Alpenvolleys:Gegen die Uhr

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Haching liefert sich mit Friedrichshafen ein Duell auf Augenhöhe. Im Angriff hat Manager Hannes Kronthaler aber Probleme ausfindig gemacht.

Von Katrin Freiburghaus

Die Kampfansage der Alpenvolleys war einer Partie wie der mit dem VfB Friedrichshafen am vergangenen Montagabend würdig gewesen: "Wir haben keine Angst, sind im Flow, jetzt greifen wir den VfB an", hatte Hannes Kronthaler vor dem Duell der Hypo Tirol Alpenvolleys Haching mit dem Rekordmeister gesagt - und das Team hatte mit der Angriffslust seines General-Managers über weite Strecken der Partie mitgehalten. Nach über zwei Stunden Netto-Spielzeit reichte es für die Alpenvolleys beim 2:3 (23:25, 25:19, 16:25, 25:21, 13:15) vor 1250 Zuschauern in ihrer lizenzgebenden Unterhachinger Zweigstelle für einen Punkt, aber nicht zum dritten Liga-Erfolg in Serie. Immerhin kletterten sie so auf Rang drei der Volleyball-Bundesliga, sie sind damit also auch tabellarisch wieder der erste Verfolger des Spitzenduos Berlin und Friedrichshafen.

Dass nach dem Schlagabtausch auf Augenhöhe niemand außer dem gegnerischen Trainer Michael Warm zufrieden war, war zugleich ein gutes und ein schlechtes Signal. Durchaus als Versprechen durfte man die Aussage von Trainer Stefan Chrtiansky werten, der brummelte: "Der Punkt ist gut, der Punkt ist wichtig, aber wir wollten mehr." Auch die Selbstkritik von Libero Florian Ringseis machte eher Hoffnung; er fand den Spielausgang "sehr ärgerlich, weil Friedrichshafen schlagbar war und es letztlich ein paar Fehler entschieden haben, die wir gemacht haben".

Weniger erfreulich fiel dagegen die Analyse von Kronthaler aus, der sich zwar mehr über den Punkt freute als die Akteure auf dem Spielfeld, allerdings nicht die Tagesform, sondern strukturelle Probleme für ausschlaggebend hielt. Es stimmte, dass die Abwehr des jeweils Unterlegenen in den Sätzen eins und drei respektive zwei und vier Schwierigkeiten gehabt hatte, was sich im Volleyball fast immer direkt auf die Effizienz im Angriff auswirkt - wer schwächer annimmt, hat im Zuspiel weniger Optionen und ist deshalb leichter zu verteidigen.

"Viel Zeit haben wir nicht mehr, die müssen sich steigern"

Für die Alpenvolleys galt das gegen Friedrichshafen aber in verstärktem Maße. Sie haben im dritten Jahr ihrer transalpinen Kooperation aus Innsbruck und Unterhaching zwar vier Angreifer für die Außen-Position im Kader, die das Potenzial mitbringen, auf einem Niveau zu spielen - sie zeigen es bisher aber noch nicht. "Es hat sich durchs Spiel gezogen, dass uns ein zweiter Außen-Angreifer gefehlt hat, der denselben Druck macht wie der Niklas", sagte Kronthaler. Gemeint war sein Sohn Niklas Kronthaler, der derzeit einzige auf seiner Position, der den Alpenvolleys sowohl im Angriff als auch in den defensiven Elementen gegen einen Klub wie Friedrichshafen weiterhilft.

Der offensiv stärkere Jerome Clere kam in der Annahme nicht gut zurecht. Der Australier Max Staples, der die Annahme stabilisieren sollte, kam seinerseits im Angriff nicht durch den VfB-Block. Staples und sein Landsmann Jordan Richards stießen erst nach Saisonbeginn von ihrem Nationalteam zur Mannschaft. "Aber viel Zeit haben wir nicht mehr, die müssen sich steigern, wir können nicht die ganze Saison mit sechs Leuten spielen", mahnte Chrtiansky, der aber ihre vielversprechenden Trainingsleistungen lobte.

Die Punkte mussten am Montag andere liefern, allen voran der Brasilianer Paulo Costa da Silva, der 19 Angriffe versenkte - mehr als dreimal so viele wie die nächstbesten Angreifer an diesem Abend, Pedro Frances und Douglas Duarte da Silva mit je sechs. Die beiden brasilianischen Mittelblocker packten auch im Block noch je dreimal zu und erledigten als unermüdliche Motivatoren darüber hinaus eine wesentliche Aufgabe, die in keiner Statistik auftaucht. "Ich habe der Mannschaft gesagt, dass wir aggressiv sein müssen, und wenn da zwei wie Frances und Dougi am Netz stehen, wird der gegnerische Aufspieler nervös", sagte Kronthaler zufrieden.

Er hatte Duarte da Silva im Sommer als Nummer vier in Innsbruck halten wollen. Nummer vier, weil 36 Jahre für Teile eines Mittelblocker-Körpers wie Knie, Knöchel, Rücken ein biblisches Alter sind; das erschwert die Belastungssteuerung. "Der ist unser Mann für die Topspiele", sagte Kronthaler, "und jetzt müssen wir zusehen, dass wir ihn in Bühl oder Königs Wusterhausen eben mal nicht brauchen." Im Klartest hieß das: Auch im Block müssen die anderen qualitativ nachziehen. Gewinnen die Alpenvolleys ihren Kampf gegen die Uhr, klappt gegen den VfB womöglich bald, worauf Kronthaler eigentlich aus ist: Überholmanöver statt Augenhöhe.

© SZ vom 20.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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