32. Spieltag:Ein Sieg für die Zukunft

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Beim 3:1 gegen Stuttgart überzeugt der FC Bayern einmal mehr ohne den gesperrten Ballack. Nach einem 3:5 gegen Bremen steht Duisburg als zweiter Absteiger fest - Lautern kann noch hoffen.

Andreas Burkert

Am Samstagabend wird die Profiabteilung des FC Bayern eine Bootsfahrt unternehmen, nach dem Bundesligamatch beim 1. FC Kaiserslautern geht es von Mainz den Rhein runter bis nach Bonn.

Seit gestern ist die Chance sehr groß, dass es auf dem Schiff meisterlich ausgelassen zugehen wird, denn nach dem ungefährdeten 3:1 (2:1) über den VfB Stuttgart reicht den Münchnern auf dem Betzenberg womöglich ein Remis zur vorzeitigen Titelverteidigung.

Nur vier Tage nach ihrer ausgiebigen Nachtschwärmerei durch die Hauptstadt eröffneten die Bayern die Partie, als hätten sie den Pokalerfolg in Berlin ausschließlich mit frisch gepressten Gemüsesäften und Ginsengwässerchen begossen.

Einer Angriffswelle nach der anderen sahen sie die Stuttgarter zu Beginn ausgesetzt, und ein lange vermisster Offensivgeist meldete sich zurück: Roque Santa Cruz, nach ausgeheiltem Kreuzbandriss erst seit wenigen Wochen wieder im Kader.

Santa Cruz im Zentrum des Interesses

Vom paraguayischen Nationalstürmer erwartet Uli Hoeneß ja für die kommende Saison nicht viel weniger, als dass er den künftig in England beschäftigen Megastar Michael Ballack ersetzen möge.

Dessen Job hinter den Spitzen könne der Südamerikaner ausfüllen, findet der Bayern-Manager, und offenbar ist auch Coach Magath der Ansicht: Santa Cruz stand anstelle des Gelb-gesperrten Kollegen in der Startelf, und Hoeneß befand hinterher, die Maßnahme könnte zukunftsweisend sein: Er habe "etwas gesehen", das seine Aktivitäten auf dem Transfermarkt drosseln könnte.

Ein Vorzug Ballacks sind seine in der Welt bekannten Kopfbälle, und so begann der Paraguayer gleich damit, den in der Welt noch nicht allzu bekannten Santa-Cruz-Kopfball in Erinnerung zu rufen.

Nach einer gut getimten Ecke von Zé Roberto kam Santa Cruz aus kurzer Distanz mit der Stirn an den Ball, doch VfB-Keeper Hildebrand parierte (3.). Die Gäste indes erholten sich schnell von den ersten bayrischen Attacken. So zog Ljuboja mit seinem typischen Tempodribbling in die Mitte, doch der abgefälschte Querschläger landete auf dem Münchner Tordach (5.).

Auf Lúcio hatte die Aktion aber wohl nicht sehr viel Eindruck gemacht, denn eine Minute später gönnte er dem Serben einen freien Kopfball, und Ze Roberto auf der Torlinie reagierte nicht - das überraschende 1:0 für den mit viel Problemen angereisten Gast.

Offensiver Lúcio

Die Bayern marschierten weiter nach vorn. Schweinsteiger, der diesmal anstelle von Salihamidzic eine Chance erhielt, behauptete den Ball in der Vorwärtsbewegung auf rechts ebenso hartnäckig wie Zé Roberto und Lahm gegenüber. Zudem scherte sich Lúcio weiterhin wenig um seine Bestimmung und stakste unermüdlich in die Stuttgarter Hälfte.

In der elften Minute bediente er dabei Santa Cruz, und der brachte dem Publikum diesmal, vermutlich in Anspielung auf Ballacks in der Welt bekannten Schusskünste, seine eigenen Qualitäten beim Abschluss näher: Spielend ließ er Babbel zurück und jagte dann die Kugel aus vollem Lauf zum Ausgleich ins Netz. Vergessen waren jetzt nicht nur seine ewigen gesundheitlichen Rückschläge - vergessen war nun auch Ballack, das Original.

Das 1:1 stellte Bayern nicht zufrieden. Draußen auf den Flanken dribbelten weiter Zé Roberto und Schweinsteiger, der überdies nach einer zauberhaften Täuschung knapp verpasste (17.). Hargreaves listiger Freistoßversuch (20.) blieb dann aber für einige Zeit die letzte klare Chance des feldüberlegen Favoriten, und weil auch der VfB bis auf Becks dankbaren Ball für Kahn (26.) wenig Zwingendes darbot, beruhigte sich die Partie zunächst.

Tore kurz vor und nach der Pause

In die Kabine ging der Tabellenführer trotzdem mit einem Vorsprung: Hargreaves degradierte an der Seitenlinie mehrere Gegenspieler zu Slalomstangen, und in seine präzise Hereingabe stürmte Pizarro mit jenem Drang, den die Bayern gerne konstant von ihm sehen würden - der Peruaner ließ dem erneut schläfrigen Gegenspieler Babbel und Hildebrand keine Abwehrchance (44.).

Nur 40 Sekunden nach Wiederbeginn war die Partie entschieden. Und dass Schweinsteiger (nach Kopfballablage von Makaay per Linksschuss) das 3:1 erzielte, wird all jene Vordenker des Klubs in ihrer (durchaus vorhandenen) Überzeugung stärken, dass die Bayern womöglich auch mit dem vorhandenen Personal Ballacks Abschied kompensieren können.

Zumal gestern Abend ein bemerkenswerter Rekord ausgebaut wurde: Im elften Pflichtspiel ohne Ballack gab es den elften Sieg. Die Spielfreude, das Feuer und der Eifer, mit welchem die Mannschaft den vermutlich vorletzten Schritt zur 20. Meisterschaft vollbrachte, waren jedenfalls so etwas wie ein Plädoyer gegen kostspielige Experimente namens Lincon oder Agüero.

Hoeneß und Magath wirkten jedenfalls in ihren heftigen Umarmungen nach den Treffern befreit von Zweifeln, und auch das zuletzt stets allzu andächtige und emotionsarme Münchner Arenapublikum bereitete der Leistung ihrer Elf einen stimmungsvollen Rahmen. Die Bootsfahrt am Samstag wird vermutlich lustig.

© SZ vom 4.5.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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