Bundesliga-Trainer:Der Job ist sicher

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Die Bank als Schleudersitz? Das war einmal. Seit 15 Jahren wurden nicht mehr so wenige Coaches entlassen wie in dieser Saison. Die Treue zum Trainer scheint sich zu lohnen.

Der Arbeitsplatz der Trainer in der Fußball-Bundesliga ist so sicher wie selten und markiert einen neuen Trend. In der laufenden Spielzeit gab es mit dem Fall Peter Neururer bei Hannover 96 nur eine vorzeitige Entlassung. "Für uns ist es ein sehr positives Zeichen und ein Schritt nach vorn", sagte Horst Zingraf, Präsident des Bundes Deutscher Fußball- Lehrer (BDFL), "es zeigt, dass die Bundesliga-Vereine professioneller geführt werden und man langfristiger denkt." Das Festhalten an Trainern wie Thomas Doll, Jupp Heynckes und Jürgen Klopp trotz langer Minus-Serien und akuter Abstiegsgefahr ist ein Beleg dafür.

Kaum Punkte, aber der Job ist sicher: Thomas Doll. (Foto: Foto: dpa)

Dass bis zum 14. Spieltag nur ein Chefcoach - Neururers Nachfolger Dieter Hecking wechselte auf eigenen Wunsch von Aachen nach Hannover - seinen Hut nehmen musste, gab es in den vergangenen zehn Jahren einmal: In der Saison 2002/03 bekam Andreas Brehme beim 1. FC Kaiserslautern schon vorher den Laufpass. Nur 1999/2000 saßen die Trainer im Herbst fester im Sattel. Erst fünf Tage vor Weihnachten musste mit Jörg Berger (Eintracht Frankfurt) der erste Trainer gehen.

Die Abkehr von der "Hire and Fire"-Mentalität findet Uwe Rapolder, Ex-Coach von Arminia Bielefeld und des 1. FC Köln, positiv: "Ich bin immer dafür, auch perspektivisch zu arbeiten und sich nicht zu früh von einem Trainer zu trennen." Allerdings hat er auch Verständnis dafür, wenn Clubs mit einem Rauswurf einem prekären Tabellen-Stand entkommen wollen. "Wenn die Situation eskaliert - unabhängig von den Namen Doll, Heynckes oder Klopp - kann es sinnvoll sein, ein Opfer zu bringen und einen Befreiungsschlag zu landen", meinte Rapolder am Dienstag.

Die neue Unantastbarkeit der Trainer wie im Fall Doll, den der Hamburger SV auch nach 22 Spielen mit nur einem Sieg und dem Sturz auf Platz 17 nicht in Frage stellt, könne auch einen nachteiligen Effekt haben. "Wenn die Spieler das Gefühl haben, der Trainer ist unumstritten, dann bleibt alles an den Spielern hängen", glaubt Rapolder, "dadurch entwickeln sie eine so starke Eigenkritik, dass sie schließlich blockieren." Dies ist für Wolfgang Holzhäuser, Geschäftsführer der kriselnden Werkself von Bayer 04 Leverkusen, kein Grund, Trainer Michael Skibbe nicht den Rücken zu stärken: "Wenn das Orchester gut spielt, ist nicht immer der Dirigent schlecht."

Dies sieht man auch in Hamburg, beim FSV Mainz 05 und bei Borussia Mönchengladbach so. "Wir sind überzeugt, dass Thomas Doll nach wie vor der richtige Mann ist", sagte HSV-Manager Dietmar Beiersdorfer. "Seine Kraft ist beeindruckend." Überhaupt keine Debatte über Klopp gibt es beim "Schlusslicht" in Mainz trotz mittlerweile 13 Partien ohne Erfolg. "Wir gehen mit ihm auch in die Zweite Liga", sagt Präsident Harald Strutz. So einen Treueschwur gibt es bei Gladbach für Heynckes nach nur einem Punkt aus zuletzt sieben Spielen zwar nicht. Ein Rauswurf bei einer Niederlage bei Bayern München am Samstag wird aber ausgeschlossen. "Ich sehe keinen Ansatzpunkt für eine Diskussion", erklärte Borussia-Manager Peter Pander.

Gelohnt hat sich das Festhalten an ihre in die Kritik geratenen Trainer für Schalke 04 und den VfB Stuttgart. Bei den Schwaben galt Armin Veh als Anwärter für den ersten Rauswurf der Saison und sogar für VfB-Aufsichtsrat Dieter Hundt nur als "Übergangslösung". Inzwischen ist der VfB Stuttgart Tabellendritter - und der Aufsichtsrat mit Hundt auf der Mitgliederversammlung nur knapp entlastet worden. Trotz des Scheiterns im UEFA-Cup und DFB-Pokal sowie vielen internen Streitereien hielt auch Schalke an Mirko Slomka fest - und ist seit zwei Spieltagen Spitzenreiter.

Ausgangspunkt dieser neuen Unterstützung für die Chefcoaches sind vielerorts Manager und Sportdirektoren wie Beiersdorfer (HSV), Andreas Müller (Schalke) oder Horst Heldt (Stuttgart), die einst selbst in Liga eins kickten. "Mit ihnen ist mehr Sachverstand in die Liga gekommen und ein besseres Verständnis für die Trainer", sagte Zingraf. Dass das vor weiteren Entlassungen in dieser Saison schützt, glaubt aber selbst der BDFL-Chef nicht: "Vielleicht hilft im Moment auch die ausgeglichene Situation in der Liga. Nirgendwo ist Panik."

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