt sich um das Eröffnungsspiel der Fußball-WM 2006.

Angst vor Beinschüssen

Vom deutschen Sturm war zunächst auch mit Hanke wenig zu sehen. Die Mexikaner ließen wenig Raum zur Entfaltung, bereits in der ersten Minute hatte die José Fonseca die Chance zur Führung, als er kaum bedrängt im Strafraum an den Ball kam - doch er vergab. Dass die Mexikaner es durchaus ernst meinten in der Anfangsphase, musste Sebastian Deisler erleben, als er in der neunten Minute getunnelt wurde. Deisler steckte das ganz gut weg, es schien jedoch bisweilen in der Folge, als habe nun die deutsche Abwehr Angst vor Beinschüssen.

Um diesen zu entgehen, standen die Spieler still und starr, so zu bewundern in der zehnten Minute, als Fonseca Robert Huth und Andreas Hinkel in einer Weise umspielte, als habe er zwei Kreisligaverteidiger vor sich. Es dauerte bis zur 20. Minute, bis die Deutschen zu ihrer ersten Chance kamen, Lukas Podolski versuchte einen Schuss aus 16 Metern Entfernung. Allmählich spielte sich Deisler in den Vordergrund, wieder und wieder versuchte er, das Angriffsspiel anzukurbeln. Das gelang mal gut, mal schlecht, bis die 37. Minute anbrach.

Deisler lief mit dem Ball über die rechte Seite, er passte in die Mitte zu Bastian Schweinsteiger, der direkt mit der Hacke zu Podolski weiterleitete. Ein schöner Spielzug bis hierhin, ein wunderschöner wurde es durch den Abschluss von Podolski: Der Kölner schaute kurz, und dann jagte er den Ball aus 20 Metern zum 1:0 in den entfernten oberen Torwinkel, schnörkellos, brillant. Deisler, Schweinsteiger und Podolski hatten mit einem Spielzug gezeigt, dass deutscher Fußball sehr schön sein kann.

Allerdings bedeutet deutscher Fußball derzeit auch: Probleme in der Abwehr. 40. Minute, Torsten Frings vertändelte den Ball im Mittelfeld, anschließend musste die Abwehr zusehen, wie Fonseca das 1:1 erzielte. Wie würde die Mannschaft reagieren? Sie zauberte. Hinkel dribbelte sich auf der rechten Seite durch, setzte einen Doppelpass mit Podolski an, behielt dann die Übersicht, obwohl er selbst hätte schießen können und passte zu Schweinsteiger, der zum 2:1 vollendete (41.). Ein weiteres exzellentes Tor, wie man es lange nicht von den Deutschen gesehen hat.

Kampf statt Schönheit

Nach dem Platzverweis von Hanke (54.) stellte die Mannschaft um von Schönheit auf Kampf. Die Mexikaner nutzten die Überzahl klug, sie erzielten das 2:2 durch einen Kopfball von Jared Borgetti (58.), und zu fragen ist, warum der so viel gelobte Per Mertesacker so weit von Borgetti entfernt war. Kahn - er war stocksauer, natürlich. Die Mexikaner schüchterte er damit nicht ein, sie setzten die Deutschen konsequent unter Druck. Die versuchten gelegentlich einen Konter, einer führte zu einer Ecke. Schweinsteiger brachte den Ball herein, der Robert Huth vor die Füße fiel. Huth drosch ihn zum 3:2 ins Tor, und das Publikum stimmte sein Lieblingslied des Confed-Cups an: "HuthHuthHuth".

In Unterzahl gelang es den Deutschen nicht, den Vorsprung zu verwalten, Borgetti erzielte das 3:3 (85.), wieder war er sehr allein, dabei ist bekannt, dass man Borgetti nicht allein lässt. Das Spiel ging in die Verlängerung. Am Ende einer langen Saison, die durch dieses Turnier überlang geworden war, mussten alle Spieler noch ein wenig länger arbeiten. Der eingewechselte Kuranyi nahm seine Kraft zusammen und lief auf das Tor zu, bis er gefoult wurde. Freistoß, 21 Meter Entfernung. Michael Ballack gab einen guten Schuss ab, der zum 4:3 ins Tor flog (97.), ein größerer Torwart hätte den Ball wohl erreicht. So wurde es ein schönes Tor, dass den Deutschen einen versöhnlichen Abschluss verschaffte und Ruhe bis zum nächsten Pflichtspiel - in München 2006.

© SZ vom 30.06.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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