Biathlon-WM in Östersund:"Hätte Fremdurin abgeben können"

Lesezeit: 2 min

Norwegens Top-Athlet Halvard Hanevold hat nachlässige Doping-Kontrollen bei der WM kritisiert. Das Organisationskomitee wiegelt das Problem ab. Kaisa Varis wurde derweil lebenslang gesperrt.

Die Doping-Wiederholungstäterin Kaisa Varis ist als erste Skijägerin lebenslang gesperrt worden, perfekt ist das Kontrollsystem des Biathlon-Weltverbandes aber trotzdem noch nicht. "Es muss absolut streng und lückenlos kontrolliert werden", forderte die Doppel-Weltmeisterin Andrea Henkel, die sich sogar eine Satelliten-Überwachung der Athleten vorstellen könnte, um jeden Verdacht auszuschließen. "Es muss noch viel mehr Geld investiert werden, damit man alle Betrüger erwischt", sagte der dreimalige Olympiasieger Michael Greis. Auch die letztjährige Dreifach-Weltmeisterin Magdalena Neuner würde "stärkere und intelligentere Kontrollen sowie langfristige Sperren für Dopingsünder" begrüßen.

Halvard Hanevold kritisiert Nachlässigkeiten bei der Dopingkontrolle. (Foto: Foto: AFP)

Der Norweger Halvard Hanevold kritisierte allerdings nachlässige Kontrollen bei den Weltmeisterschaften im schwedischen Östersund. Dem Osloer TV-Sender NRK berichtete der 38-Jährige am Dienstag, dass er nach seinem zweiten Platz im Sprint am Samstag ohne Aufsicht die obligatorische Urinprobe abgegeben hatte. "Ich hätte ohne weiteres mit einem Schlauch Fremdurin abgeben können", meinte Hanevold. Ein Sprecher des Organisationskomitees erklärte, es habe sich "wohl um einen undramatischen Fehler gehandelt", weil ein Kontrolleur "nicht ganz bis zum Ende zuschauen wollte".

Das Kontrollsystem müsse engmaschiger zusammengezogen werden, sagte auch Herren-Bundestrainer Frank Ullrich. Sein Kollege Wolfgang Pichler, der deutsche Trainer der Schweden, wünscht sich, dass die Doping-Kontrollen durch eine unabhängige Firma durchgeführt würden. "Die Verbände dürfen damit nichts zu tun haben", stellte Pichler fest. Seiner Meinung nach sind mindestens 70 bis 80 Prozent der Sportler absolut sauber. "Ich bin nicht blauäugig. Man weiß ja seit langem, dass es schwarze Schafe auch im Biathlon gibt", sagte Pichler.

Dass der Biathlon-Weltverband IBU gewillt ist, konsequent bei Doping-Vergehen zu handeln, zeigte sie mit der lebenslangen Sperre für Kaisa Varis. "Mit unserer Entscheidung wollen wir ein deutliches und ein klares Signal setzen", sagte IBU-Vizepräsident Alfons Hörmann, der auch Präsident des Deutschen Skiverbandes (DSV) ist. "Ich bin richtig froh über diese Entscheidung. Es ist gut für unseren Sport, dass hart durchgegriffen wird", sagte Damen-Bundestrainer Uwe Müssiggang.

Die IBU-Exekutive setzte sich bei ihrer Entscheidung am Montagabend in Östersund über rechtliche Bedenken hinweg, denn die 32 Jahre alte Finnin Varis war bereits von 2003 bis 2005 wegen EPO-Missbrauchs vom Internationalen Ski-Verband FIS für zwei Jahre aus dem Verkehr gezogen worden. "Nach unserer Rechtsauffassung spielt es keine Rolle, ob sie als IBU-Athletin oder in anderen Bereichen des Sports wegen Dopings gesperrt war. Deswegen ist sie für uns eine Wiederholungstäterin und wird lebenslang gesperrt", stellte Hörmann fest. Doch das letzte Wort in der Angelegenheit scheint noch nicht gesprochen zu sein. Für die Finnin gibt es noch die Möglichkeit des Einspruchs vor dem internationalen Sportgerichtshof CAS.

Spätestens seit dem Olympia-Skandal in Turin, als österreichische Langläufer und Biathleten ins Visier der Doping-Jäger geraten waren, läuft auch im Biathlon der Verdacht mit. Die IBU hat im Anti-Doping-Kampf mobil gemacht, verweist auf den Aufbau ihrer seit mehr als zehn Jahren bestehenden Athleten-Datenbank. Signifikante Schwankungen bei den Blutwerten sollen dann gezielte Dopingkontrollen bei den betroffenen Athleten auslösen.

© sueddeutsche.de//dpa/aum - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: