Der Name Diego Contento hört sich nicht unbedingt bayerisch an, so viel ist klar. Die Person dahinter ist aber ein echter Bayer. Contento wurde in München geboren und ging im Alter von fünf Jahren zum FC Bayern - ehe er den Verein im vorigen Sommer nach 19 Spielzeiten verließ, um ins französische Exil zu wechseln. Knapp 1000 Kilometer von der Heimat entfernt, nach Bordeaux. Für den dort ansässigen Fußballverein Girondins schnürt Diego Contento mittlerweile seine Schuhe.
"München ist ein Teil meines Herzens und wird es immer bleiben", sagt der 25-Jährige, wenn er auf seine Heimat angesprochen wird: "Natürlich vermisse ich München." Vor allem seinen Verein, mit dem er 2013 das Triple gewinnen konnte. "Es ist mir nicht leicht gefallen, den FC Bayern zu verlassen", gibt Contento zu.
Bei der Wechsel-Entscheidung siegte wohl letztlich der Kopf über den Bauch. Die Chance auf regelmäßige Einsätze gab den Ausschlag. Mittlerweile hat der Außenverteidiger aber auch seine neue Wahlheimat Bordeaux ins Herz geschlossen. Er habe sich sehr schnell eingelebt, erzählt er. Die Stadt sei schön, die Atmosphäre gut, und die Leute seien freundlich. Parallelen zu München, wie Contento feststellt.
Willy Sagnol lotst Contento nach Bordeaux
In Trainer Willy Sagnol gibt es auch an der fernen Atlantikküste eine große Bezugsperson für den 25-Jährigen. Wie Contento spielte Sagnol einst lange in München; wie Contento war auch Sagnol auf der Position des Außenverteidigers beheimatet. Nach Stationen beim französischen Verband trainiert Sagnol seit Sommer 2014 Girondins Bordeaux. Gleich in seiner ersten Transferperiode lotste er Contento für eine Million Euro von der Isar an die Garonne. "Der Trainer hat bei meiner Entscheidung hierher zu kommen eine sehr große Rolle gespielt", sagt Contento, "er hat mir Vertrauen geschenkt und mir gesagt, dass ich spielen werde."
Dieses Versprechen hielt Sagnol. Und Contento zahlte zurück. "Mit meinen sportlichen Leistungen bin ich bisher sehr zufrieden", sagt er, auch wenn natürlich noch etwas Luft nach oben ist. In seiner ersten Saison bei Bordeaux war Contento Stammspieler auf der linken Abwehrseite und trug seinen Teil dazu bei, dass es ein erfolgreiches Jahr wurde. Girondins qualifizierte sich als Sechster der französischen Liga für die Europa League.
Dort gibt es gleich zum Auftakt ein Highlight. An diesem Donnerstag ist der FC Liverpool zu Gast in Bordeaux. Darüber hinaus wurden Rubin Kasan und der FC Sion in die Gruppe von Girondins gelost. Contento hält sie für machbar. "Schaun mer mal, was am Ende dabei rauskommt", sagt er und man hört sofort, dass Contento aus der Heimatstadt von Franz Beckenbauer stammt. In der Meisterschaft, der Ligue 1, ist das Ziel für die neue Saison dagegen präziser formuliert: die erneute Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb soll es werden.
Dort, auf europäischer Ebene, war Contento in seiner Zeit beim FC Bayern Stammgast. In den fünf Spielzeiten, in denen er für die Profis des deutschen Rekord- meisters aktiv war, stand Contento drei Mal im Finale der Königsklasse. Beim "Finale dahoam" 2012 durfte er durchspielen - jubeln am Ende jedoch nicht. Das blieb den Spielern des FC Chelsea vorbehalten, die im Elfmeterschießen das bessere Ende für sich hatten. Trotzdem gab es für Contento Gelegenheiten, um im roten Trikot zu feiern. Der 25-Jährige holte mit dem FC Bayern zwei Doubles und ein Triple, ehe er sich nach Frankreich aufmachte. Dort ist Contento mit einer anderen Art des Fußballspielens konfrontiert. "Hier wird sehr intensiv und mit großem läuferischen Einsatz gespielt", erklärt er, "während in Deutschland mehr taktiert wird."
Trotz seiner südländischen Wurzeln vermisst der 25-Jährige den Winter in München
Derzeit ist Contento vollauf zufrieden mit dem laufbetonten Spielstil in Frankreich. Anscheinend gefiel ihm aber auch der taktisch geprägte Kick. "Es wäre natürlich schön, irgendwann mal wieder in der Bundesliga spielen zu können", sagt Contento. Erst einmal gehe es aber darum, so viele Spiele wie möglich für Girondins zu machen. Macht er diese auch noch gut, so ergibt sich vielleicht sogar mal die Perspektive auf eine Nationalmannschaftskarriere. Für die deutsche U20-Auswahl war Contento bereits aktiv, er absolvierte vier Partien. Als Doppelstaatsbürger wären aber auch Einsätze für Italien möglich. "Ich würde mich über beides freuen", sagt Contento diplomatisch, dessen Familie ursprünglich aus Neapel stammt. Grund genug, den Sohn nach Diego Armando Maradona zu nennen, dem größten Idol der Stadt. Dazu passt, dass Contento seinen argentinischen Namensgeber als Idol bezeichnet.
Dies ist wohl Pflicht, wenn auch nur eine Prise neapolitanisches Blut durch die Adern fließt. Auf seiner Position in der Verteidigung begeisterte sich der junge Contento hingegen eher für Paolo Maldini. Die fußballerischen Vorlieben des Diego Contento liegen also im südländischen Raum, hinsichtlich des Wetters hält er es aber doch nordisch. "Im letzten Jahr habe ich den Winter und den Schnee etwas vermisst", erzählt er. Nur gut für ihn, dass die französische Ligue 1 eine knapp dreiwöchige Weihnachtspause einlegt. Ein ausgiebiger Besuch in der Münchner Heimat sollte dabei möglich sein.