89. Tour de France:Richard Virenque schlägt "Fels" Armstrong

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Der Franzose hat die Etappe auf den Gipfel des Mont Ventoux gewonnen. Lance Armstrong behält das Gelbe Trikot. Erik Zabel geht ohne das Grüne in den Ruhetag.

Auf dem "Höllentrip" zum Mont Ventoux hat Bergkönig Richard Virenque seine Wiedergeburt gefeiert. Vier Jahre nach dem Festina-Skandal gewann der verurteilte Doping-Sünder und Gesamtzweite von 1997 erstmals nach seiner Sperre wieder eine Etappe bei der Tour.

Ein Fingerzeig von Richard Virenque bei der Zieldurchfahrt. Jean-Marie Leblanc (r.) applaudiert dem Bezwinger des Mont Ventoux (Foto: N/A)

Während der 21-km-Anstieg zum Ziel für den Franzosen zur Triumphfahrt wurde, kam der geschlagene Lance Armstrong trotz Platz drei seinem Traum vom vierten Tour-Gesamtsieg ein Stück näher.

"Richard war einfach stärker"

Die Hoffnung, zwei Jahre nach dem "verschenkten" Sieg an Marco Pantani den Sieg auf dem Ventoux nachzuholen, erfüllte sich für den US-Profi indes nicht. "Ich bin so gut gefahren, wie ich konnte, aber Richard war einfach stärker, er hat es verdient", erklärte Armstrong: "Für mich wird vielleicht eine andere Chance kommen."

Auch ohne den Etappenerfolg auf dem 221 Kilometer langen 13. Teilstück von Lodeve hinauf in die "Mondlandschaft" des 1912 Meter hohen Gipfels der Provence konnte der Tour-Dominator der drei letzten Jahre seine Führung in der Gesamtwertung auf 4:21 Minuten ausbauen.

Allein gegen Beloki

Mit einem spektakulären Antritt ausgerechnet in dem Moment, als er zum ersten Mal überhaupt von seinem härtesten Rivalen Joseba Beloki (Spanien) attackiert wurde, gelang Armstrong ein weiterer psychologischer Sieg auf dem Weg nach Paris.

"Ich war ein bisschen überrascht, dass sich Beloki so hat abhängen lassen, nachdem er zuvor angekündigt hatte, zum Angriff übergehen zu wollen", sagte der Spitzenreiter und kostete seinen Erolg richtig aus: "Es hat mich überhaupt nicht beunruhigt, dass ich zu diesem Zeitpunkt allein gegen Beloki und seine Helfer gestellt war. Ich habe mich sehr gut gefühlt und war mir sicher, der Situation gewachsen zu sein." Allerdings kam sein Angriff zu spät, um Virenque abzufangen.

"Das wird mein Tag"

"Ich hatte einen genialen Tag und ein ideales Publikum, das mich den Berg hinaufgetragen hat", sagte Virenque, der bereits vorher prophezeit hatte: "Das wird mein Tag. Heute werde ich alles geben."

Armstrong hatte schon vorher ein ungutes Gefühl gehabt: "Man kann schnell einen schwachen Tag erleben. Wenn einem das an einem heißen Tag am Mont Ventoux passiert, hat man die Tour an einem Tag verloren", sagte Armstrong.

Das geschah zwar nicht, aber mit 2:20 Minuten hinter Virenque und dem Russen Alexander Botscharow (1:58 zurück) wurde der US-Profi nur Dritter: "Es war hart heute und wird auch hart bleiben. Es kommen noch viele Berge."

Armstrong baut Vorsprung aus

Telekom-Sprinter Erik Zabel konnte das an den Australier Robbie McEwen verlorene Grüne Trikot nicht zurückerobern. Im Trikot des "Berg-Königs" tritt der Franzose Laurent Jalabert die Reise in Richtung Alpen an.

Im Gesamtklassement führt Armstrong mit 4:21 Minuten Vorsprung vor dem Spanier Joseba Beloki und dem auf Rang drei verbesserten Litauer Raimondas Rumsas (6:39).

Schinderei über 1600 Höhenmeter

Die Entscheidung über den Tagessieg auf der in Lodeve gestarteten 14. Etappe am Sonntag fiel erwartungsgemäß beim 21,1 Kilometer langen Anstieg mit 7,6 Prozent Steigung zum 1912 Meter hoch gelegenen Ziel.

Bei der Schinderei über 1600 Höhenmeter holte sich Virenque nach fast 200 Kilometer langer Fahrt an der Spitze seinen ersten Triumph am "K2 des Radsports". Der fünfmalige "Berg-König" der Tour de France siegte nach 5:43:26 Stunden. Damit machte der im marokkanischen Casablanca geborene Franzose mt Wohnsitz Genf seinen fünften Tour-Etappensieg seit 1994 perfekt.

Auf der recht anspruchslosen Anfahrt bis zum Ventoux-Aufstieg hatte die Hitze um 35 Grad den Fahrern die meisten Probleme bereitet. Besonders betroffen war eine elfköpfige Ausreißergruppe, die ab Kilometer 25 Tempo machte.

Keine Punkte für Zabel und McEwen

Die von Virenque angeführten Flüchtlinge hatten schnell bis zu zwölf Minuten Vorsprung, womit weder Zabel noch McEwen bei den beiden einzigen Zwischensprints des Tages punkten, sich so jedoch für die Alpen ausruhen konnten.

Erst am "Mondberg", auf dem 1967 der gedopte Brite Tom Simpson völlig erschöpft kurz unterhalb des Gipfels starb, fiel die Ausreißergruppe auseinander.

Die längste Etappe

Nach dem Ruhetag im Department Vaucluse beginnt am Dienstag für die Tour-Karawane der Alpen-Aufstieg. Die 15. Etappe beginnt in Vaison-la-Romaine und endet nach 226,5 Kilometer im Ski-Paradies Les Deux Alpes an Europas größtem befahrbaren Gletscher.

Bei der längsten diesjährigen Etappe muss der Tour-Tross bei rund siebenstündiger Fahrt sechs Berge der zweiten und dritten Kategorie bis zum 1650 Meter hoch gelegenem Ziel überqueren.

(sueddeutsche.de/sid)

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