Bundesliga:Torloser Ausrutscher

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Schalke büßt mit einem 0:0 die Tabellenführung ein. Gegner Nürnberger hat sich tapfer gewehrt - und einmal großes Glück gehabt.

Schalkes Trainer Mirko Slomka kannte vor diesem Spiel nur ein Ziel: drei Punkte, um die Tabellenführung zu verteidigen. "Wir dürfen uns keinen Ausrutscher erlauben." Ein Unentschieden in Nürnberg fiel für Slomka also schon unter die Rubrik Ausrutscher - kein Wunder, dass sich der erfahrene Nürnberger Kollege Hans Meyer listig in die Rolle des Außenseiters begab.

Auch ein Gegner, "der finanziell aus dem Vollen schöpfen kann", finde hin und wieder seinen Meister, sagte er. Als das Spiel am Sonntagabend tatsächlich unentschieden zu Ende gegangen war, 0:0, durfte sich Meyer als moralischer Sieger fühlen. Der Club dominierte das Spiel über weite Strecken und hatte die besseren Chancen.

Respekt!

Das zehnte Unentschieden der Saison bringt den 1. FC Nürnberg in der Tabelle nicht entscheidend weiter, doch die Vorstellung verdiente Respekt. Die Schalker dagegen verloren Rang eins ohne große Gegenwehr an Werder Bremen.

Slomka hatte vor dem Spiel das Luxusproblem zu lösen, ob er in der Innenverteidigung den serbischen Nationalspieler Mladen Krstajic oder den uruguayischen Nationalspieler Dario Rodriguez nominieren sollte. Die Stelle neben dem nach einer Hüftverletzung zurückgekehrten Abwehrchef Marcelo Bordon erhielt letztlich Krstajic, weil ihn Slomka für schneller und aggressiver hält.

Im Mittelfeld ersetzte Fabian Ernst den angeschlagenen Zlatan Bajramovic, und im Mittelfeld fehlte der brasilianische Spielmacher Lincoln - ein wahrer Luxus. Ohne den verletzten Regisseur hatten die Schalker ja ihren Sturm an die Tabellenspitze vollendet; Slomka setzte also auf Kontinuität statt Zauber.

Kevin fliegt

Die Strategie schien sich auszuzahlen, denn die Schalker begannen stürmisch. Nach einer Flanke von Peter Lövenkrands setzte Kevin Kuranyi zum Flugkopfball an; knapp flog der Ball am linken Pfosten vorbei. Die Nürnberger brauchten jedoch nicht lange, um den Schalkern den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Robert Vittek tanzte nach einer Viertelstunde die halbe Schalker Abwehr im Strafraum aus, traf aber den Ball nicht voll. In der Folge entwickelte sich ein munterer Schlagabtausch. Unübersehbar war gegen Ende der ersten 45 Minuten allerdings das Übergewicht der Nürnberger. "Uns fehlt die Durchschlagskraft", monierte zur Pause Schalkes Manager Andreas Müller.

Den Eindruck schienen seine Spieler zu Beginn der zweiten Halbzeit korrigieren zu wollen. Drei Minuten nach Wiederanpfiff setzte Kuranyi zum Solo im Strafraum an und fiel über die Füße von Michael Beauchamp, der den verletzten Brasilianer Glauber in der Innenverteidigung vertrat. Bei genauem Hinsehen handelte es sich um ein durchaus elfmeterwürdiges Foul des Nürnbergers, Schiedsrichter Michael Weiner aber ließ weiterspielen.

Gewaltschuss

Wenig später wurde Kuranyi am rechten Flügel wunderbar von Hamit Altintop freigespielt. Der fand mit seiner scharfen Hereingabe den heranstürmenden Verteidiger Christian Pander, doch dessen Gewaltschuss wurde abgeblockt. Wie schon in Halbzeit eins verebbte der Schalker Schwung bald wieder, die Nürnberger befreiten sich erneut.

Eine ansehnlich Ballstaffette vollendete Markus Schroth mit einem Pass auf den am rechten Flügel heransprintenden Ivan Saenko. Der traf mit seinem Schuss nur die Faust des regungslos auf der Linie verharrenden Torwarts Manuel Neuer. Das war nach 60 Minuten die bis dahin größte Nürnberger Chance, und eine noch größere vergab in der 72. Minute Jan Kristiansen. 15 Meter vor dem Tor kam der Däne zum Schuss, doch suchte er zu überhastet den Abschluss. Der Ball flog am linken Pfosten vorbei.

Das Spiel hatte sich Mitte der zweiten Halbzeit auf bedauernswertem Niveau eingependelt. Slomka reagierte mit drei Einwechslungen, ins Spiel kamen Gustavo Varela, Sören Larsen und auch Lincoln. Zehn Minuten vor Spielschluss glaubte der Brasilianer, nun würde seine Stunde schlagen. Mit großer Geste legte er sich 35 Meter vor dem Tor den Ball zum Freistoß zurecht - und trat ihn matt in die Nürnberger Mauer.

Marcelo Bordon handelte sich danach noch die fünfte gelbe Karte ein und fehlt damit am Sonntag im Ruhrderby gegen Dortmund. Der Presseboykott der Schalker Spieler erscheint nach diesem Spiel durchaus sinnvoll. Über dieses 0:0 musste man nicht viele Worte verlieren.

© SZ vom 4.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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