1860 München:Plötzlich Allesflieger

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Hoch das Bein: Auf dem Brasilianer Amilton (links, gegen Charalampos Mavrias) ruhen nach zuletzt starken Vorstellungen auch gegen Nürnberg die Hoffnungen der Münchner Anhänger. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Mit einem Sieg gegen Nürnberg können sich die Löwen ins Mittelfeld schieben. Investor Hasan Ismaik schaut wieder zu, Ian Ayre taucht erstmals auf.

Von Markus Schäflein

Ob auch Daniel Bierofka auf der Trainerbank sitzen wird, wenn der TSV 1860 München an diesem Montagabend (20.15 Uhr) gegen Nürnberg zum Derby antritt, wird gespannt erwartet. Der Klub hatte am Freitag zwar bekannt gegeben, dass Bierofka nun doch Co-Trainer der Profimannschaft wird, neben seiner Tätigkeit als Übungsleiter der Regionalliga-U21; er stand an jenem Tag auch neben Chefcoach Vitor Pereira auf dem Trainingsplatz, so wie es künftig öfter tun wird. Bierofka erklärte daraufhin allerdings in der tz: "Ich bin dabei, aber kein Co-Trainer." Es gehe darum, "die Prinzipien und Schwerpunkte der Profis auch bei der U21 einzusetzen". Das sollte man im Lizenzfußball als selbstverständlich erachten; letztlich hat sich an Bierofkas Rolle also kaum etwas verändert. Aber zumindest wurde der zunächst abgelehnte Wunsch von Investor Hasan Ismaik, dass Bierofka Co-Trainer unter Pereira werden solle, formal erfüllt.

Das wird dem Jordanier, der am Sonntag an der Grünwalder Straße ankam und auch die Partie besuchen wird, sicherlich gefallen. Auch Ian Ayre, der künftige Geschäftsführer, war am Sonntag in Giesing anwesend. Er begutachtete erstmals seinen neuen Arbeitsplatz. Für Ayre und neue Mitarbeiter wurde eigens der dritte Stock der Geschäftsstelle geräumt. Das bisherige Personal wurde in die zweite Etage versetzt, so dass es dort ziemlich eng wird. Dieses Problem könnte sich allerdings erledigen, da etliche langjährige Mitarbeiter bereits gegangen sind oder kurz vor dem Abschied stehen. Zuletzt verspürten viele Angestellte keine Lust mehr auf das neue Sechzig, das Ismaik baut, und kündigten. Insgesamt neun neue Mitarbeiter wurden mit Stellenanzeigen gesucht.

"Er wird seine Möglichkeiten haben, wie bisher auch", sagt Trainer Pereira über Olic

Eine Bewerbung gab zuletzt auch der 37-jährige Stürmer Ivica Olic ab - und zwar um einen Stammplatz in der Fußballmannschaft. Nachdem er beim 2:1 gegen Karlsruhe unmittelbar nach seiner Einwechslung zum Ausgleich getroffen hatte, erklärte er, er wolle nicht unbedingt Joker sein. Pereira sieht ihn aber offenkundig als solchen. "Er zeigt trotz seines Alters Einsatz und Wille, ich bin sehr zufrieden", meinte der Trainer, ergänzte aber: "Er wird seine Möglichkeiten haben, wie bisher. Wenn ich mit 20 Spielern anfangen könnte, würde er auf jeden Fall spielen."

Da aber nicht 20 Spieler mitwirken dürfen, setzt Pereira nicht auf ein (durchaus erfolgsversprechendes) 6-8-6-System, sondern auf sein gewohntes 3-4-3 - und in diesem ist eben Winterzugang Christian Gytkjaer als einziger Mittelstürmer gesetzt. Und auch sonst sind im Vergleich zur vergangenen Partie keine großen personellen Änderungen zu erwarten. Am neuen System konnte Pereira angesichts der langen Pause zwischen dem Sieg gegen den KSC und der Montagabendpartie gegen Nürnberg zuletzt intensiv arbeiten lassen. "Ich mag so lange Wochen eigentlich nicht. Aber nach Siegen lässt es sich immer besser arbeiten", sagte er. Und ohne Druck sowieso - im Falle eines Erfolgs gegen den 1. FCN könnte sich Sechzig mit sieben Punkten Abstand auf den Abstiegs-Relegationsplatz, auch ohne einen einzigen Tabellenplatz gutzumachen, als Mannschaft im Tabellenmittelfeld betrachten. Sie würden dann als 14. mit 25 Punkten an Kaiserslautern, Düsseldorf und Bochum (alle 26) kleben. "Wenn wir gewinnen, haben wir einen guten Auftakt gehabt, und mit Punkten und Siegen wird es leichter, eine neue Spielidee zu implementieren", meinte Pereira.

Mit Punkten und Siegen werden auch die Treffen mit Investor Ismaik angenehmer, der vergangene Woche schon beim Spiel gegen den KSC weilte und außerordentlich verärgert gewesen sein soll über die zwei Auswärtsniederlagen zuvor. Früher war es etwas Besonderes, wenn sich Ismaik in München blicken ließ, mittlerweile reist er so oft zu den Heimspielen an, dass er bereits - in Anlehnung an die berühmten Allesfahrer aus der Fanszene - "Allesflieger" genannt wird.

Ein guter Grund für regelmäßige Besuche in München sind allerdings auch die Verhandlungen mit den Gremien des e.V. über die Ausgabe weiterer KGaA-Anteile an Ismaik, die er als Gegenleistung für seinen mittlerweile turmhohen Stapel an Darlehen und Genussscheinen wünscht. Es soll keiner sagen, dass das nichts mit Sport zu tun hat: Ob der Investor für diesen Plan in einer Mitgliederversammlung die erforderliche einfache Mehrheit bekommt, dürfte nicht unerheblich vom Erfolg der Profimannschaft abhängen.

© SZ vom 20.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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