Baden-Derby:Wasserwerfer am Stadion

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Freude an der Seitenlinie: Stuttgarts Trainer Hannes Wolf, Co-Trainer Miguel Moreira und Ersatzspieler Daniel Ginczek bejubeln ein VfB-Tor im baden-württembergischen Derby in Karlsruhe. (Foto: Baumann/Imago)

Der VfB Stuttgart gewinnt beim Karlsruher SC 3:1 - die befürchtete Randale der verfeindeten Fans bleibt aus.

Von Christoph Ruf, Karlsruhe

Karlsruhes Profis hatten sich am Samstag mit einem gemeinsamem Fernsehabend auf ein Spiel eingestimmt, das für ihre Fans das wichtigste der Hinrunde war. 90 Minuten Dortmund gegen Schalke, so der Plan von KSC-Coach Tomas Oral, sollten atmosphärisch eine gute Einstimmung auf das Derby gegen den VfB Stuttgart sein, das zuvor vor allem unter Sicherheitsaspekten diskutiert worden war.

Worum es beim Südwest-Derby aus ihrer Sicht ging, verdeutlichten die Karlsruher Fans mit einem Transparent, das sich nicht mal im südwestdeutschen Idiom halbwegs reimt: "Wir auf den Rängen und ihr auf dem Rasen - das Schlachtfeld heute als Sieger verlassen." Aus der Gästekurve kam die Antwort in Form von Böllern und roten Nebelschwaden. Und dann ertönte endlich der Anpfiff zum 45. Derby zwischen den beiden Mannschaften - dem ersten, das nicht in der ersten Liga stattfand. Es sollte ein spannendes, umkämpftes, aber faires Spiel werden, das Stuttgart am Ende verdient 3:1 gewann. Die VfB-Fans hissten schon vor dem Anpfiff ein großes Transparent mit der Aufschrift "Derbysieger". Wie es kommen würde, hatten sie offenbar bereits vorher geahnt.

Dabei waren beim VfB die beiden prominentesten Angreifer, Simon Terodde und Daniel Ginczek, zunächst auf der Bank geblieben. Für die frühe VfB-Führung reichte es allerdings auch ohne die beiden Stürmer. Nach einer weiten Flanke von Berkay Özcan legte der starke Carlos Mané den Ball auf Takuma Asano ab, der KSC-Keeper Dirk Orlishausen zum Stuttgarter 1:0 überwand (10.). Karlsruhe hatte hingegen nur zwei halbe Chancen durch Hiroki Yamada und Erwin Hoffer (15./27.). Doch auch wenn der KSC optisch einigermaßen mithielt und sich in Sachen Einsatzbereitschaft nichts vorzuwerfen hatte - dass da ein spielerisch außergewöhnlich starkes Zweitligateam gegen eine durchschnittliche Zweitliga-Mannschaft mit einem etwa ein Drittel so großen Etat spielte, war nicht zu übersehen. Geradezu folgerichtig köpfte Terodde unmittelbar nach seiner Einwechslung den zweiten Stuttgarter Treffer, ehe Karlsruhes Moritz Stoppelkamp per Handelfmeter auf 1:2 verkürzte (51.). Doch auch danach hatte der VfB die besseren Torgelegenheiten durch Christian Gentner (65.) und Asano (67.). "Wir waren in der zweiten Halbzeit, denke ich, überlegen und hatten ein paar gute Möglichkeiten auf 3:1 zu gehen", sagte VfB-Trainer Hannes Wolf. Das erledigte dann Alexandru Maxim in der 86. Minute.

Mit Ausnahme kleinerer Zwischenfälle geht das Konzept der strikten Fan-Trennung auf

Nach dem Schlusspfiff begann für 1000 Landes- und 350 Bundespolizisten sowie 600 Ordner der zweite Teil eines Arbeitstages, bei dem die Sicherheitskräfte vor dem Anpfiff größere Zusammenstöße vermeiden konnten. Das Konzept der Karlsruher Polizei, das auf eine strikte Fan-Trennung gesetzt hatte, war bis dato bis auf kleinere Zwischenfälle aufgegangen. Um 12 Uhr, eineinhalb Stunden vor Anpfiff, konnte der Stuttgarter Mannschaftsbus geschützt von der Polizei vor der Haupttribüne vorfahren. Zuvor hatten die Karlsruher Ultras einen gemeinsamen Marsch zum Stadion angetreten, bei der Ankunft am Stadion wurde eine Puppe des Stuttgarter Maskottchens, ein Krokodil namens Fritzle, verbrannt. Derby-Folklore für die einen, ein Ärgernis für die anderen, fraglos aber nichts, das die Befürchtungen im Vorfeld bestätigt hätte.

Derbys wie Dortmund gegen Schalke oder Karlsruhe gegen Stuttgart haben auch mit dem Markieren von Territorien zu tun. So zierten Graffitis beider Klubs die A5 zwischen Stuttgart und Karlsruhe, in Karlsruhe wurden Straßenbahnen mit Slogans wie "Anti KA" beschmiert. Am Spieltag selbst standen mehrere Hundertschaften sowie ein Wasserwerfer auf dem für den Verkehr gesperrten vierspurigen Adenauerring, der am Stadion vorbeiführt. Darüber zu spekulieren, was passiert wäre, wenn weniger Sicherheitskräfte zusammengezogen worden wären, ist müßig. Als Zwischenfazit konnten die Verantwortlichen gut eine Stunde nach Schlusspfiff jedenfalls mitteilen: "Alles ruhig."

Und während Oral bei allem Ärger über das Ergebnis noch wie elektrisiert von der Atmosphäre wirkte, sagte Wolf: "Ich bin glücklich über den Sieg, auch weil er den Menschen in Stuttgart so viel bedeutet."

© SZ vom 31.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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