Aus der WM-Elf gekickt:"Für mich ist eine Welt zusammengebrochen"

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Kevin Kuranyi sucht den direkten Kontakt zum Fan: Er blogt. Logisch, dass der aus der WM-Elf sortierte Stürmer in die Tasten haute - und seinen Schmerz kund tat.

Oliver Das Gupta

Es gibt Menschen, die halten Kevin Kuranyi für arrogant. Weil sein Bärtchen in Linien sein Gesicht ziert. Weil er für Werbung sein hübsches, kantiges Köpfchen vor die Kamera hält. Und weil er in jungen Jahren deutscher Nationalspieler geworden ist, obwohl er in Brasilien zu Welt kam - aber leider nicht wie ein Brasilianer spielt.

Menschen, die so über den stürmenden jungen Mann denken, sollten einen Blick auf seinen Blog werfen. Fünf Lese-Minuten dürften reichen, ist ganz und gar nicht arrogant, im Gegenteil: Er kommuniziert mit dem Fan direkt, berichtet von "Geheimtreffen" mit dem Bundestrainer, wie ein Lausbub seinem besten Kumpel vom Kirschenklau in Nachbarsgarten erzählt.

Kevin Kuranyi ist also ein ganz Lieber. Vielleicht zu lieb für die harte Welt des Welt-Fußballs. So oder so ähnlich sahen es offenbar Jürgen Klinsmann samt Hofstaat - und ersetzten den Schalker durch den Dortmunder Odonkor.

Die virtuelle Reaktion Kuranyis ließ nicht lange auch sich warten: Einen Tag nach der Nicht-Nominierung haute der gekickte Kevin in die Tasten: Durch das "WM-Aus" sei für ihn "eine Welt zusammengebrochen." Denn "mit der Streichung aus dem Kader habe ich nie und nimmer gerechnet."

Er sei "sprachlos", schreibt der gekickte Kicker, "zutiefst enttäuscht" und werde "nun einige schlaflose Nächte haben".

Immer wieder habe er sich die Frage gestellt: "Warum ausgerechnet ich? Warum darf ich nicht dabei sein bei diesem einmaligen Ereignis?"

Anders als Kuranyi, hatte sich der Bremer Patrick Owomoyela schon darauf eingestellt, während der WM nicht auf dem Platz zu stehen. "Das hilft mir, mit der Nichtnominierung umzugehen. Ich werde deshalb bestimmt nicht zum Alkoholiker." Zwar sei die Enttäuschung "riesengroß", "sauer" sei er aber nicht auf den Trainerstab.

Manuel Friedrich vom FSV Mainz 05, der dritte deutsche "WM-Verlierer" reagierte mit einem sachlichen, weil emotionsarmen Statement: "Aufgrund meiner konstant guten Leistungen habe ich mir Hoffnungen auf eine Nominierung gemacht. Ich akzeptiere aber die Entscheidung des Bundestrainers, wünsche unserer Nationalmannschaft viel Erfolg bei der WM und stehe bereit, falls ich gebraucht werde." O-Ton Friedrich Ende. Auch eine Art, mit der bitteren Kunde umzugehen.

Doch nicht nur in Deutschland, sondern auch in Japan, Polen und Argentinien gab es WM-Verlierer.

Vor allem Bayern-Profi Demichelis ist untröstlich. Der Argentinier zeigte sich tief enttäuscht: "Es ist nicht nur, dass ich keine Lust mehr zum Spielen habe. Ich habe keine Lust mehr zum Leben", sagte der 25-Jährige der mit seinem Münchner Verein vor wenigen Tagen noch die deutsche Meisterschaft feierte.

Hass von der Tochter

Schockiert zeigte sich der polnische Nationaltorwart Jerzy Dudek, der nach eigenen Angaben nicht von Trainer Janas selbst informiert wurde, dass er im WM-Aufgebot fehlt: "Es kommt mir die ganze Zeit so vor, als sei das ein Aprilscherz. Ich habe Janas eine SMS geschickt. Ich will, dass er weiß, dass ich es schade finde, von seiner Entscheidung aus dem Fernsehen und nicht von ihm selbst zu erfahren."

Der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi hat sein Mitgefühl für das schwere Los des Fußball-Nationaltrainers Zico gezeigt. Nach Zicos Bekanntgabe seines Kaders für die Fußball-WM und der überraschenden Entscheidung, Stürmer Tasuhiko Kubo nicht mit nach Deutschland zu nehmen, sagte Koizumi einem Pressebericht zufolge: "Trainer Zico muss die Auswahl der Mannschaftsaufstellung schwer gefallen sein."

Werniger diplomatisch äußerte sich die Tochter des Kickers: Sie "hasse Zico" für seine Entscheidung, wütete das Mädchen.

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