Bayer-Stürmer Franca:"Now I'm Deutscher"

Lesezeit: 2 min

Leverkusens Brasilianer Franca bekommt nach seinen drei Toren gegen Banik Ostrau viel Lob. Nicht jedoch von Trainer Klaus Augenthaler.

Von Christoph Biermann

Franca schien selbst noch zu tänzeln, als er schon auf dem Weg nach Hause war. Drei Tore hatte der Brasilianer beim 5:0-Sieg über Banik Ostrau geschossen, der Bayer Leverkusen die Qualifikation für die Champions League fast schon sicherte. Das Spiel hatte Erinnerungen an goldenen Nächte von Bayer auf internationaler Bühne geweckt und Franca allem einen besonderen Glanz gegeben. "Manchmal kann ich es selbst nicht glauben, wie glücklich ich inzwischen in Leverkusen bin", sagte er strahlend. Nach einem desolaten ersten Jahr bei Bayer entwickelte sich Franca bereits in der Vorsaison zum neben Michael Ballack besten Vorbereiter der Bundesliga.

Zu seinen 13 Assists kamen 14 Tore, doch nach den Eindrücken dieser Tage scheint der Stürmer im neuen Spieljahr noch stärker zu sein. Bereits gegen Hannover traf er einmal und bereitete ein Tor vor. Seinen persönlichen und den Leistungssprung der ganzen Mannschaft im Vergleich zum Bundesligaauftakt erklärte er mit den Wetter. "Es war zu heiß am Samstag", sagte Franca. Als er gefragt wurde, ob er als Brasilianer nicht an hohe Temperaturen gewöhnt sei, antwortete er in deutsch-englischen Kauderwelsch stolz: "But now I'm Deutscher."

Des Gegners Alptraum

Damit wollte er wohl auch sagen, dass er verstanden hat, wie hierzulande Fußball gespielt wird. Andererseits haben nach einem langen Anlauf in Leverkusen auch alle verstanden, wie sein Spiel funktioniert. "Der Trainer war dabei sehr wichtig", erklärte Franca, "denn er hat mir gesagt, ich solle spielen, wie ich will." So trieb er sich gegen den tschechischen Meister wieder überall im Angriff herum und bildet mit Dimitar Berbatov und Robson Ponte ein Offensivtrio, das jedem Gegner Alpträume bereiten kann. "Ich mag es, wenn alle in Bewegung sind", sagte Franca, "mein Spiel ist sehr intelligent." Endlich scheint sich diese Intelligenz so entfalten zu können, wie früher beim FC Sao Paulo, wo der Stürmer eine lebende Legende ist.

Zu große Euphorie dürfte in der Nachbesprechung der Partie jedoch Klaus Augenthaler bremsen. "Franca war bei Ecken eingeteilt, sein Gegenspieler einen Kopf kleiner und trotzdem ist er frei zum Kopfball gekommen", maulte der Trainer und machte aus dem Matchwinner einen potenziellen Verlierer. Andererseits waren damit die heiklen Situationen angesprochen, in denen Ostrau hätte ausgleichen oder gar in Führung gehen können. Doch Augenthaler kritisiert seine Spieler gerne dann, wenn alle anderen applaudieren, dafür lobt er sie auch mal, wenn alle pfeifen.

Davon profitierte Paul Freier, der wie schon gegen Hannover mutlos und ohne Glück spielte. Schon früh maulten die Zuschauer über seine Zaghaftigkeit und später pfiffen sie ihn aus. "Er hat seinen Gegenspieler müde gearbeitet", behauptete Augenthaler hingegen, ohne mit der Wimper zu zucken. Davon hätte, so argumentierte er, auch der für Freier eingewechselte Jacek Krzynowek profitiert, der das 3:0 vorbereitete und einmal an die Latte schoss. "Freier setzt sich aber zu sehr unter Druck", meinte Augenthaler, "es hat an ihm genagt, dass er von Peter Neururer an die Wand genagelt worden ist." Der Trainer des VfL Bochum hatte Ende vergangener Saison angekündigt, Paul Freier auch dann nicht mehr einsetzen zu wollen, wenn er nicht nach Leverkusen wechselt.

Diese Diskussion kann am Sonntag im Ruhrstadion direkt weitergeführt werden, wenn Bayer und sein Sorgenkind beim VfL Bochum antreten, gegen den sie in den letzten beiden Jahren keinen Punkt holen konnten. Bis dahin dürften sich auch die Aussichten auf schöne Stunden wieder ein wenig verflüchtigt haben, von denen Jens Nowotny am Mittwochabend noch träumte. "Nach so einem Spiel denkt man schon einmal wieder an Real Madrid", sagte der Mannschaftskapitän noch vorsichtig. Doch träumen ist in Leverkusen inzwischen wieder erlaubt.

© Süddeutsche Zeitung vom 13.8.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: