Bayern München:Künstler mit Kampfschnitt

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Zwischen Vater und Berater: Im Gerangel der Interessen hat Bastian Schweinsteiger seine Form verloren.

Andreas Burkert

Allzu häufig bekommen die Profis des FC Bayern München in diesen Tagen ihren engsten Vertrauten nicht zu Gesicht, auch am Montagmorgen ruhen die Fußbälle verlassen auf der Trainingswiese des Al Wasl Football Club von Dubai.

Trotz Kritik gut gelaunt: Bastian Schweinsteiger. (Foto: Foto: AP)

Die Nationalspieler aus vieler Herren Länder sind stattdessen damit beschäftigt, ihre Körper die dreizehn steinernen Tribünenränge hinauf zu wuchten, mal auf einem Bein, mal im Sprintschritt; sogar rückwärts müssen sie gegen die Schwerkraft anhopsen.

Auch Bastian Schweinsteiger rinnt bald der Schweiß über seinen neuerdings kurz geschorenen Schopf, aber er lässt sich nichts anmerken. Denn er will sich jetzt wieder besonders viel Mühe geben.

Die Frisur von Bastian Schweinsteiger ist in München häufig ein Thema gewesen, seitdem sich Manager Uli Hoeneß mehrfach über das diskutable Haararrangement des Nationalspielers ereifert hat. Nun sind die blondierten Fransen erst einmal verschwunden, Schweinsteiger hat sich eine Art Kampfschnitt zugelegt, wie ihn Radprofi Jan Ullrich vor dem Start in die Tour de France bevorzugt. "Ich habe gedacht, hier in Dubai sei es heißer", sagt Schweinsteiger verlegen, doch vielleicht steht der Kurzschnitt auch für einen Neuanfang und einen guten Vorsatz: den Kopf frei zu haben.

Zuletzt ist das nicht mehr der Fall gewesen, das gibt er zu und bestätigt damit die Kritik seines Trainers. Felix Magath hatte den Mittelfeldspieler in mehreren Neujahrsansprachen bedacht und recht barsch kundgetan, der Jüngling müsse sich "jetzt endlich Gedanken machen, wie er aus seinem Tal wieder heraus findet".

Der Konflikt mit seinem Berater und die Verpflichtungen bei Werbepartnern seien für Schweinsteigers Formbaisse verantwortlich, findet der Coach. Als Schweinsteiger aus dem Winterurlaub zum Trainingsstart einrückte, präsentierten ihm die Zeitungskasten eine plakative Zusammenfassung: "Magath macht Schweini zur Sau", meinte etwa Bild. Er hat das gleich in der Mannschaftskabine nachgelesen, dort liegen die Zeitungen aus. "Und da dachte ich: ,Na, das ist ja ein guter Start ins neue Jahr!'"

Gesteigerte Begehrlichkeiten

Irgendwie beginnt Bastian Schweinsteiger das WM-Jahr also bei null, dabei ist er erst vor sechs Monaten ziemlich weit oben gewesen. Mit seinem Kölner Kumpel Lukas Podolski verzückte er die Nation beim stimmungsvollen Confed-Cup, beide ließen sich gerne unter ihrem Künstlernamen Poldi & Schweini vereinnahmen. "Für uns war das normal", sagt Schweinsteiger zu den zahlreichen Duoterminen, "das war eben ein gutes Ding für die Medien." Doch irgendwann war selbst dieser schöne Confed-Cup vergessen, und Schweinsteiger verfolgten plötzlich die gesteigerten Begehrlichkeiten jener Menschen, die nun alle teilhaben wollten am Ruhm eines neuen Helden.

"Die Leute haben bei meinen Eltern im Geschäft angerufen, um so an mich ranzukommen." Doch er hatte ja seinen Berater, Roland Grahammer, den früheren Bayern-Profi. Bis Dezember, dann kündigte ihm Schweinsteiger. Seitdem verbindet die beiden nur noch der Kontakt ihrer Anwälte. Bastian Schweinsteiger sagt: "Eigentlich habe ich da schon einen Freund verloren."

Wer nun die reine Wahrheit sagt in diesem Konflikt, das ist nicht einfach herauszufinden; Schweinsteiger jedenfalls meint, er habe "zu oft auf Roland gehört". Vier Werbeverträge besitzt er inzwischen, doch richtig glücklich wirkt der junge Mann aus dem Inntal damit nicht.

Zu viele Verpflichtungen, zu eilige Abschlüsse, deutet er an, "deshalb gebe ich dem Trainer schon recht, die Sache mit dem Berater hat mich schon abgelenkt". Grahammer wiederum lässt wissen, Schweinsteigers dominanter Vater habe seinen Sohn überredet, künftig ihm die Geschäfte zu überlassen. Der Junior weist das zurück, "mein Vater hat mich zu nichts gedrängt, und er wird auch nicht mein neuer Berater, leider werden da eben viele Lügen verbreitet".

Ohne Frage geht es in diesem Streit um viel Geld, schließlich ist Schweini eine echte Marke. 500 Euro hat es gekostet, die Marke rechtlich schützen zu lassen, doch angeblich hatte sich zunächst der Berater Grahammer als Besitzer der Namensrechte eintragen lassen.

Zwar verkauft der Vater nun in seinem Sportgeschäft in Oberaudorf mit gutem Erfolg T-Shirts mit dem Schweini-Aufdruck, doch das Zerwürfnis hat dem Namensgeber gegen Ende der Hinrunde fast mehr zugesetzt als die Verletzungen beim Saisonstart. Schweinsteiger gesteht das ein, er sagt: "Mein Kopf war wirklich nicht ganz frei." Dass Magath oft auf ihn verzichtete, kann er verstehen, "man verlangt jetzt eben was von mir". Schweinsteiger ist erst 21, doch er sieht sich "nicht mehr als jungen Spieler, der mehrere Spiele mit Fehlern machen darf".

Guter Rat vom Manager

Im Trainingslager in Dubai möchte Bastian Schweinsteiger nun damit beginnen, aus seinen Fehlern zu lernen. Den äußerst wirtschaftskundigen Klubmanager wollte er hier gleich nach der Ankunft um Rat fragen, "doch der Herr Hoeneß ist mir dann zuvorgekommen und hat mich von sich aus angesprochen". Schweinsteiger fand das nett. Auch mit Trainer Felix Magath hat er geredet, und nun will er sich auf seinen Job konzentrieren und "vor allem mehr Konstanz in mein Spiel bringen". Und dann dürfen wohl auch die Haare wieder seltsam wachsen.

© SZ vom 10.1.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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