Champions League, Viertelfinale:Mutlos, glücklos, harmlos

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Der FC Schalke 04 verliert das Hinspiel des Champions-League-Viertelfinales 0:1, weil er den FC Barcelona viel zu spät fordert.

Als Mitte März in Barcelona bekannt wurde, gegen wen der Champions-League-Sieger von 2006 diesmal im Viertelfinale antreten würde, war in Katalonien oft von einem "Freilos" die Rede. Natürlich war das respektlos gegenüber dem FC Schalke 04 - aber im Endeffekt vielleicht gar nicht so falsch. Ohne zu glänzen wie in den gar nicht so lang vergangenen Tagen, aber auch ohne allzu sehr gefordert zu werden, gewannen die Spanier das Hinspiel in der Arena AufSchalke 1:0 durch ein Tor des jungen Bojan Krkic (12.). Es bedürfte im Rückspiel am kommenden Mittwoch in Barcelona schon einer ungewöhnlichen Verkettung von Ereignissen, damit Barcelona im Europacup erstmals seit 1996 gegen eine deutsche Mannschaft ausscheidet. (Damals scheiterten sie im Uefa-Cup am FC Bayern.)

Erneut im Mittelpunkt: Schalkes Torhüter Manuel Neuer. (Foto: Foto: Reuters)

Die Schalker waren wenigstens statistisch gestärkt in dieses Spiel gegangen. Seit dem Erreichen des Viertelfinales hatten sie zehn Punkte aus vier Liga-Spielen geholt. Dass das selten gut und nie schön war, erschien nebensächlich. Gegen Barça versuchten sie, dass die Spanier - die ohne die verletzten Messi und Deco sowie den formschwachen Ronaldinho angereist waren - den Ball gar nicht in Ruhe annehmen konnten. Das sah drei, vier Minuten gut aus, doch dann fingen die Katalanen an, die Gastgeber mit flüssigem one-touch-Fußball einzuschüchtern. Im Gegensatz zum Vorrunden-Spiel gegen den FC Chelsea, als die Schalker schnell forsch im Spiel waren und enormen Druck aufbauten, sahen sie diesmal immer ehrfürchtiger zu. Nachdem die zuletzt in Spanien erstaunlich erfolglosen Katalanen sich einige Minuten eingewöhnt hatten, fingen sie früh an, den Weg in die Spitze zu suchen.

Neuer lässt abprallen

Direkte Folge waren zwei heikle Szenen vor dem Tor der Schalker. In der 8. Minute gelangte ein feiner Pass in die Spitze auf Iniesta, aber Neuer verkürzte gut den Winkel und konnte den Ball blocken. Vier Minuten später sah Fabian Ernst im defensiven Mittelfeld Iniesta zu lange zu. Dessen Außenristpass in den Rücken von Rafinha kam genau in den Lauf von Thierry Henry. Dessen eher harmlosen Schuss ließ der zuletzt starke Torwart Manuel Neuer direkt wieder vor die Füße des Franzosen prallen, der sich diesmal für eine flache Hereingabe entschied, die der junge Bojan Krkic aus dreieinhalb Metern unbedrängt unter die Latte setzen konnte.

Das 0:1 brachte die Zuschauer schlagartig zum Verstummen und wirkte auf die Schalker wie Chloroform. Der Schock des Gegentors wurde offensichtlich, als Kevin Kuranyi beim ersten Ansatz eines Schalker Angriffs lieber aus 24 Metern schoss (schlapp wie so oft beim zuletzt enttäuschenden Nationalstürmer), statt näher zum Tor zu ziehen. Warum die Spanier in den vergangenen Wochen 15 Gegentore in nur fünf Partien kassiert hatten, sah man direkt anschließend, als die Zuordnung bei einem bewusst indirekt ausgeführten Freistoß von Pander so schlampig war, dass Westermann ziemlich frei zum Ball kam. Die Karriere des gelernten Innenverteidigers Westermann als Linksverteidiger hätte eine spektakuläre Zuspitzung erfahren können, doch der ehemalige Bielefelder kam nur mit der Hacke an den Ball, und seine Vorlage blieb harmlos.

Gefährlicher wurde es eher, wenn die Spanier die Offensive suchten, etwa in der 29. Minute, als Bordon in höchster Not eine scharfe Flanke von Bojan fast ins eigene Tor bugsierte. Ansonsten bemühte sich Schalke nach Kräften, aber da die spielerischen Fähigkeiten ohne die verletzten Rakitic, Zé Roberto und Streit arg begrenzt sind, brachten sich die Gäste höchstens selbst in Bedrängnis, so als Zambrotta in der 44.Minute nach einer Flanke von Rafinha unnötigerweise Kuranyi am Fünfmeterraum umrempelte und sich beim griechischen Schiedsrichter Vassaras dafür bedanken durfte, dass es keinen Elfmeter gab.

Schalke hat in dieser Saison schon einige mäßige internationale Auftritte hingelegt - so bei der mitunter gespenstischen Leistung im Achtelfinal-Rückspiel von Porto, als nur die fabelhaften Paraden von Neuer den Bundesligisten im Wettbewerb hielten -, aber sie hatten auch Spiele, die den Schluss zuließen, dass sie nicht nur mit Glück ins Viertelfinale vorgedrungen waren: Vor allem beim unglücklichen 0:0 gegen Chelsea waren sie stark, doch vorne fehlte der Druck, und im defensiven Mittelfeld wurde der gesperrte Jermaine Jones schmerzlich vermisst, weil Kobiaschwili und Ernst fortwährend Xavi hinterherhechelten.

Nach der Pause drückten die Schalker, so gut sie konnten. Halil Altintops Schuss (49.) wurde zur Ecke abgefälscht. Einen Distanzschuss von Pander (50.) ließ Barcelonas Torwart Valdez nach vorne abprallen, aber Kuranyi war wie so oft viel zu weit weg von dem Ort, an dem ein Mittelstürmer überhaupt die Chance zum Abstauben bekommt. In der 60. Minute erlöste Mirko Slomka seine stumpfe Spitze (es hätte genauso gut Asamoah treffen können) und brachte den kleinen Sanchez. Danach wurde es lebendiger vor dem Gästetor: Asamoah fälschte einen Schuss von Ernst fast zum 1:1 ab (70.). Ein Lupfer von Altintop (71.) strich knapp am Tor vorbei. Kurz darauf besetzte Slomka die Mittelstürmerposition neu: Larsen ersetzte den glücklosen Asamoah. Und im Gegensatz zu Kuranyi kam der Däne bald zu einer Chance, doch seinen Kopfball nach einer Flanke des unermüdlichen Westermann setzte er neben den Pfosten (77.). Einen Kopfball von Bordon (90.+2) lenkte Valdez schließlich über die Latte. Es blieb die letzte Offensivaktion der Gastgeber, die mindestens so enttäuscht sein dürften wie sie die Zuschauer enttäuschten.

© SZ vom 2.4.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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