Bundesliga:Drei Neue ohne Furcht

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Eintracht Frankfurt, MSV Duisburg, 1.FC Köln: Die drei Aufsteiger wollen die Klasse halten. Wir haben die Mannschaften auf Herz und Nieren getestet.

MSV Duisburg: Sich in der neuen Arena Respekt erspielen

Norbert Meier will auch nach dieser Saison feiern. (Foto: Foto: dpa)

Vielleicht wird es für Carsten Wolters in der zehnten Saison beim MSV Duisburg nun doch eng. 36 Jahre alt ist der rechte Außenverteidiger inzwischen und bereits in den letzten Spielzeiten hat es nicht an Versuchen gemangelt, ihn zu ersetzen. "Das kenne ich nicht anders", sagt Wolters, der stets doch wieder auf dem Platz stand. Beim letzten Vorbereitungsspiel des Bundesligaaufsteigers am Samstag gegen AZ Alkmaar wurde er allerdings erst in der letzten halben Stunde eingewechselt. "Und aus den Erfahrungen der letzten Jahre weiß ich, dass der Trainer in diesem Spiel seine erste Elf eingesetzt hat", sagt Wolters.

Sein Ehrgeiz hat trotz des Alters nicht abgenommen. Vor allem würde er nach fünf Jahren in der zweiten Liga gerne herausfinden, "ob ich das Tempo in der Bundesliga immer noch mithalten kann". Früher war das kein Problem, wie Wolters in 161 Bundesligaspielen für Wattenscheid 09, Borussia Dortmund und den MSV nachgewiesen hat. Ein weiterer Anreiz ist der Spaß, den es derzeit macht, für den MSV Duisburg zu spielen. Mit dem Klub, der sich vor fünf Jahren graumausig und gramgebeugt in die zweite Liga verabschiedet hatte, hat der neue MSV wenig zu tun. "Das ist eine ganz andere Welt geworden", sagt Wolters.

Euphorie bei den Fans

Um den Aufsteiger ist eine Stimmung entstanden, die mit einem Wort zu fassen ist, das in Duisburg lange Zeit wie eines aus einer versunkenen Sprache erschien: Euphorie. 12000 verkaufte Dauerkarten mögen im Vergleich mit anderen Bundesligaklubs nicht sonderlich erwähnenswert scheinen, beim MSV jedoch bedeuten sie Vereinsrekord. Die Logen und Business Seats in der neuen MSV-Arena sind ausgebucht, nur zwei Logen sind noch für das Unternehmen freigehalten, das sich zum Kauf der Namensrechte durchringt. Das im Laufe der letzten Spielzeit fertiggestellte Stadion erweist sich aber nicht nur als Motor des wirtschaftlichen Aufschwungs.

"Die Gegner sind vorsichtiger geworden", sagt Wolters, "früher gab es keinen Respekt davor, in Duisburg zu spielen." Im alten Wedaustadion stand das Publikum weit entfernt in zugigen, ungedeckten Kurven, und die Gastmannschaften konnte auf die Miesepetrigkeit der Duisburger Fans bauen. Vor dem Abstieg im Jahr 2000 hatte der Klub zwar drei Mal einstellige Tabellenplätze belegt und 1998 gegen den FC Bayern das Pokalfinale erreicht. Doch bereits damals waren die Zuschauer mit der defensiven Spielweise unter Friedhelm Funkel unzufrieden. "Attraktiv haben wir nicht gespielt, wir waren mehr der Arbeiterverein", sagt Wolters. Er glaubt aber, dass auf der tristen Bühne Wedaustadion alles noch grauer wirkte, als es war: "Die Akustik war mies und die Stimmung war mau."

Mit der neuen Arena und der Rückkehr in die Bundesliga ist die jahrelange Entfremdung zwischen dem Team und seinen Anhängern beendet. Für einen altgedienten MSV-Profi wie Carsten Wolters war es fast ein Kulturschock, als die Mannschaft nach ihrer Heimkehr vom aufstiegentscheidenden Sieg in Frankfurt nachts um drei Uhr von zehntausend Fans begrüßt wurde. Gefeiert wurde selbst Trainer Norbert Meier, der im Januar 2003 gekommen war und sich die ersten anderthalb Jahre lang von den Rängen den Wunsch nach seiner Entlassung anhören musste. "Ich bin mal gespannt, wie lange er von den Fans unterstützt wird", sagt Wolters, "man kann schließlich nicht davon ausgehen, dass wir die Gegner in der Bundesliga an die Wand spielen."

