96 holt 1:1 gegen Wolfsburg:Frontzeck punktet

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Dank eines sehenswerten Treffers von Kiyotake trotzt Hannover dem VfL Wolfsburg ein Unentschieden ab. 96-Boss Martin Kind stützt den umstrittenen Trainer, der seine Spieler jetzt einkaserniert.

Von Javier Cáceres, Wolfsburg

Die einzige wirklich relevante Erkenntnis, die der Samstagnachmittag in Wolfsburg parat hatte, lieferte der Patron von Hannover 96, Martin Kind - und zwar kaum, dass eine weitgehend unerträglich zähe Partie vorüber war. An den Gerüchten, Trainer Michael Frontzeck stehe unmittelbar vor der Absetzung, sei "nichts dran", sagte Kind. "Ich freue mich für den Trainer", fügte er hinzu. Für Frontzeck sprach am Samstag das nackte Ergebnis: ein 1:1-Remis beim Pokalsieger und Vizemeister kann sich ja sehen lassen. Erst recht, wenn man als siegloser Tabellenletzter anreist. Gegen Frontzeck spricht aber immer noch Einiges.

Hannover blieb siegloser Tabellenletzter, das zum einen. Andererseits lieferten die 96er gegen eine alles andere als gute Wolfsburger Equipe kaum ein Argument, das erläutern würde, wieso das Remis folgerichtig oder gar gerecht gewesen wäre. Außer natürlich, dass das Ausgleichstor der japanischen Offensivkraft Hiroshi Kiyotake (57.) von bezaubernder Anmut war.

Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking ärgerte sich maßlos. "Wenn der Gegner in der ganzen zweiten Halbzeit nur einen Schuss abgibt, darf der Ball nie den Weg ins Tor finden. Dann muss zumindest die Null stehen", sagte er. Auch Manager Klaus Allofs grollte: "Wir haben ganz klar zwei Punkte verloren."

Steht unter Beobachtung: Hannovers Trainer Michael Frontzeck. (Foto: Matthias Kern/Getty Images)

Wolfsburg kontrollierte das Spiel

Wolfsburgs Torjäger Bas Dost hatte seine Mannschaft durch einen Kopfballtreffer völlig verdient in Front gebracht. David Caliguri hatte völlig unbedrängt von der rechten Seite geflankt, Dost konnte hernach ebenso unbedrängt aus sechs Metern einköpfeln.

Auch Dosts Treffer war sehenswert, Kiyotake degradierte ihn aber zu einem Tor von der Stange: Nachdem Mittelfeldspieler Manuel Schmiedebach einen Ball hoch an die Strafraumgrenze geschlagen hatte, nahm Kiyotake ihn mit der Brust an und jagte ihn dann Volley unter den Querbalken. "Das darf natürlich nicht passieren", sagte der privilegierteste aller 29.000 Zuschauer: Wolfsburgs Torwart Diego Benaglio, der noch am Dienstag beim 1:5 gegen den FC Bayern in München gleich fünfmal hinter sich hatte greifen müssen.

Einen größeren Schaden habe seine Mannschaft durch das Desaster von München nicht davon getragen, erklärte Benaglio, und in der Tat: Äußerlich war ihr tatsächlich nichts anzumerken. Wolfsburg kontrollierte das Spiel - gegen überaus defensiv eingestellte Hannoveraner - ohne größere Anlaufschwierigkeiten, von der ersten bis zur letzten Minute.

Es dauerte zwar eine Viertelstunde, ehe Wolfsburg durch einen sehenswerten Volleyschuss des wieder emsigen Max Kruse zur ersten Chance kam, Hannovers Torwart Ron-Robert Zieler konnte abblocken. Dass Stürmer Artur Sobiech (26.) allein vor Torwart Diego Benaglio auftauchte, nachdem der spätere Torschütze Kiyotake einen Pass genau zwischen die Innenverteidiger Naldo und Dante gespielt hatte, war vom Spielverlauf her nachgerade absurd. Sobiech zögerte zu lange und wurde in höchster Not von Naldo abgefangen.

Nach dem Ausgleich entwickelte Wolfsburg ein Gefühl der Dringlichkeit

Alle anderen Chancen der Partie spielten sich ausnahmslos im Strafraum der Hannoveraner ab - vor allem nach dem Ausgleichstreffer des Japaners. Da erst entwickelte Wolfsburg ein Gefühl der Dringlichkeit. Doch Caligiuri und vor allem der eingewechselte Maximilian Arnold in der Nachspielzeit vergaben beste Chancen. "Wir haben insgesamt zu umständlich gespielt", sagte Hecking.

Hannovers Torwart Zieler wiederum freute sich: "Das war ganz klar ein Punkt für die Moral." Trainer Frontzeck attestierte seiner Mannschaft "nach einer komplizierten Woche" eine "ansprechende Leistung", der nun allerdings gegen Werder Bremen der erste Saisonsieg folgen soll. Beziehungsweise muss.

Aus diesem Grund will Frontzeck seine Mannschaft - nach zwei freien Tagen - im Trainingslager zusammenziehen. In der Abgeschiedenheit von Klosterpforte soll konzentrierter gearbeitet werden als das in Hannover möglich wäre. Diese Maßnahme signalisiert zumindest, dass Hannover sich korrekt zu verorten weiß. Solche Trainingslager kennt man eher aus den Phasen ultimativer Panik, sprich: vom Saisonende, nicht vom siebten Spieltag.

Am Mittwochabend dürfte in Klosterpforte ein Mannschaftsabend vorm TV-Gerät auf dem Programm stehen, denn Wolfsburg tritt am zweiten Spieltag der Gruppenphase der Champions League bei Manchester United an - in Old Trafford, auch bekannt als Theater der Träume. Vielleicht klappt es dort auch mit dem Fußballspielen besser als gegen Hannover.

© SZ vom 27.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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