BVB spielt 1:1 :Die Torte muss warten 

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Am Ende eines intensiven Duells steht ein Unentschieden, das manche ratlos zurücklässt.

Von Tobias Schächter, Sinsheim

Arno Michels kam dann doch in die Bredouille. Der künftige Co-Trainer von Borussia Dortmund war auf der Tribüne von Menschen umringt, die nach dem 1:0 für die TSG Hoffenheim durch Kevin Volland (33.) jubelnd von ihren Sitzen aufsprangen. Ein Mann forderte Michels auf, mitzujubeln. Doch Michels, der wie schon in den vergangen Jahren in Mainz in der kommenden Saison beim BVB Thomas Tuchel assistieren wird, blieb sitzen, er machte sich vermutlich so seine Gedanken. Zum Beispiel, wie einfach Dortmunds Linksverteidiger Marcel Schmelzer in jener Szene Volland den Torschuss ermöglicht hatte.

Michels erlebte wie die übrigen 30 149 Zuschauer in der ausverkauften Arena eine intensive Partie, die beide Teams nach dem 1:1 (1:1) ein wenig ratlos zurückließ. Für beide Kontrahenten ist dieser eine Punkt unbefriedigend im Rennen um einen Rang, der für die Teilnahme an der Europa-League in der kommenden Saison berechtigt. "Ich hätte lieber zwei mehr mitgenommen", sagte Dortmunds Mittelfeld-Routinier Sebastian Kehl. Und auch Teamkollege Mats Hummels erkannte eine "leichte Tendenz zur Unzufriedenheit". Hoffenheims Pirmin Schwegler befand unterdessen: "Momentan kann ich den Punkt nicht richtig einordnen, ich habe, ehrlich gesagt, nicht so den Durchblick, was am Ende für den Europapokal reicht."

Trauert einer vergebenen Chance nach: Dortmunder Pierre-Emerick Aubameyang blickt sehnsüchtig dem am Tor vorbeikullernden Ball hinterher. (Foto: Uli Deck/dpa)

Zur Aufklärung: Ein Platz unter den ersten Sechs der Tabelle reicht in jedem Fall. Wenn Wolfsburg als Champions-League-Teilnehmer das Pokalfinale gegen Dortmund gewinnt, gewährt sogar Rang sieben Zutritt, selbiges gilt, wenn Dortmund den Pokal holt und die Liga unter den ersten Sechs der Tabelle abschließt.

Dortmund wäre mit Platz sechs zufrieden - hinter Schalke

Dortmunds Trainer Jürgen Klopp würde ja am liebsten zum Abschied beides mitnehmen: den Pokalsieg und den Vorstoß ins erste Tabellendrittel. Der scheidende Trainer sagte zwar, er wolle Hoffenheim noch überholen, aber das alleine würde wohl nicht reichen, um seinem Nachfolger einen Startplatz in Europa zu vermachen. Drei Spieltage vor Saisonende konkurrieren fünf Teams um die Europapokalplätze: Schalke als Tabellenfünfter (45 Punkte), Augsburg (43), Bremen (42), Hoffenheim (41) und Dortmund (40). Gewinnt Mainz am Sonntag gegen Hamburg, sind auch die Rheinhessen noch in der europäischen Verlosung. Mats Hummels sagt: "Für unsere Fans wäre ein sechster Platz hinter Schalke zwar nicht so toll, aber das ist unser Ziel jetzt." Zwischen den beiden Heimspielen gegen Hertha BSC Berlin und zum Abschluss gegen Bremen muss der BVB noch nach Wolfsburg.

Wenn sich die Dortmunder so steigern wie im Spiel in Hoffenheim, darf man ihnen noch einige Punkte zutrauen. Nach dem ebenso kräftezehrenden wie kuriosen Pokalsieg am Dienstag in München benötigten die Dortmunder am Samstag fast eine Hälfte, um sich auf die mit zwei großen Stürmern (Szalai und Modeste) pressenden Hoffenheimer einzustellen. Der Ausgleich fiel glücklich, zwei Minuten nach der Hoffenheimer Führung. Hummels hatte den Ball nach einer Ecke ins Tor gedrückt, Schiedsrichter Jochen Drees wertete den Einsatz von BVB-Stürmer Aubameyang vor TSG-Torwart Oliver Baumann in dieser Situation als passives Abseits. Eine Fehlentscheidung.

Aubameyang ist "unfair schnell"

Im zweiten Durchgang entwickelte sich dann ein aufregender Schlagabtausch, am Ende verfügten die Dortmunder über die größeren Chancen. Baumann klärte zwei Mal großartig nach Kontern (84. und 87.) - zunächst gegen "den unfair schnellen Aubameyang" (TSG-Trainer Markus Gisdol), später gegen den eingewechselten Ciro Immobile. Die Hoffenheimer waren in den letzten zehn Minuten erschöpft von ihrem atemberaubenden Pressing-Fußball, die zunächst matten Dortmunder hatten sich in das Spiel hineingesteigert, mit zunehmender Spieldauer, sagte Klopp, sei das Ventil bei seiner Mannschaft aufgegangen. Letztlich war der Abpfiff für die TSG-Profis eher eine Erlösung als für den BVB.

Allerdings blieben die Hoffenheimer immer gefährlich, der agile Firmino traf per Kopf die Latte (62.), Modeste scheiterte mehrfach an Dortmunds Torwart Mitchell Langerak oder schob den Ball am Tor vorbei. Beide Mannschaften haben jetzt erst einmal eine Woche Zeit, diese intensive Partie zu verkraften. Und dann gilt für beide im Endspurt das, was Pirmin Schwegler in Bezug auf die Europapokal-Ambitionen der Kontrahenten so formulierte: "Wenn man die Torte vor Augen hat, will man auch zugreifen." Nichts täte Jürgen Klopp zum Abschied in Dortmund lieber - Arno Michels und Thomas Tuchel werden weiter genau zuschauen.

© SZ vom 03.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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