American Football:Ein Sport am Tropf

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Die NFL Europa macht wieder Verluste in zweistelliger Millionenhöhe. Wie lange die amerikanischen Geldgeber sich die roten Zahlen noch gefallen lassen, ist ungewiss.

Lars Spannagel

Manchmal nimmt der Kampf um neue Mitglieder für die American-Football-Gemeinde bizarre Formen an. Auf der Homepage der NFL Europa, dem Ableger der amerikanischen Profiliga NFL, wird die Zeichensprache der Schiedsrichter von Prominenten vorgeführt: Rudi Assauer demonstriert mit Zigarre im Mundwinkel, wie ein Illegal Forward Pass angezeigt wird, Costa Cordalis zeigt schelmisch grinsend das Zeichen für Tripping. Selbst Reiner Calmund hat sich in den Schiedsrichter-Dress gezwängt.

Immerhin 600.000 Zuschauer kamen in dieser Saison zu den Spielen der NFL Europa, wie hier zur Begegnung Amsterdam Admirals gegen Hamburg Sea Devils. (Foto: Foto: AP)

Mit dem World Bowl genannten Finale am Samstag zwischen Frankfurt Galaxy und Hamburg Sea Devils (Commerzbank-Arena Frankfurt, 19 Uhr) endet eine weitere Saison, an deren Ende ein stattliches Minus steht. Die NFL Europa, bis zum Sommer 2006 noch NFL Europe genannt, hat in den vergangenen Jahren jeweils einen Verlust von rund 30 Millionen Dollar eingefahren, der von der amerikanischen Mutterliga aufgefangen wird. Die Liga macht aus der Misere kein Geheimnis. "Das wird dieses Jahr sicher nicht sehr viel anders sein, halbiert haben wir den Verlust bestimmt nicht", gibt Ligasprecher Maik Matischak freimütig zu. Auch die Konzentration auf den deutschen Markt - mit den Amsterdam Admirals ist nur noch eine der sechs Mannschaften außerhalb von Deutschland angesiedelt - hat der Liga nicht zur finanziellen Wende verholfen.

Die NFL Europa ist völlig abhängig von ihrer amerikanischen Mutter. Die lässt sich ihre Entwicklungshilfe in Sachen Football einiges kosten. Die Frage ist nur: wie lange noch? Die 32 NFL-Bosse in den USA haben einem Geschäftsplan bis zum Jahr 2010 zugestimmt, in Stein gemeißelt ist allerdings nichts. "Wenn sie nicht mehr wollen, dann wollen sie nicht mehr", sagt Matischak. Damit genau das nicht passiert, muss sich die Liga etwas einfallen lassen. Als schlechtes Zeichen gilt, dass NFL-Geschäftsführer Roger Goodell nicht nach Frankfurt zum World Bowl anreisen wird.

Uwe Bergheim, der die NFL Europa vor Beginn der Saison als Geschäftsführer übernahm, hat einen Plan ausgearbeitet, über den zurzeit in der NFL-Zentrale in New York diskutiert wird. Angedacht ist, die Liga aufzustocken und somit die kurze Saison zu verlängern. "Zehn Spieltage in drei Monaten sind natürlich viel zu wenig", sagt Maik Matischak. In rund vier Wochen werden die NFL-Bosse über die Zukunft der Tochterliga entscheiden.

Ein Grund für das mögliche Scheitern ist, dass die Identifikation mit den Teams schwerfällt, müssen sich doch die Fans jedes Jahr auf neue Gesichter, Trikotnummern und Stars einstellen. Die Mannschaften werden jede Saison aufs Neue zusammengestellt. Jetzt will man versuchen, über das gesamte Jahr in der deutschen Öffentlichkeit präsent zu sein.

Meat Loaf wird singen, 200 Cheerleader werden tanzen

Zu diesem Zweck wurde im Herbst das "Player Continuity Program" vorgestellt. Jede Mannschaft bekam zwei Spieler zugeteilt, die nicht wie ihre Kollegen nur für drei Monate in Frankfurt, Berlin oder Düsseldorf leben sollen, sondern das ganze Jahr über. In dieser Zeit sollen sie beispielsweise an Schulen für American Football werben und so den Mannschaften ein dauerhaftes Gesicht geben. Künftig soll jedes Team vier bis sechs "Continuity Players" stellen.

Trotz der misslichen Lage gibt sich die NFL Europa offiziell hochzufrieden mit dieser Spielzeit. "Es war eine sehr erfolgreiche Saison, wir haben unseren Zuschauerschnitt auf über 20.000 gesteigert, über 600.000 Leute sind in die Stadien gekommen", schwärmt Maik Matischak. Der World Bowl am Samstag zwischen Frankfurt Galaxy und den Hamburg Sea Devils wird vielleicht sogar ausverkauft sein.

Vor dem Kick-off des Spiels wird der Rocker Meat Loaf singen, 200 Cheerleader werden dazu tanzen. In der Halbzeitpause gibt es einen Weltrekordversuch im Golf-Schnellabschlag zu sehen, auf die Siegerehrung folgt eine Motocross-Show.

Ob diese Showelemente dabei helfen, den Sport American Football in Europa zu etablieren, ist zu bezweifeln.

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