Bayer unterliegt 2:6:Benzinprobleme

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Leverkusens Trainer Roger Schmidt fordert Hingabe vor dem Spiel in Dortmund. Dann sieht er eine Mannschaft, die sechs Gegentore kassiert - und analysiert: "Das war ein Schritt in die richtige Richtung."

Von Felix Meininghaus, Dortmund

38 Minuten waren gespielt, da revidierte Leverkusens Trainer Roger Schmidt zum ersten Mal an diesem Samstag eine nicht unerhebliche Entscheidung, die er vor dem Spiel getroffen hatte. Er stellte schon früh die Aufstellung um, der er im Spitzenspiel bei Borussia Dortmund sein Vertrauen geschenkt hatte. Schmidt stand an der Seitenlinie und holte Charles Aránguiz vom Rasen. Der Chilene, in der vergangenen Woche noch Ersatzmann, war überraschend in die erste Elf gerutscht. Statt des Defensivmanns rotierte Schmidt die torgefährlichen Javier Hernandez und Karim Bellarabi auf die Bank. Zwei Entscheidungen, die er ebenfalls revidieren sollte. Bellarabi kam für eben jenen Aránguiz, Hernandez in Halbzeit zwei. Sie sollten das Spielgeschehen jedoch nicht mehr groß beeinflussen.

Zum Zeitpunkt des Aránguiz-Wechsels lagen die Leverkusener bereits 0:2 hinten. Auch in Dortmund haben sie wieder einmal offenbart, woran es ihnen in diesem Frühjahr besonders mangelt: dem Tempo. Schmidts Mannschaft unterlag in Dortmund 2:6 (0:2) und irrlichtet weiter durch die Saison, während die Borussia nun 32 Bundesliga-Heimspiele in Serie ohne Niederlage ist. Zur großen Überraschung gab Lars Bender nach dem Schlusspfiff zu Protokoll, seine Mannschaft habe "gar kein so schlechtes Spiel gemacht. Aber wir haben es nicht hingekriegt, gegen dieses Tempo zu verteidigen."

Auch Schmidt war "nicht unzufrieden", das 2:6 sei zwar "ein brutales Ergebnis, das weh tut, aber ich kann mit diesem Auftreten besser leben als mit der Leistung bei der Heimniederlage gegen Mainz. Das mag sich komisch anhören, aber das heute war ein Schritt in die richtige Richtung."

Schmidt fordert Hingabe von seinem Team, das dann sechs Gegentore kassiert

Was er von einem Profifußballer verlange, wenn er den Rasen betrete, um ein Pflichtspiel zu bestreiten, hatte Schmidt im Vorfeld der Partie mit deutlichen Worten formuliert. Es gehe darum, die 90 Minuten so zu gestalten, dass "kein einziger Tropfen Benzin mehr im Tank ist", hatte der 49-Jährige gefordert. Hingabe bis zur völligen Erschöpfung, das haben seine wankelmütigen Stars in dieser Saison kaum in ihrem Portfolio, auch deshalb gerät ihr sportlicher Vorgesetzter immer wieder in die Diskussion, die nach dieser Schlappe eine neue Dringlichkeitsstufe erreichen wird.

"Wer's nicht bringt im Spiel und im Training, der kann bei Bayer Leverkusen nicht spielen", betonte Schmidt. Daher saßen offenbar auch Hernandez und Bellarabi wie Julian Brandt auf der Bank. Diese erzieherischen Maßnahmen fruchteten jedoch nicht, die mit viel fußballerischem Talent zusammengestellte Leverkusener Mannschaft hat ganz offensichtlich ein Mentalitätsproblem. Dortmund übernahm vom Anpfiff weg die Initiative, was nahe lag, weil die Spieler in Gelb kaum am Kombinieren gehindert wurden. Bereits in der sechsten Minute profitierte der wieder einmal enorm starke Ousmane Dembélé von einem Fehler von Aránguiz, der seinem Widersacher den Ball mit der Brust maßgerecht servierte. Der Franzose schoss nur noch ein.

Auch danach leistete Bayer kaum Widerstand, Pierre-Emerick Aubameyang erhöhte auf 2:0. Leverkusens erste Chance in Halbzeit zwei führte zum Anschlusstor. Der BVB blieb aber das bessere Team, in der 70. Minute beendete Aubameyang den Dortmunder Chancenwucher mit seinem zweiten Treffer, das muntere Toreschießen ging weiter: Erst traf Wendell für Leverkusen mit einem wunderschönen Freistoß, Pulisic für Dortmund nach einem Konter in Turbogeschwindigkeit, der eingewechselte Schürrle verwandelte einen Foulelfmeter und Raphael Guerreiro schoss das 6:2 kurz vor Schluss. Um Bild von Roger Schmidt zu bleiben: Die Tanknadel der Bayer-Profis dürfte nach diesen 90 Minuten nicht einmal Reserve angezeigt haben.

© SZ vom 05.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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