America's Cup:"Gier, Gier, nochmals Gier"

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Zum 13. Mal berichtet America's-Cup-Veteran Bob Fisher über den größten Wettkampf im Segeln. Im Interview spricht der englische Journalist über die Kommerzialisierung des Sports - und wie er daran leidet.

Ingo Petz

Bob Fisher, 72, Spitzname ,,Fish'', ist eine Legende im America´s-Cup-Zirkus. Der Engländer berichtet seit 1967 vom Kampf um die älteste Sporttrophäe der Welt. In Valencia ist er bei seinem 13.Cup dabei und schreibt für den Guardian und den Observer. Zudem ist er Verfasser einer zweibändigen Geschichte der berühmtesten Regatta der Welt. Von dem, was er in Valencia sieht, und von der Entwicklung des Cups ist Fisher, selbst begeisterter und fähiger Segler, zutiefst entäuscht.

SZ: Herr Fisher, schon wieder wurden am Donnerstag die Wettfahrten abgesagt. Von den geplanten 18 Renntagen konnten lediglich sieben stattfinden. Ist Valencia der richtige Austragungsort?

Fisher: Nein. Das America's-Cup-Management hat uns stabile Windverhältnisse für Valencia versprochen. Und nun das. So wird der Sport zur Lachnummer. Ich verstehe, dass wir gerade wohl eine außergewöhnliche Wettersituation haben. Doch gilt der April in Valencia per se als etwas unsicherer Monat. Wenn man ganz sicher hätte gehen wollen, hätte man den Cup entweder später starten lassen müssen - oder an einem anderen Ort.

SZ: Bei einem späteren Start wäre sich das America's-Cup-Finale mit der Tour de France als starkem TV-Ereignis ins Gehege gekommen.

Fisher: Zur Hölle mit der Tour de France. Bei einem attraktiven Finale hätte Segeln seine Zuschauer gehabt.

SZ: Wo hätte der Cup ihrer Meinung nach stattfinden sollen?

Fisher: In Cascais vor Lissabon. Das wäre die ehrlichere Wahl gewesen. Da gab es die ganze Zeit Wind.

SZ: Warum wurde Valencia gewählt?

Fi sher: Ich glaube, weil dem Cup-Management hier mehr Geld für den Bau der Infrastruktur zugesichert wurde.

SZ: Der Cup ist eben ein großes Event geworden.

Fisher: Natürlich, aber er war früher viel offener als heute. Du konntest mit den Seglern reden, wo immer du wolltest. Die Abschottung begann erst mit der Geheimniskrämerei, die heute um die Design-Kunststücke gemacht wird. Und eine neue Stufe dieser Abschottung erleben wir in Valencia. Das nennt man wohl Professionalisierung.

SZ: Wie sind Sie eigentlich zum America's Cup gekommen?

Fisher: Damals bin ich selber gesegelt, und ich hatte gerade eine Regatta gewonnen. Mein damaliger Sponsor wollte mir ein Geschenk machen, und ich sagte ihm: Schick mich sofort nach Newport zum America´s Cup. Das war 1967, damals habe ich zum ersten Mal über den Cup geschrieben.

SZ: Sie sind nicht beim Cup gesegelt?

Werbefläche voraus: America's Cup vor Valencia. (Foto: Foto: AFP)

Fisher: Nein. Als ich ein guter Segler war, wurde niemand fürs Segeln bezahlt. Ich hatte eine junge Familie und musste irgendwie Geld verdienen. Segeln war ein Hobby.

SZ: An welchen Cup erinnern Sie sich besonders gern?

Fisher: 1983, als der Cup nach 132 Jahren erstmals den New Yorker Yacht Club verließ und nach Australien ging. Es ist die Cup-Regatta, die ich als großen Schatz in meiner Erinnerung hüte. Ich war auf einem Boot und beobachtete, wie das Team Australia II gegen die Liberty von Dennis Conner aus einem Rückstand von 57 Sekunden einen Vorsprung von einer 1:20 Minute machte und den Sieg holte.

SZ: Bedauern Sie die Entwicklung, die der America's Cup gemacht hat?

Fisher: Ja, denn alles dreht sich um Marken und Sponsoren. Rational verstehe ich schon, dass diese Entwicklung unausweichlich war. Denn wer kann sich heute noch leisten, eine so teure Herausforderung aufzubauen? Ernesto Bertarelli von Alinghi oder Larry Ellison von BMW Oracle vielleicht. Aber sonst doch niemand. Allerdings, da bin ich mir sicher, könnte man den Cup viel, viel günstiger austragen. Man braucht den ganzen Rummel nicht.

SZ: Sie sind verbittert.

Fisher: Nein, ich bin enttäuscht. Der Cup wird von Gier, Gier und nochmals Gier bestimmt. Er war mal ein Segel-Ereignis. Das ist er nicht mehr. Nun ist er irgendein Sport-Ereignis. Man muss sich nur die Segler anschauen. In ihren mit Marken bestickten Anzügen sehen sie fast aus wie die Formel-1-Fahrer. Wir brauchen hier bald wahrscheinlich einen Bernie Ecclestone.

SZ: Sie sind aber dennoch hier.

Fisher: Ja, denn ich bin immer noch fasziniert vom Cup, weil er ein Krieg der Segeltechnologie ist, weil er ein Kampf zwischen zwei Männern und zwischen Teams ist. Das trifft alles immer noch zu, aber es könnte noch viel schöner sein, wenn das Segeln nur wieder im Vordergrund stünde. Denn darum ging es: Zwei Yacht-Clubs, keine Nationen, kämpfen im Match Race um den Cup. So einfach und wunderbar könnte das sein.

SZ: Leiden Sie?

Fisher: Ja, ich leide. Es ist, als habe man dir deine Geliebte weggenommen und du hoffst, dass sie wiederkommt. Deswegen kann ich mich nicht vom Cup verabschieden. Ich bin süchtig danach. Ich werde deshalb auch beim nächsten Mal dabei sein. Wenn ich noch lebe.

© SZ vom 4.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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