Bremer 2:0-Sieg:Irgendwie gewonnen

Lesezeit: 3 min

Wie dieser Bremer Sieg zustande gekommen ist, darüber wunderten sich wohl auch Darmstadts Trainer Torsten Frings (Mi.) bei seiner Rückkehr nach Bremen, wo er mit Claudio Pizarro spielte. (Foto: Jan Huebner/imago)

Während Darmstadt den Kampf gegen den Abstieg aufgibt, entledigt sich der SV Werder mit einem unverdienten Sieg vieler Sorgen. Trotzdem wachsen Zweifel am Konzept von Trainer Nouri.

Von Frank Hellmann, Bremen

Es war ein kurzes und lautes Lachen, das aus Alexander Nouri herausbrach. Dan trank er erst mal ein Glas Wasser. Ob Bremen nun sein ganzes Glück binnen zwei Spieltagen aufgebraucht habe, wollte jemand von ihm wissen. Das Lachen sollte wohl heißen: So ganz falsch ist diese These nicht.

Nachdem die Bremer bereits beim 2:1-Auswärtssieg beim VfL Wolfsburg nur mit sehr viel Glück gewonnen hatten, war auch der vom hanseatischen Publikum leidenschaftlich gefeierten 2:0-Heimsieg gegen den SV Darmstadt 98 ziemlich schmeichelhaft. Nouri sagte: "Für die erste Halbzeit muss ich mich entschuldigen, für die zweite Halbzeit will ich mich bedanken."

Bedanken konnte er sich letztlich beim umtriebigen Max Kruse, der nach seinem Elfmetertor (75.) zum erlösenden 1:0 - Aytac Sulu hatte Claudio Pizarro am Fuß getroffen - auch das späte 2:0 erzielte (90.+2). Beide Treffer hatte Serge Gnabry eingeleitet. "Wir haben definitiv einen Riesenschritt gemacht. Aber wir haben noch nicht die Punkte, die uns in der Klasse halten", sagte Kruse. Es bedurfte so simpler Sichtweisen wie der von Verteidiger Robert Bauer, um den Sieg irgendwie logisch zu erklären: "Wir haben zwei Tore geschossen, der Gegner keins: Dann ist das auch verdient." Widerspruch kam von einem, der noch vor ein paar Monaten selbst glückliche Bremer Siege hatte erklären müssen: Torsten Frings.

Frings gibt im Kampf gegen den Abstieg auf

Der Darmstädter Trainer, fast zwei Jahrzehnte mit Werder so fest verwurzelt wie der Roland mit dem Bremer Marktplatz, sprach nach dem Spiel aus, was jeder dachte: "Glückwunsch Werder zu drei Punkten, aber es hat nicht die bessere Mannschaft gewonnen. Meiner Truppe mache ich keinen Vorwurf. Außer, dass sie nichts auf die Anzeigetafel gebracht hat. Fußball ist nicht immer gerecht."

Frings hatte zuvor, gleich nach dem Abpfiff vor den TV-Kameras, den Kampf gegen den Abstieg bereits aufgegeben: "Wir spielen ab sofort nur noch für uns." Frings schaute grimmig, allerdings macht er das ja meistens. Und Nouri grinste. "Es fühlt sich gut an, auf die Tabelle zu schauen", sagte er. Sein vor wenigen Wochen wackliger Job ist nach drei Siegen hintereinander wieder sicherer geworden. Werder wird im Gegensatz zu Wolfsburg wohl diese Saison keinen zweiten Trainerwechsel mehr vornehmen.

Gleichwohl steht an der Weser die Frage im Raum, ob der Verein auch wirklich darüber hinaus mit dem erst 37 Jahre alten Coach weitermacht. Geschäftsführer Frank Baumann lässt dies öffentlich wohl bewusst offen. Und die Bremer offenbarten im ersten Durchgang so gravierende Mängel, dass man das durchaus verstehen konnte - die Mängel fallen ja in Nouris Verantwortungsbereich. Da schien eine Mannschaft auf dem Platz zu stehen, die überhaupt kein Konzept hatte - und die eigentlich nach den ersten Darmstädter Chancen durch Aytac Sulu (3.) und Antonio Colka (8.) bereits zurückliegen hätte müssen.

Nouri verteidigt seinen Plan, von dem nicht viel zu sehen ist

Werder offenbarte große Lücken in der Abwehr und stand zu tief - viel zu tief für eine Heimelf, die gegen einen auswärts punktlosen Tabellenletzten siegen wollte. Im Vorwärtsgang wirkte Werder komplett rat- und hilflos. Nach 25 Minuten wies die Statistik ein Eckenverhältnis von 6:0 für Darmstadt aus. Am Ende sprachen alle statistischen Daten für die tapferen Gäste, die auf 15:9 Torschüsse, 27:8 Flanken und 58 Prozent Ballbesitz kamen.

Was war nur bei Werder los? "Einige wollten draufgehen, einige nicht. Es sollte eigentlich ein Wechselspiel sein", bemühte der junge Maximilian Eggestein einen Erklärungsansatz, der indirekt zu einer Anklage an seinen Förderer Nouri wurde. Hatte der Coach einen zweideutigen Matchplan mitgegeben? Mit diesem Vorwurf konfrontiert wich Nouri aus: "Der beste Plan hilft nicht, wenn der Aufwand nicht betrieben wird." Die Spieler seien nicht mit der Intensität angelaufen, wie der Trainer das vorgegeben habe. Und immerhin kitzelte der Coach seine Spieler zur Halbzeit wach, indem er ihnen die läuferische Unterlegenheit als Zahlenpaket unter die Nase rieb. "Das hat an unserem Stolz gekratzt", räumte Bauer ein.

Einen Torschuss brachten die Bremer bis zur Pause durch Serge Gnabry in der 45. Minute zustande, die Zuschauer applaudierten höhnisch - und pfiffen die Mannschaft kurz darauf aus. Es war wirklich nicht zu ahnen, dass sich die Stimmung am Ende noch völlig drehen sollte - nicht allein beim grinsenden Alexander Nouri.

© SZ vom 05.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: