1860 München:Lieber Weiß- als Blutwurst

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Wichtig für seinen Verein, wichtig für ihn selbst: Stefan Aigner freut sich über sein Siegtor per Kopf in der 55. Minute. (Foto: imago/Team 2)

Der Münchner Routinier Stefan Aigner beendet in Düsseldorf seine persönliche Torflaute und damit die miese Auswärtsserie der 60er. Vor dem Spiel gegen Stuttgart sei das ein "wichtiges Signal".

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Zwölf Monate seines Fußballerlebens hat der Münchner Stefan Aigner in Burghausen verbracht, zwei Jahre in Bielefeld und vier Jahre in Frankfurt. Jetzt ist er seit dem vergangenen Sommer wieder daheim bei seinem TSV 1860 München, zum insgesamt dritten Mal ist er beim Klub seiner Kindheit. Aigner wird im August 30 Jahre alt. Er hat seine Karriere an der Grünwalder Straße begonnen und er wird sie hier wohl auch beenden. Das nennt man eine runde Sache, einen geschlossenen Kreis, und dass dieser Kreis runder und geschlossener wirkt, könnte auch daran liegen, dass er in Düsseldorf das wichtige 1:0 seiner Löwen gesichert hat.

Mit diesem Sieg haben die Münchner erstmals nach acht Auswärts-Niederlage wieder auf fremdem Platz gewonnen und einen großen Schritt in Richtung Klassenerhalt gemacht. Für Aigner war es das erste Ligator nach sieben Monaten Flaute. Im Souterrain des Stadions am Rhein hat nach dem Spiel ein Düsseldorfer Berichterstatter zu ihm gesagt: "Stefan, der Düsseldorfer Trainer Friedhelm Funkel lobt Dich als besten Spieler der zweiten Liga und würde Dich mit Kusshand bei der Fortuna nehmen - sehen wir Dich bald hier in Düsseldorf?" Aigner hat grinsen müssen, aber er brauchte kein Bisschen zu überlegen. Im Münchner Dialekt, obwohl des Hochdeutschen mächtig, sagte er bloß kurz und knapp: "Glaub' I ned."

Mängel bei der Chancen-Verwertung

Nun ist die Düsseldorfer Fortuna seit ihrem Abstieg aus der Bundesliga 2013 auch nicht gerade ein sportlich attraktives Ziel. Sie krebst genauso wie die Löwen im Nirwana der zweiten Liga herum, und Aigner findet den Rhein nicht besser als die Isar, die Blutwurst nicht besser als die Weißwurst, das Altbier nicht besser als ein Helles. Und zu tun hat er bei 1860 auch noch genug, denn es liegt freilich auch an seiner sieben Monate währenden Torlosigkeit, dass die Münchner zuletzt auswärts auf keinen grünen Zweig kamen. Michael Liendl, der am Freitagabend mal wieder von Beginn an spielen durfte und in der 55. Minute per Freistoß prompt Aigners Kopfballtor zum 1:0 vorbereitete, ist mit acht Toren erfolgreichster Löwen-Torschütze - allerdings hat er sechs dieser acht Tore per Elfmeter erzielt. Auch Ivica Olic hat für einen seiner fünf Treffer einen Elfmeter benötigt, so sind Olic und Levent Aycicek mit je vier Treffern die besten Torschützen aus dem Spiel heraus. Damit stehen sie in der Torschützenliste der zweiten Liga irgendwo im mittleren 30er-Bereich.

München hatte auch am Freitagabend ein Problem mit der Chancen-Entwicklung und -Nutzung. Acht Minuten vor dem Ende hätte Aigner per Konter alles klar machen können, vergab aber. "Ich war maustot", erklärte er später, "aber in dem Fall ist's mir auch egal, denn wir haben gewonnen und nur das zählt."

Die Warnung des Trainers überhört

Dass Funkel den Aigner als Fußballer übrigens so gern mag, hat mit dem am Freitag erzielten Tor eher weniger zu tun. Funkel hat sich nach dem Spiel sogar mächtig aufgeregt, dass es zu diesem Tor gekommen ist, denn bevor Liendl den Freistoß geschlagen hat, habe er, Funkel, schon rein gebrüllt, seine Spieler sollten doch bitteschön den Aigner übernehmen, der da ziemlich frei im Düsseldorfer Strafraum stand. "Ja, ich war ziemlich blank g'standen", bestätigte der Münchner selbst, weil die Düsseldorfer ihren Trainer nicht gehört haben oder nicht hören wollten. Aigner kam völlig frei zum Kopfball, "I hab' versucht, ihn gegen die Laufrichtung nei'z'drucken", und weil er ja ungestört war, ist ihm das gelungen "Hat gut geklappt, das tat auch mal gut." Dieser Sieg könnte mehr wert sein als nur drei Punkte, denn er könnte ein Signal aussenden. "Das war ein ganz wichtiger Sieg", erklärte Aigner, "denn hätten wir heute wieder nichts mitgenommen, dann hätten wir ein ganz schweres Spiel am Mittwoch gegen Stuttgart, weil wir dann schon wieder unter Druck gestanden hätten - aber so haben wir jetzt drei Punkte mitgenommen und können gegen Stuttgart ein bisschen befreiter aufspielen."

Auch für die Kulisse am Mittwoch in Fröttmaning dürfte der Sieg gut sein. 30 000 Zuschauer erwarten die Löwen. Vielleicht werden es jetzt sogar mehr. Auch in dieser Hinsicht ist der Standort Düsseldorf also keineswegs attraktiver. Stefan Aigner weiß nicht nur wegen des Sieges in Düsseldorf, was er an München und seinen Löwen hat.

© SZ vom 02.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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