Berliner Höhenflug hält an:In aller Ruhe

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Hertha BSC spielt fast mit derselben Elf wie in der Vorsaison - aber dennoch wie ausgewechselt. Auch beim 4:0-Sieg in Darmstadt tritt der Abstiegskandidat der letzten Runde wie eine Spitzenmannschaft auf.

Von Christoph Ruf, Darmstadt

Pal Dardai wollte sich nicht lange mit dem 4:0-Sieg bei Darmstadt 98 aufhalten. Man habe unter der Woche eben Freistöße und Zweikämpfe trainiert, um sich auf die robuste Spielweise des Aufsteigers einzustellen, sagte der Berliner Coach, der lieber schon mal auf das Pokalspiel in Nürnberg am kommenden Mittwoch blickte: "Nach so einem Sieg kann man leichter regenerieren, das ist wichtig." Wichtig ist auch die Erkenntnis, dass man dann auf ein Spiel zurückblicken kann, in dem man den Gegner schlicht in allen Bereichen überlegen war. Individuell, spielerisch. Und vor allem in Sachen Cleverness.

"Das war heute sehr lehrreich", bilanzierte Darmstadts Angreifer Sandro Wagner dann auch. "Hertha war einfach besser, auch wenn wir uns in ein, zwei Situationen nicht intelligent angestellt haben." So sah es auch Kollege Marcel Heller: "Es ist schwer gegen Hertha zu spielen, die werden in dieser Saison weit kommen." Tatsächlich ahnten die Darmstädter Fans schon früh, dass es diesmal kein schöner Nachmittag für sie werden würde. Nach einer scharfen Hereingabe von Mitchell Weiser war Doppel-Torschütze Vedad Ibisevic einen Tick vor Sulu am Ball und erzielte die Berliner 1:0-Führung (12.). Bei den "Lilien", die die Partie vorsichtig angegangen waren, löste das zunächst keinen Aktionismus aus, beide Mannschaften tasteten sich weiter ab, lieferten sich aber in den Duellen manches Gerangel.

Entwischt: Vor dem 4:0 umkurvt Berlins Salomon Kalou (l.) Darmstadts Torwart Christian Mathenia. (Foto: Arne Dedert/dpa)

Ein bisschen Schaulaufen nach der Pause

Nach einem dieser Zweikämpfe traf Marvin Plattenhardt mit einem schönen Freistoß zum 2:0 für die Gäste (26.). Darmstadt hatte erst kurz vor Ende des ersten Durchgangs seine ersten beiden guten Möglichkeiten: In der 44. Minute wäre dem Berliner Sebastian Langkamp fast ein Eigentor per Kopf unterlaufen, doch Keeper Rune Jarstein lenkte den Ball noch über die Latte. Der Norweger war kurz darauf erneut zur Stelle, als der ehemalige Herthaner Sandro Wagner einen Kopfball aufs Tor brachte (45.) - ein Strohfeuer, wie sich wenige Minuten nach Wiederanpfiff herausstellen sollte.

Denn im zweiten Durchgang brachte 98 offensiv nichts mehr zustande. Und auf der anderen Seite erzielte Ibisevic mit seinem zweiten Treffer das 0:3 (50.). Wie bereits beim ersten Treffer, als Weiser ungehindert flanken konnte, stellte sich die Darmstädter Defensive ungewohnt schläfrig an: Vor dem Torschuss von Ibisevic konnte John Anthony Brooks einen Eckball in aller Ruhe per Direktabnahme querlegen. Das war wohl eine der Situationen, die Dardai meinte, als er feststellte, dass Hertha derzeit "mit viel mehr Ruhe" spiele und in dem Wissen, in prima Verfassung zu sein, intuitiv vieles richtig mache: "Das ist die gleiche Mannschaft wie letztes Jahr. Und trotzdem sagen die Kollegen jetzt, was für technisch gute Spielzüge wir draufhaben."

Auch beim vierten Berliner Treffer stellten sich die Hessen nicht eben clever an: Fabian Holland verlor das Laufduell gegen Salomon Kalou, der sich nicht zweimal bitten ließ, Keeper Mathenia umkurvte und zum 0:4 einschob (77.). Ein letztes "Schaulaufen" der "fußballerisch starken Berliner", wie Lilien-Coach Dirk Schuster fand. "Aber wenn man ehrlich ist, war das Spiel schon lange vorher entschieden."

© SZ vom 13.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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