Amateursport:Angst statt Asyl

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Ansbachs Volleyballer Mohammad Jafari (rechts) kämpft gegen die Abschiebung. (Foto: oh)

Der TSV Ansbach, der für sein Integrationsprojekt schon von Bundeskanzlerin Merkel gelobt wurde, kämpft gegen die Abschiebung des Volleyballers Mohammad Jafari. Dem droht die Rückkehr nach Afghanistan.

Von Sandra Mooshammer

Das Shirt mit dem Logo des FC Bayern auf der Brust trägt Mohammad Jafari nicht zum ersten Mal. Man sieht es auch in einem Beitrag, den das Franken Fernsehen über ihn gedreht hat. Oder auf einem Foto in der Fränkischen Landeszeitung, da ist der junge Flüchtling mit seinem Volleyballteam zu sehen. In den letzten Wochen hat Mohammad Interviews gegeben, für Fotos posiert, vom BR bis zu lokalen Onlineportalen berichteten sie über ihn. Ein bisschen zu viel sei ihm der Rummel schon, sagt seine Trainerin Uschi Strebel. Mohammad sagt, er finde es okay. "Vielleicht hilft es, dass ich nicht abgeschoben werde."

Es gefällt ihm in Deutschland. Mit 14 floh der Afghane allein aus seiner Heimatstadt Ghazni nach Deutschland. In Ansbach kam er unter. Dort machte er Deutschkurse, Praktika, absolviert gerade eine Einstiegsqualifizierung in einer Autowerkstatt, wo er ab September eine Ausbildung beginnen könnte. Und er spielt Volleyball. Seit 2015 bietet der TSV 1860 Ansbach Volleyball für Flüchtlinge an, erst nur Training, inzwischen spielt ein Team aus Deutschen, Afghanen und Eritreern in der untersten Liga um den Aufstieg. Für sein Engagement für Flüchtlinge wurde der Verein bereits ins Kanzleramt eingeladen. Mohammad ist fast seit Beginn Teil der Mannschaft, obwohl er Volleyball anfangs nicht kannte. "Ich habe nur gehört, dass ein Sport angeboten wird. Da bin ich hingegangen." Volleyball machte ihm Spaß, er blieb.

Ende Januar kam dann Mohammads Ablehnungsbescheid. Er bekommt kein Asyl in Deutschland; obwohl in Afghanistan Krieg herrscht, soll er dorthin zurückkehren. Während deutsche Politiker betonen, dass es im Land sichere Orte gebe, sieht der Geflüchtete, der im April 19 wird, das anders: "In Afghanistan habe ich keine Zukunft. Überall ist Krieg und man findet keine Arbeit." Was er macht, wenn er zurück muss? Er weiß es nicht. Man merkt ihm an, dass er Angst davor hat, auch wenn er lieber sagt, es mache ihn wütend. Inzwischen fürchten auch die anderen Afghanen im Team, abgeschoben zu werden - wenn einer den Bescheid bekommt, könnte es bei den anderen ja auch bald soweit sein.

Mohammad ist ihr Mittelblocker. Wenn er dicht am Netz steht, reicht sein Kopf kaum bis zur Netzmitte - er ist zu klein für die Position. Aber er springt so hoch, dass er mit seinen Händen gegnerische Angriffe blockt, er verteilt Bälle intelligent und ist mal hier, mal dort auf dem Feld. Als das Team im Training versucht, übers Netz hinweg Matten zu treffen, die in der Turnhalle verteilt sind, klatschen Mohammads Bälle oft daneben auf den Boden - aber sie sind näher dran als beim Rest. Für ein Jahr Training sei er ein starker Spieler, sagt die Trainerin. Seine Mitspieler schätzen ihn als Kollegen. Beim TSV Ansbach wollen sie ihn daher nicht verlieren. Sowohl der Bayerische als auch der Deutsche Volleyball-Verband solidarisierten sich mit dem Klub, der sich an die Bürgerbewegung für Menschenwürde in Mittelfranken wandte. Mitglied ist etwa Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. In einem Brief appellierte der Sprecher der Ansbacher Regionalgruppe, Ulrich Rach, an den Minister, Mohammad zu helfen. Bewegung und Verein starteten eine Solidaritätsaktion, sammelten 711 Unterschriften. Herrmann solle sich für ein Bleiberecht einsetzen und ermöglichen, dass die 3+2-Regelung in Kraft tritt; Mohammad dürfte bis September bleiben, seine Ausbildung antreten und danach zwei Jahre im Betrieb arbeiten. Rach ist "zuversichtlich". Ein Sprecher des Innenministeriums bestätigte lediglich, dass jede derartige Aktion geprüft werde, der Erfolg hänge vom Einzelfall ab.

Der Einzelfall wird demnächst neu aufgerollt: Mohammad reichte Klage gegen die Abschiebung ein, bis zum Verhandlungsende darf er nicht ausgewiesen werden. Das Schlimmste sei die Ungewissheit: "Ich kann nicht schlafen, nichts für Prüfungen machen. Wenn ich versuche zu lernen, ist gleich alles wieder weg." Nur wenn er sein FC-Bayern-Shirt anzieht, kann er sich ablenken. Ins Training will er kommen, solange es geht.

© SZ vom 17.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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