Playoff-Halbfinale:Spuk im Kopf

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Kontrolle unterm Korb: Der Bamberger Nikolaos Zisis (links) spielt den Ball an den Münchnern Reggie Redding (Mitte) und Maik Zirbes vorbei. (Foto: Daniel Löb/dpa)

Mit einer bemerkenswert souveränen Vorstellung bezwingen Bambergs Basketballer im ersten Halbfinale der BBL einen erstaunlich hilflosen FC Bayern.

Von Joachim Mölter, Bamberg

Die Zuschauer, die am Sonntagnachmittag zeitig genug in die Bamberger Arena gekommen waren, trauten ihren Augen kaum: Elias Harris wärmte sich auf, der Kapitän des deutschen Basketball-Meisters Brose Bamberg. Harris hatte wegen Problemen im linken Knie fast ein halbes Jahr ausgesetzt, kaum einer hatte geglaubt, dass er in dieser Saison noch auflaufen würde. Und dann meldete sich der 27-Jährige für das erste Spiel der Halbfinalserie gegen den FC Bayern München wieder einsatzbereit. Große Impulse waren von dem 2,03-Meter-Mann mangels Spielpraxis nicht zu erwarten, aber er bescherte seinem Trainer Andrea Trinchieri immerhin einen weiteren großen Körper, den er den Münchnern entgegenstellen konnte. Oder im Basketball-Denken ausgedrückt: fünf Fouls, die Bambergs große Männer nicht begehen mussten, um ihre Münchner Kontrahenten vom Korb fernzuhalten. Die große Bayern-Garde ist ja allseits gefürchtet in der Basketball-Bundesliga.

Bambergs Kapitän Elias Harris bekommt einen Sonderapplaus

Elias Harris bekam Sonderapplaus bei der Vorstellung der Teams und auch, als er Mitte des ersten Viertels eingewechselt wurde. Aber sein insgesamt fünfeinhalbminütiges Mitwirken wäre wohl gar nicht nötig gewesen an diesem Tag. Seine Kollegen sorgten auch so für einen unerwartet souveränen und deutlichen Sieg, 82:59 (45:23), und gingen damit in der Best-of-five-Serie 1:0 in Führung. "Wenn wir glauben, wir hätten mehr getan, als ein Spiel zu gewinnen, machen wir einen Fehler", mahnte Trainer Trinchieri danach. Die Demonstration der Stärke solle man nicht überbewerten, assistierte Harris: "Das hat nichts zu bedeuten, das war nur der erste Sieg." Zwei müssen noch folgen, um erneut ins Finale einzuziehen.

Angeführt von Fabien Causeur (16 Punkte), Maodo Lo (13), Nikolaos Zisis (12) und Darius Miller (11) hatten Bambergs Basketballer die FC-Bayern-Profis von Anfang an erstaunlich gut im Griff. Es dauerte fünf Minuten, ehe die Münchner zu ihrem ersten Punkt kamen, per Freiwurf zum 1:12 ihres letztlich erfolgreichsten Werfers Devin Booker (insgesamt 15 Zähler), und weitere drei, ehe Maxi Kleber erstmals aus dem Spiel heraus traf, zum 4:19. Bamberg kam noch vor der Pause zu einem deutlichen Vorsprung (38:15/18.) und brachte Bayern-Trainer Aleksandar Djordjevic zu dem Fazit: "So wie wir in der ersten Halbzeit kann man nicht ernsthaft auftreten. Manchmal musst du mehr bieten als physische Präsenz, zum Beispiel Stolz."

Dass die Bamberger so deutlich obsiegen würden, war nicht zu erwarten gewesen; die Historie dieses Duells hatte auf ganz anderes hingedeutet. Seit ihrer Rückkehr in die Bundesliga 2011 waren die Basketballer des FC Bayern München dreimal in den Playoffs auf Bamberg getroffen, und zweimal war ihnen das Kunststück gelungen, das erste Spiel der Best-of-five-Serie bei den heimstarken Franken zu gewinnen: 98:85 im Halbfinale 2013 und 84:73 im Finale 2015. Die Münchner hatten dann freilich jeweils die nächsten Partien in eigener Halle verloren und letztlich die gesamten Serien mit 2:3 Siegen. Nur in der vergangenen Saison waren die Profis des FC Bayern vollkommen chancenlos gewesen gegen Bamberg, da unterlagen sie im Halbfinale 0:3.

Djordjevic muss seine Spieler nun bis zum Donnerstag aufbauen

Als Aleksandar Djordjevic im Sommer sein Traineramt in München antrat, als Nachfolger seines Mentors Svetislav Pesic, hat er bald gemerkt, dass die Überlegenheit der Basketballer aus Bamberg noch in den Köpfen der Münchner Bayern herumspukt. Die bösen Geister auszutreiben, sieht er als seine wichtigste Aufgabe. Und er schien bis zuletzt auch gut damit voranzukommen - nach einer weiteren deutlichen Niederlage in der Hinrunde der Bundesliga (59:90) gestalteten die FC-Bayern-Basketballer das Pokalfinale im Februar jedenfalls schon knapper (71:74) und bogen die Kurve schließlich um mit ihrem 67:59-Heimsieg in der Rückrunde. Die Gewissheit, die Bamberger besiegen zu können, hatten sie zwar, aber die haben sie offenbar verloren auf der Anreise nach Franken. Geschäftsführer Marko Pesic stellte jedenfalls fest: "Wir sind mit viel zu viel Respekt ins Spiel gegangen."

Trainer Djordjevic hat nun bis zum Donnerstag Zeit, die Eindrücke der neuerlichen Niederlage aus den Köpfen seiner Spieler zu vertreiben, auch den Respekt, die bösen Geister. Dann findet in München die zweite Partie statt. "Ich erwarte eine Reaktion von meinen Spielern", hat er am Sonntag noch gesagt. Das tun freilich auch die Bamberger. "Es gibt keine leichten Spiele in den Playoffs, schon gar nicht in München", sagt Brose-Kapitän Harris, er fügte an: "Es wird am Donnerstag sicher zur Sache gehen."

© SZ vom 22.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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