Viele Spieler mit letzter Chance

Geduld wird das zuletzt so überschwängliche Publikum mitbringen müssen, denn schwer wird es die Duisburger Mannschaft haben, obwohl sie "von der Erfahrung her gut aufgestellt ist", wie Wolters sagt. Auf 18 Profis mit Bundesligaerfahrung kann Meier im absehbaren Kampf um den Klassenerhalt setzen. Aber es sind halt viele dabei, die sich noch nicht in der ersten Klasse etablieren konnten. "Es sind Spieler, die Ehrgeiz an den Tag legen werden, es diesmal oben zu packen", sagt Wolters. Sein direkter Konkurrent Razundara Tjikuzu, der nach Alkoholeskapaden in Rostock entlassen wurde, gehört dazu und der in Wolfsburg ausgemusterte Innenverteidiger Marino Biliskov. Uwe Möhrle stieg im Vorjahr mit Rostock aus der Bundesliga ab und Mike Rietpietsch mit Oberhausen aus der zweiten Liga. Markus Hausweiler wurde unter großem Krach in Gladbach rausgeworfen, nur Stürmer Klemen Lavric profilierte sich in Dresden als Goalgetter.

Carsten Wolters ist also nicht allein mit dem Versuch, sich in der Bundesliga noch einmal zu behaupten. "Im Moment sieht es damit nicht so gut aus, aber die Saison ist lang", sagte er, und bislang ist er schließlich noch immer wiedergekommen.

Eintracht Frankfurt. Einziges Ziel: den Absturz vermeiden

Frankfurts Spieler feiern den Aufstieg nach dem Sieg gegen Burghausen (Foto: Foto: dpa)

Das Betriebsklima ist gut, vorläufig zumindest. "Wir haben einen unheimlichen Zusammenhalt, das ist keine Floskel", sagt der Spieler Arie van Lent. "Bei uns wird gelacht und geflachst", sagt Christoph Preuß. Und der Trainer bestätigt dies, indem er den Vergleich zu einem früheren Spieler zieht. Im Trainingslager in Oberstaufen habe sich jeder reingehängt, "auch dann, wenn der Trainer mal nicht hingeschaut hat", berichtet Friedhelm Funkel, 51. Und fährt fort: "Ich habe das früher immer anders gemacht."

Vielleicht hat er sich auch nie in solch einem Kader behaupten müssen. Ein Jahr lang hat Eintracht Frankfurt nicht mitspielen dürfen in der Bundesliga, nun ist der Verein wieder dabei, und diesmal soll es von Dauer sein. Viel ist den Anhängern in den vergangenen Jahren zugemutet worden, in einer Stadt, deren Bezugsgrößen London, Mailand, Paris lauten, in einem Klub, der sich an Real Madrid, hilfsweise Bayern München, orientiert.

Dreimal stieg Eintracht Frankfurt in den vergangenen neun Jahren ab und wieder auf; damit diese eher bielefeldische Epoche in der Klub-Geschichte nun zu Ende geht, steht dem Trainer Funkel ein Kader von 32 Mann zur Verfügung. Nach dem letztlich überraschenden Wiederaufstieg, nach einer rauschenden Rückrunde, wurde das Team um elf Spieler ergänzt, ohne dass sich für die meisten derjenigen, denen Funkel die Bundesliga eher nicht zutraut, Abnehmer gefunden hätten.

Das Gerüst für die erste Mannschaft hat der Trainer bereits im Kopf. Indem er es nicht verrät, sichert er vorerst das Betriebsklima: Noch fühlt sich keiner vor den Kopf gestoßen, noch hat jeder Hoffnung - und kämpft darum, zumindest die Ersatzbank zu erreichen.

