15. Etappe:Armstrong hängt Ullrich ab

Lesezeit: 3 min

Lance Armstrong wankte, stürzte, schien schon geschlagen - doch in einem Drama in den Pyrenäen von Luz-Ardiden baute der Texaner mit seinem Sieg auf der 15. Etappe den Vorsprung auf Jan Ullrich auf 67 Sekunden aus.

Mit einem der wichtigsten Erfolge seiner sportlichen Karriere sorgte der viermalige Toursieger für die Wende an der Spitze der Jubiläums-Rundfahrt. Vor dem zweiten Ruhetag liegt Telekom-Profi Alexander Winokurow mit 2:45 Minuten Rückstand auf Platz 3. Er musste den Anstrengungen vom Sonntag Tribut zollen. Aus dem Dreikampf ist damit wieder ein Duell geworden.

Ullrich gibt Hoffnung auf Tour-Sieg noch nicht auf

Doch Jan Ullrich, der auf der letzten Bergankunft als Dritter hinter dem zeitgleichen Spanier Iban Mayo 40 Sekunden plus 12 Sekunden Gutschrift gegenüber Armstrong einbüßte, gibt den Kampf um Gelb noch nicht verloren: "Lance wollte heute alles klarmachen, aber er hat nicht wie früher zwei Minuten herausgeholt. Ich habe alles gegeben und alle Register gezogen. Die Tour ist noch nicht vorbei."

Von einer Vorentscheidung wollte auch Armstrong nichts wissen: "Die Tour ist erst in Paris entschieden. Hier ist noch alles möglich." Am Samstag steht das zweite lange Einzelzeitfahren über 49 Kilometer auf dem Programm. Beim ersten Kampf gegen die Uhr über 47 Kilometer am Vergangenen Freitag hatte Ullrich 96 Sekunden auf Armstrong gut gemacht. Aber der Mann in Gelb hat inzwischen offensichtlich zu alter Stärke zurückgefunden.

Armstrong stürzt - Ullrich wartet

Dramatische Augenblicke hatten sich 10 Kilometer vor dem Ziel abgespielt: Armstrong blieb an einer Tasche eines Zuschauers hängenund stürzte. Der Dominator der vergangenen vier Jahre riss dabei Mayo mit, während Ullrich dank eines Reflexes ausweichen und einen Sturz knapp vermeiden konnte. "Ich habe mir gesagt. Lance, du musst aufstehen und die Tour gewinnen", schilderte der 31-jährige Amerikaner die Situation. Ullrich zeigte sich als echter Sportsmann und drosselte das Tempo, bis Armstrong wieder Anschluss gefunden hatte.

Für Ullrich war diese Haltung eine Selbstverständlichkeit: "Fairness ist alles im Radsport. Lance war wohl selber Schuld, dass er gestürzt ist. Aber es war trotzdem klar, dass ich dann nicht anziehe." Bianchi-Teamchef Rudy Pevenage kommentierte dagegen zwiespätig: "Dass Jan gewartet hat, war seine eigene Entscheidung." Armstrong rechnete diese Aktion Ullrich jedenfalls hoch an: "Jan ist ein großartiger Radsportler." Erinnerungen an 2001 wurden wach, als Ullrich am Col de Peyresourde bei Tempo 80 in den Bach gestürzt war und Armstrong auf ihn gewartet hatte. Erst nach rund 20 Sekunden saß Armstrong wieder auf dem Rad, strauchelte aber nur wenige Meter später erneut, als er aus der Pedale rutschte. Erneut wartete die Konkurrenz, allen voran Ullrich, auf den Mann im Gelben Trikot.

Armstrongs entscheidender Angriff

Am vorletzten Berg, dem berühmten Tourmalet, hatte Ullrich noch einen Angriff auf Armstrong gestartet. Dabei hatte dieser eine erste leichte Schwäche offenbart, musste abreißen lassen und konnte sich erst nach einigen Minuten zurückkämpfen. Für Winokurow war die Tempoverschärfung einen Tag nach seinem starken Auftritt auf der Etappe nach Loudenvielle dagegen zu viel. Der 29-Jährige verlor bis zur Bergwertung 1:30 Minuten auf die beiden Top-Favoriten und schaffte in der folgenden Abfahrt nurmehr den kurzfristigen Anschluss.

30 Kilometer zuvor war die Hauptgruppe mit den besten Bergfahrern noch gemeinsam über den Col d'Aspin gefahren. Zu diesem Zeitpunkt lag ein Spitzenduo mit Zeitfahr-Weltmeister Santiago Botero vom Team Telekom und dem Franzosen Sylvain Chavanel über neun Minuten vor dem Feld. Während Botero auf dem letzten Kilometer zum Tourmalet eingeholt wurde, rettete sich Chavanel in den Schlussanstieg, bevor seine Alleinfahrt ebenfalls erfolglos beendet war. Beide hatten ihren Ausreißversuch 30 Kilometer nach dem Start begonnen.

Virenque erneut bester Kletterer

Eine Entscheidung fiel im Kampf um die Bergwertung, die der Franzose Richard Virenque zum sechsten Mal für sich entschied. Der 32 Jahre alte Fahrer vom Team Quick Step steht damit auf einer Stufe mit den Rekordgewinnern Federico Bahamontes (Spanien) und Lucien van Impe (Belgien). Die letzten nötigen Punkte holte sich Virenque auf den ersten Bergen der Etappe nach Luz-Ardiden, danach hatte er mit der Tagesentscheidung nichts mehr zu tun. Voraussetzung für den Gewinn "Gepunkteten Trikots" ist allerdings, dass Tour-Zweite von 1997 das Schlussziel in Paris erreicht. Von 1994 bis 1997 sowie 1999 hatte Virenque schon zuvor die Tour-Bergwertung gewonnen.

Nach einem Ruhetag wird die 90. Tour am Mittwoch mit der letzten Pyrenäen-Etappe von Pau nach Bayonne fortgesetzt. Unter den sechs Bergwertungen befinden sich auch die zwei steilsten Anstiege der diesjährigen Tour. 10,5 Prozent Steigung weist der Cote de Larrau auf, 9,2 Prozent der Col Bagarguy. Doch der Schlussteil des Teilstück verläuft dagegen abfallend von 300 m Höhe bis zum Ziel auf Meeresspiegelniveau.

(sueddeutsche.de/SID)

© N/A - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: