Ärger nach DFB-Pokalsieg:Abschied im Zorn

Lesezeit: 2 min

Der FC Bayern hat den Weggang seines einzigen Weltstars nicht verkraftet. Beim letzten großen Spiel von Michael Ballack tritt die Vereinsführung verbal nach. Der Spielmacher wehrt sich und geht ohne Wehmut. Zurück bleibt eine ausgebrannte Mannschaft.

Glanzlos gewonnen, emotionslos gefeiert und heftig nachgetreten: Als Michael Ballack im Olympiastadion mit dem "Pott" in Händen seine letzte Pokal-Ehrenrunde im Trikot des FC Bayern München drehte, hob Franz Beckenbauer zur "kaiserlichen" Abrechnung mit dem Nationalmannschafts-Kapitän an.

"Ich habe immer die Knochen hingehalten. Mir kann keiner vorwerfen, dass ich mich hier nicht bis zum Ende reinhänge": noch zwei Mal spielt Michael Ballack für den FC Bayern. (Foto: Foto: dpa)

Obwohl der Rekordchampion gerade mit einem mühsamen 1:0 (0:0) gegen Eintracht Frankfurt den 13. Pokalsieg eingefahren und damit den ersten Schritt zum historischen Double gemacht hatte, kannte der Vereinspräsident kein Pardon.

"Er ruht sich schon aus"

"Wenn man so über das Feld trabt wie er, hat das mit Fußball wenig zu tun. Er bemüht sich überhaupt nicht mehr. Ich habe darauf gewartet, dass sie ihn auswechseln", schimpfte Beckenbauer im ZDF und unterstellte dem scheidenden Mittelfeldstar: "Er ruht sich schon aus für Chelsea."

Ballack reagierte zunächst irritiert auf die unmittelbar nach einem Titelgewinn ungewöhnliche Schelte: "Wenn der Franz das sagt - hahaha."

Erst später, auf der nüchternen Siegerparty schlug er verbal zurück. "Wenn man mir das vorwirft, ist das nicht korrekt. Ich habe immer die Knochen hingehalten. Mir kann keiner vorwerfen, dass ich mich hier nicht bis zum Ende reinhänge", sagte Ballack: "Wenn ich mich mit dem Double verabschieden würde, wäre das ein Traum."

Unzufrieden mit der Superlative

Schon an diesem Mittwoch könnte es so weit sein: Wenn der Hamburger SV tags zuvor sein Auswärtsspiel in Köln nicht gewinnen sollte, könnten die Bayern den 20. Meistertitel mit einem Heimsieg gegen den VfB Stuttgart vorzeitig perfekt machen und als erste Mannschaft überhaupt das Double zwei Mal hintereinander gewinnen.

"Wir hätten dann ein Jahr der Superlative", bemerkte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge in seiner wohl kürzesten Bankett-Rede. Dass Ballack ausgerechnet beim womöglich zweiten Titelgewinn innerhalb von nur fünf Tagen wegen einer Gelb-Sperre lediglich Zuschauer sein könnte, kommentierte Beckenbauer ebenfalls süffisant.

"So, wie er im Moment spielt, ist er nicht der große Gewinn." So wurde ein unspektakuläres Pokalfinale, das Claudio Pizarro mit seinem Kopfballtor entschied (59.), zur kritischen Bestandsaufnahme der Ära Ballack.

Ohne Spielfreude

Die Aussicht auf insgesamt sechs nationale Titel in vier Jahren kann die ausgebliebenen internationalen Sternstunden bei den Verantwortlichen offenbar nicht aufwiegen. Die bevorstehende Trennung vollzieht sich beiderseits ohne Abschiedsschmerz.

"Ich hatte hier vier Jahre Vertrag - den habe ich erfüllt", sagte Ballack. Pflichterfüllung - sie steht sinnbildlich für den FC Bayern auf der Zielgeraden der WM-Saison. Auch im Finale gegen die leidenschaftlich kämpfenden Frankfurter wurden Eleganz und Spielfreude vermisst.

Ballack räumte eine lähmende "Final-Routine" ein: "Die Mannschaft hat nicht gebrannt." Kapitän Oliver Kahn, der kurz vor Schluss mit einem Reflex einen Schuss von Ioannis Amanatidis entschärfte, beklagte jedoch gereizt eine zu geringe Würdigung der nationalen Münchner Dominanz.

"Das geht mir so langsam auf die Nerven, wie hier mit den Titeln und dem FC Bayern umgegangen wird. Als wäre das hier eine lästige Pflichterfüllung. Jeder Titel ist ein Highlight im Leben eines Fußballers", sagte der Nationaltorhüter.

Nur Frankfurt feiert

Auch Uli Hoeneß forderte ein Umdenken. "Wir müssen alle lernen, etwas zufriedener zu sein. Wenn der FC Schalke hier ins Pokalfinale kommt, ist es das Spiel des Jahrzehnts. Und bei uns wird ein Pokalsieg als Normalität betrachtet, das ist schade", sagte der Manager, der mehr Bescheidenheit empfiehlt.

Von Begeisterung und Genugtuung über den dritten Pokalerfolg in vier Jahren war beim Bayern-Bankett allerdings so gut wie nichts zu spüren, während beim Verlierer trotz Party-Verbot bis tief in die Nacht gefeiert wurde.

Das Finale um den DFB-Pokal hat sich erneut als Zuschauermagnet erwiesen. Im Schnitt sahen 8,85 Millionen Fernsehzuschauer im ZDF den 1:0 (0:0)-Sieg von Rekordmeister Bayern München gegen Eintracht Frankfurt.

Dies bedeutete einen durchschnittlichen Marktanteil von 29,6 Prozent. Den Höchstwert erzielte die Begegnung allerdings in der Abmoderation nach der 2. Halbzeit, als 11 Millionen Fußballfans (Marktanteil 35,1 Prozent) die Analysen von Franz Beckenbauer und Co. verfolgten.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: