Champions League-Qualifikation:Mit Gigi im Entmüdungsbecken

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Dem FC Basel, Gegner von Werder Bremen in der Champions-League-Qualifikation, ist die Schweiz zu klein geworden.

Ueli Kägi

Wenn am Baseler Flughafen ein Privatflugzeug abhebt, sitzt wohl Gigi Oeri drin, die eigentlich Gisela heißt, aber nur Gigi sein will. Gebürtige Deutsche ist sie, aus Bad Säckingen, gleich gegenüber von Basel auf der anderen Rheinseite. Und ausgebildete Physiotherapeutin. Und milliardenschwer. Und blond. Und dauergebräunt. Herrscherin über den FC Basel. Besitzerin. Transferchefin. Alleinentscheiderin. Aus Strategiegründen aber nur Vizepräsidentin. Fliegt ins Trainingslager nach St. Moritz mit dem Hubschrauber. Springt mit den Spielern nach der Meisterschaft ins Entmüdungsbecken - nicht nackt, gottlob. Entwirft ihre Kleider selbst - von der Stange findet sie langweilig.

Bremens Manager Klaus Allofs mit Gigi Oeri nach der Auslosung in Nyon (Foto: Foto:)

Bei der Arbeit am Baseler Spital lernte sie Doktor Andreas Oeri kennen. Wer das genau war, wusste sie zu Beginn nicht, behauptet sie. Heirat 1978. Andreas Oeri, Spross einer Mitbesitzer-Familie von Roche. Baseler Pharmakonzern, 65.000 Mitarbeiter, 55-Millionen-Euro-Umsatz täglich. Milliardengewinn jährlich.

Puppen und Work-Out

Gigi Oeri, 50, hat ihre Hobbys. Sie führt in Basel das Puppenmuseum und den Fitnessklub. Fliegt für den Vier-Tage-Urlaub nach Dubai. Und als sie einmal etwas Neues wollte, übernahm sie im September 2002 die Aktien des FC Basel. Kurz davor war der Klub von seinem damaligen Präsidenten René C. Jäggi, heute Vorstandsvorsitzender in Kaiserslautern, aus dem Scheintod an die Schweizer Spitze zurückgeführt worden. Im Mai 2002 hatte Basel seinen ersten Meistertitel seit 22 Jahren gewonnen. Fast 100.000 feierten in den Straßen.

Der FC Basel, an diesem Mittwoch Gegner von Werder Bremen im Hinspiel der Champions-League-Qualifikation, ist der Klub, der im Schweizer Fußball einsam kreist. Er spielt im modernen St. Jakob-Park mit seinen 31.500 Sitzplätzen und ausverkauften Logen mit Warteliste, die anderen, mit Ausnahme der Berner Young Boys, in baufälligen Stadien. Die Klubfarben Rot und Blau sind Elixier für die Stadt seit der deutsche Trainer Helmut Benthaus den Verein in den 60er und 70er Jahren von Titel zu Titel führte.

Nirgends in der Schweiz ist die Begeisterung für einen Sportklub ähnlich groß. Bei weitem nicht. 25.000 Saisonkarten hat Basel abgesetzt, fast 30.000 Zuschauer sind im Schnitt im Stadion. Dass sich ein kleiner Teil davon bei jeder Gelegenheit die Köpfe einschlagen und auffallen will, ist das Problem des Klubs.

Keine Konkurrenz im eigenen Land

Seit bei den Grasshoppers Zürich die Spitzenmanager als Geldgeber vor einem Jahr ausstiegen und der Jahresetat von 20 auf rund acht Millionen Euro fiel, ist der FC Basel praktisch konkurrenzlos. Mit knapp 20 Millionen Euro Etat übertrifft er die Schweizer Konkurrenz mindestens um das Doppelte.

Der FCB kauft sich in der Schweiz seine Spieler zusammen wie der FCB in Deutschland, für Sondereffekte hilft Oeris Geld. Für Titel hat Basel eine Dauerkarte gelöst: Meister 2002, 2004, 2005, Pokalsieger 2002, 2003. Nationale Spiele verliert die Elf nur, wenn sie aus Langeweile die Lust an Gegnern aus Neuenburg und Aarau verliert. Das war zuletzt immer öfter der Fall.

Die heimische Liga befriedigt Ansprüche von Klub und Spielern nicht mehr. Basel setzt seine Ziele im europäischen Fußball, seit die Mannschaft im Herbst 2002 die erste Gruppenphase überstand, weil sie den FC Liverpool in der letzten Partie mit einem dramatischen 3:3 im Heimspiel eliminierte. In der Zwischenrunde scheiterte sie an Juventus, Manchester United und La Coruña.

Christian Gross ist seit 1999 der Glatzen-Trainer, der die Pokale eintreibt. Ein Forderer und Förderer mit Gespür für Spieler und Problemspieler wie die Yakin-Brüder Murat und Hakan, die nirgendwo auf einem höheren Niveau gespielt haben. Gross, bei Tottenham Hotspur einst gescheitert, war im Sommer 2003 nicht bereit, seine Baseler Machtposition gegen Schalke und Rudi Assauer einzutauschen. Vor wenigen Wochen hat er seinen Vertrag bis 2009 verlängert.

International nur Spielball

Das haben selbst einige Spieler nicht verstanden. Der FC Basel hat in den vergangenen Monaten lernen müssen, im internationalen Fußball nur Spielball zu sein. Sechs Stamm- und Nationalspieler wurden ihm aus dem Ausland abgekauft, darunter Streller (Stuttgart), Cantaluppi (Nürnberg), Degen (Dortmund) und Atouba (via Tottenham zum HSV).

Die Baseler Mannschaft hat nie mehr die Qualität vom Champions-League-Herbst 2002 erreicht, weil Gross die Zeit zum Neuaufbau fehlte, weil er Lücken mit jungen Spielern füllen muss. Basel führt die Liga zwar auch in diesem Jahr nach vier Spielen an, überzeugend aber war es bisher nie. Murat Yakin fällt zumindest im Hinspiel gegen Bremen wieder einmal verletzt aus. Seinem Nationalmannschafts-Partner Patrick Müller fehlt seit Monaten die Form.

Das begnadetste Talent dieser Mannschaft, der australische Mittelfeldspieler Ivan Ergic, 24, sucht nach Verletzung und anschließenden Depressionen mit praktisch zweieinhalb Jahren ohne Spiel den Anschluss. Die argentinischen Stürmer Gimenez und Rossi sind in dieser Saison noch ohne Tor. Nur muss die Suche nach der Form nicht bedeuten, dass die Baseler für Bremen keine Gegner sind. Finden sie ihren Augenblick, sind sie eine Gefahr. Vor allem in Heimspielen, wenn das Publikum peitscht.

© SZ vom 10.8.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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