1860 München:Auf dem Weg zum Weizen

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Beim 2:1 in Nürnberg sieht das Spiel des TSV 1860 schon viel flüssiger aus. Dabei zeigen etliche Altgediente, dass sie noch gebraucht werden.

Von Markus Schäflein

Wenn jemand noch Zweifel haben sollte, ob Hasan Ismaik ein echter Löwe ist, dann findet er in den für Giesing typischen Stimmungsausschlägen des jordanischen Investors ein gewichtiges Indiz. "Das ist das neue Sechzig, wie wir es uns gewünscht haben", wurde in seinem Auftrag auf der Facebookseite Ismaiks nach dem 2:1-Auswärtssieg in Nürnberg jubiliert, und zum Heimspiel an diesem Freitag (18.30 Uhr) gegen Union Berlin reist der Gesellschafter sogar mal wieder nach München.

Das neue Sechzig war in weiten Teilen das alte - so wenige Zugänge wie diesmal (drei Feldspieler) standen in dieser Saison noch nie auf dem Platz. Den wochenlang verletzten Stefan Aigner ersetzte Trainer Kosta Runjaic durch Sascha Mölders. Es war eine rundum gelungene Entscheidung, zumal der 31-jährige Stürmer alles dafür tat, um zu beweisen, dass ihn sein Nebenjob als Landesligatrainer nicht vom hauptberuflichen Zweitligatoreschießen abhält. Einen Treffer aufgelegt, einen vorbereitet - "ein guter Tag einfach", fand auch Mölders selbst. Geschäftsführer Thomas Eichin, der den Angreifer zuletzt auch für das Engagement in Mering kritisierte, lobte: "Er hat ein sehr gutes Spiel gemacht, richtig geackert, seine Kopfbälle gewonnen und sein Tor geschossen." Und Runjaic ergänzte: "Er ist wichtig für uns." Es ist gut vorstellbar, dass der Trainer vorerst beim 4-4-2-System bleibt, weil Mölders und Ivica Olic bestens zusammenpassten.

Neben Mölders zeigten zahlreiche weitere Altgediente, dass sie noch gebraucht werden - Michael Liendl etwa, der Schütze des Siegtores, der im Sommer schon abgegeben werden sollte und lange auf jegliche Rückmeldung bezüglich seiner Zukunft warten musste. Mittlerweile ist der 30-Jährige Stammspieler - auf der ungewohnten und früher auch ungeliebten Sechserposition lenkt er das Spiel von hinten heraus und belohnte sich nun mit seinem Treffer.

"Ich habe immer gesagt, ich weiß, welche Qualitäten ich habe", erklärte Liendl. Auch Daylon Claasen auf der Außenbahn - für den sich in der Transferperiode schon die Würzburger Kickers interessierten in der Annahme, er werde bei Sechzig wohl kaum noch benötigt - und Daniel Adlung im zentralen Mittelfeld boten gute Vorstellungen. Mit den spielfreudigen Zugängen Olic und Karim Matmour ergab das ein so harmonisches Ensemble, dass man fast behaupten könnte, die von Runjaic ausgerufene Findungsphase habe bereits zu einer Findung geführt. Die beiden Treffer entsprangen schönen Kombinationen, an denen jeweils alte und neue Spieler beteiligt waren; und auch dazwischen sah das Spiel der Löwen diesmal schon deutlich flüssiger aus als in den mühevollen ersten drei Auftritten, die zu vier Punkten und 1:1 Toren geführt hatten. Während Runjaic zuerst auf Ergebnisfußball setzte, um einen Fehlstart zu vermeiden, ließ er diesmal munter angreifen. Allzu große Euphorie wollte Eichin allerdings nicht aufkommen lassen: "Unser Weg ist okay, nicht mehr und nicht weniger."

Selbstredend widmeten alle Protagonisten den Sieg dem verletzten Aigner. "Wir haben ein Stück weit für ihn gewonnen", sagte Innenverteidiger Jan Mauersberger, der die Kapitänsbinde übernommen hatte. Für Liendl war es wichtig zu sehen, dass das Spiel auch ohne Aigner funktionierte: "Wir haben immer betont, dass wir einen guten Kader haben, also muss man solche Sachen wegstecken." Und Runjaic freute sich, dass die Mannschaft den Ausfall mental verkraftete: "Nach dem Vorfall haben uns viele nicht zugetraut, dass wir so eine Leistung abrufen."

Ismaiks Begeisterung teilten auch die Spieler, wenigstens ein bisschen. "Wenn wir so spielen, müssen wir vor keinem Team Angst haben", meinte Mölders, und Mauersberger erklärte: "Heute war das richtungsweisend - langsam trennt sich die Spreu vom Weizen." Bei Sechzig sind sie eben überzeugt davon, dass sie in dieser Saison nicht mehr zur Spreu gehören.

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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