Treffpunkt Parkplatz

Andererseits, was sind schon 32 Mann? Funkel macht eine andere Rechnung auf: Fünf Spieler fallen noch auf längere Zeit aus. Drei Spieler sind blutjung, bei drei weiteren handelt es sich um die Torhüter. Ergibt einen Kader aus 19 buchbaren Feldspielern.

"So wird alles ganz schnell übersichtlich", sagt er; so erklärt sich, dass der Verein noch bis vor wenigen Tagen nach Verstärkung gesucht hat, vor allem für den Sturm. Das Flirten mit dem Mexikaner Jared Borgetti, der beim Confed-Cup auffiel, gehörte noch zur Abteilung Heiteres und Weiteres; ein bisschen Großmannssucht muss in Frankfurt einfach sein.

Erfolgreich bemüht hat sich der Klub hingegen um die Rückkehr des Griechen Ioannis Amanatidis aus Kaiserslautern. Die klassische Bundesliga-Söldner-Geschichte: Nach dem Abstieg vor einem Jahr war diesem Spieler der FCK noch gut genug, auf zweite Liga hatte er keine Lust.

Nun hingegen, da Frankfurt wieder eine in Frage kommende Adresse geworden war, hat Amanatidis alles gegeben, um sich in der Pfalz unmöglich zu machen: Als er zu angeblich geheimen Verhandlungen nach Frankfurt kam, wusste der Fotograf der Bild-Zeitung sehr genau, zu welcher Zeit er ihn an welchem Parkplatz abpassen konnte. Der FCK feilschte noch ein bisschen um die Ablösesumme, dann ließ er den Spieler gehen.

Es ist eine junge Mannschaft ohne Stars, eine, deren Auftrag nur lautet, die Klasse zu halten. Einen Schritt nach dem anderen will der Klub tun; zur Finanzierung der ebenso schönen wie teuren Commerzbank-Arena (früher: Waldstadion) ist ein dauerhafter Verbleib in der ersten Liga notwendig. Mit dem rituellen Beschwören von Meisterschaft (1959) und Uefa-Cup-Gewinn (1980) kann der vor anderthalb Jahren ins Amt gekommene Vorstandschef Heribert Bruchhagen wenig anfangen. Dass die beiden Erfolge weiter den Kern der Vereinshymne bilden, nimmt er hin, was sonst; welche Westkurve stimmt schon Gesänge mit "Platz 15" im Refrain an.

Marko Rehmer kam von Hertha

Indessen, die real existierende Frankfurter Mannschaftsaufstellung im Jahre 2005 bietet kaum mehr als diese Perspektive. Pröll - Ochs, Rehmer, Vasoki, Spycher - Preuß, Huggel, Meier - Cha, van Lent, Köhler: So die Namen der Spieler, die im Trainingslager zum Testspiel gegen Besiktas Istanbul aufliefen (das 1:1 endete, immerhin).

Halbwegs bekannt sind neben Amanatidis und dem einstigen Gladbacher van Lent eigentlich nur Marko Rehmer, der frühere Nationalspieler von Hertha BSC, sowie Doo-Ri Cha, der Stürmer auf der rechten Seite. Bei dem Südkoreaner handelt es sich um den Sohn von Bum Kun Cha, einem Heroen des Vereins aus goldener Zeit. Der 24-Jährige wird jedoch längst als Spieler von eigenem Rang geschätzt.

Unterwegs sein wird die Mannschaft allerdings nicht wie ein Platz-15-Aspirant, zumindest manchmal nicht. Zu den neuen Sponsoren gehört die Fluglinie Aero Flight, die aus der in Konkurs gegangenen Aero Lloyd hervorging. Ein Airbus A 320 trägt seit einigen Wochen den Schriftzug Eintracht Frankfurt, außerhalb der Ferienzeiten wird er der Mannschaft zur Verfügung stehen.

In der Stadt wird natürlich stets hervorgehoben, dass es außer der Eintracht nur einen Verein in der Bundesliga gibt, der dergleichen hat, Bayern München nämlich. Das Spiel gegen diese Orientierungsgröße findet am 20./21. September statt. Die Karten sind bereits vergriffen.

Hier lesen Sie ab Dienstag den Bericht über den 1. FC Köln

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