Champions Tour im Golf:Der Frühling des Ältesten

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Immer noch auf Tour: Bernhard Langer beim Masters in Augusta. (Foto: Erik S. Lesser/dpa)

"Er treibt uns alle an": Bernhard Langer, 59, beherrscht die Serie der älteren Golfer. Nun kann er sie zum dritten Mal nacheinander gewinnen.

Von Frieder Pfeiffer, München

Colin Montgomerie schaut auf ein fast perfektes Golferleben zurück. Achtmal gewann er die Saisonwertung auf der European Tour, häufiger als je ein Spieler davor und danach. 2013 wurde er in die Hall of Fame des Golfsports aufgenommen. Zwei Dinge fehlen dem Schotten jedoch im Karriere-Resümee. Trotz 50 Profisiegen blieb ihm der Triumph bei einem der vier großen Majors versagt. Und: Auf der Champions Tour, der lukrativen Turnierserie der Über-50-Jährigen, reichte es nie für den Saisontitel. Das erste Manko hat viele Gründe, das zweite eigentlich nur einen: Bernhard Langer.

Montgomerie, 53, mischt inzwischen im dritten Jahr auf der Champions Tour mit. Früher dominierten die jüngeren Neulinge ohne einen langen Eingewöhnungsprozess. Doch zuletzt blieb den aussichtsreichen Anfang-Fünfzigern nur der Wettkampf um den zweiten Platz. Denn Rang eins schien vergeben zu sein, an diesen blonden End-Fünfziger aus Deutschland, der kaum ergraut und den die Tour inzwischen den Benjamin Button der Golfszene nennt. Langer ist ein 59 Jahre altes Phänomen im scheinbar ständigen Verjüngungsprozess. "Er war dieses Jahr so viel besser als alle anderen", sagt sein Kollege Kevin Sutherland.

Langer, geboren in Anhausen bei Augsburg und inzwischen in Florida zu Hause, war 1986 die erste Nummer eins der Golfwelt, er gewann das Masters 1985 und 1993. Seine Kontrahenten hießen Seve Ballesteros, Tom Watson und Nick Faldo, er galt schon als Routinier zu einer Zeit, als Tennis-Kollege Boris Becker zum Weltranglisten-Ersten aufstieg. Die damaligen Weggefährten sind lange aus den Ergebnislisten verschwunden - Langer aber, der ist immer noch da.

An diesem Wochenende hat er die gute Chance auf seinen dritten Saisontitel nacheinander. Seine insgesamt fünf Gesamtsiege sind bereits Rekord, ebenso seine sieben Siege in der Geldrangliste. Nur ein einziges Mal sammelte er nicht das meiste Preisgeld ein, seit er 2008 auf die Tour kam - 2011 fiel er wochenlang mit einer Daumenverletzung aus.

2016 führt er alle maßgeblichen Statistiken an. Vier Saisonsiege brachten ihm einen Vorsprung in der Gesamtwertung, der nur deshalb noch einzuholen ist, weil die Tour neuerdings die Punkte vor dem Finale eindampft, um allen noch eine theoretische Chance auf den Gesamtsieg zu geben. "Andernfalls wäre das Ding ja schon lange durch", sagt US-Golfer Sutherland. Langer wird die Charles Schwab Cup Championship in Scottsdale, Arizona, also gewinnen müssen, um ganz sicher zu gehen. Ein schmerzendes Knie macht die Aufgabe nicht leichter, doch auch malade wusste er zuletzt mitzuhalten, was in der Szene natürlich niemanden wundert. Es überrascht auch nicht mehr, dass Langer bei seinen wenigen Starts auf der normalen Tour, wie zuletzt zweimal beim Masters, immer noch vorne mitmischt. Und dass er dabei Jason Day, die Nummer eins der Welt, wie in diesem April geschehen, im direkten Vergleich distanziert. Tom Lehman, Langers einziger ernsthafter Konkurrent über die Jahre, sagt auf PGATour.com: "Seine Art treibt uns alle an. Sind wir bereit, ebenso fokussiert zu sein?"

Langer spielt, als müsse er immer noch Kinder ernähren

Langers Form führt zu der Frage, ob dieser Fast-Sechzigjährige seinen Sport so gut beherrscht wie damals als Zwanzigjähriger? Gäbe es nicht gewisse Kraftunterschiede, wäre Langer dann sogar besser als damals? "Es wäre sicherlich kein großer Unterschied", sagt er und ist sich dabei im Klaren, dass seine vor allem auch mental fordernde Sportart den Erfolg im Alter begünstigt. Er weiß auch, dass eben nicht alle Kollegen sein Arbeitsethos teilen. "Wenn Bernhard Langer einen halben Schlag pro Runde sparen kann, dann sind das zwei Schläge pro Turnier", sagt er, und das sagt viel aus über einen Mann, dessen Altersgenossen oft auch in körperlich weniger anspruchsvollen Jobs lieber in Rente gehen.

Langer, der auf der Tour einen Bibelkreis ins Leben rief, arbeitet so gewissenhaft, als müsse er, der in mehr als 40 Jahren -zig Millionen an Preisgeld gewann, mit dem Golfen immer noch die vier Kinder über die Runden bringen. Weil sein Schwung technisch "nie besser" gewesen sei, arbeitet er vor allem an der Fitness. Schon vor 30 Jahren improvisierte Langer seine Übungen auf dem Hotelzimmerboden, weil auf der Tour nicht wie heute Krafträume bereit standen. Er stieß damals eine Entwicklung an, die Tiger Woods später massenkompatibel machte.

Während der US-Golfer aber mit einem schwächelnden Körper zu tun hat, war Langer zuletzt fast immer fit. Er ist zweifellos ein Ausnahmegolfer, aber er spürt auch, dass es nicht immer so weitergeht: "Mein Kopf denkt immer noch, er wäre in einem 20-, 30-jährigen Körper. Ist er aber nicht." So muss der Benjamin Button des Golfsports doch seine Opfer bringen. Mit dem Fußball musste er unlängst aufhören, sagt Langer, die Verletzungsgefahr: "Ich bin zu ehrgeizig."

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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