1:1 in Sinsheim:Soll es das gewesen sein?

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Der Freiburger Nils Petersen (links) verwandelte einen Elfmeter zum Ausgleich gegen Hoffenheim. (Foto: dpa)

Das Unentschieden gegen Freiburg zeigt der TSG Hoffenheim ihre Grenzen als Sprungbrett-Verein auf. Während sich Trainer Julian Nagelsmann gegen Kritik und Pfiffe wehrt, steht der Abschied von Hansi Flick bevor.

Von Tobias Schächter, Sinsheim

Nach dem enttäuschenden 1:1 gegen den SC Freiburg wurde Serge Gnabry gefragt, wie er die Serie mit nur einem Sieg aus den letzten acht Spielen bewertet. Der 22 Jahre junge Offensivspieler der TSG antwortete nicht wirklich druckreif, übersetzt lautete seine Antwort ungefähr so: "Das ist für uns miserabel." Andererseits, so der U 21-Europameister, seien ja noch viele Punkte zu vergeben. Es sind noch exakt 30 Punkte zu holen. Aber kann diese Mannschaft noch einmal eine positive Serie starten?

Mit nun 32 Zählern nach 24 Spielen geht eher nichts mehr nach unten, aber auch eine zwingende Perspektive nach oben fehlt nach dem Remis gegen Freiburg erst mal. Die Luft ist irgendwie raus bei der TSG und ob noch einmal positive Spannung aufgebaut werden kann in den letzten zehn Spielen, sehen offenbar viele Fans skeptisch. Der langsame Spielaufbau mit vielen Rückpässen zu Torwart Oliver Baumann wurde während des Spiels mitunter ebenso mit Pfiffen aus der eigenen Kurve kommentiert wie die Enttäuschung über das Ergebnis nach dem Abpfiff. Die TSG Hoffenheim hechelt den Erwartungen ihrer Fans und auch ihren eigenen hinterher. Da gibt es nichts schönzureden, auch wenn Trainer Julian Nagelsmann mit Unverständnis reagierte und betonte, seine Elf sei nie schlechter als Rang neun in dieser Saison platziert gewesen und habe auch gegen Freiburg einige Chancen herausgespielt. Es gebe eben auch Gegner, vor deren Leistung man Respekt haben müsse. Stimmt schon, aber kann man dann zufrieden sein?

Freiburg war zum Beispiel so ein Gegner, der unbequem für die spielbestimmenden Hoffenheimer war: Die Südbadener kassierten trotz einiger Verletzungsausfälle in den letzten zwölf Partien nur eine Niederlage und verschafften sich so mit 29 Punkten eine gute Ausgangsposition im Kampf um den Klassenerhalt. "Wahnsinn" sei es, wie seine Elf immer wieder nach Rückständen zurückkomme, lobte SC-Trainer Christian Streich. Auch in Hoffenheim gerieten die Freiburger durch ein schönes Freistoßtor von Andrej Kramaric (57.) in Rückstand, den aber sieben Minuten später Nils Petersen durch einen verwandelten Foulelfmeter egalisierte. TSG-Abwehrchef Kevin Vogt hatte Petersen unnötig im Strafraum zu Fall gebracht. Der Freiburger Kapitän traf zu seinem zwölften Saisontor und zum zehnten Mal in den letzten zehn Spielen - kein deutscher Spieler in der Liga ist treffsicherer als der 29-Jährige, der letzte Woche seinen Vertrag in Freiburg verlängert hat. "Ich habe ja schon einiges erlebt und in Freiburg genau das, was ich brauche. Ich will weiter jeden Tag mit einem Lächeln zur Arbeit gehen." Bei größeren Vereinen ist der Mann aus Werningerode nicht so glücklich geworden - weder beim FC Bayern, noch beim SV Werder Bremen. Petersen musste seine Erfahrungen machen, um zu wissen, was er braucht, um glücklich zu sein.

Auf höherem Niveau ist Hoffenheim wie Freiburg für Spieler ein Sprungbrett auf dem Weg zu größeren Klubs. Letzte Saison gelang der TSG mit Platz vier die erstmalige Europapokal-Teilnahme. Im Sommer wechselten dann die Nationalspieler Sebastian Rudy und Niklas Süle zum FC Bayern, im Winter folgte Mittelstürmer Sandro Wagner. Und im kommenden Sommer wird der ausgeliehene Serge Gnabry auch nach München gehen und Stürmer Mark Uth zum FC Schalke wechseln. So viel steht fest.

Der Aderlass in dieser Saison und der bevorstehende Umbruch zehren an der Qualität, hinzu kommt das enttäuschende Aus nach der Europa-League-Gruppenphase. Hoffenheim und ihr 30 Jahre junger Trainer müssen lernen, mit Enttäuschungen umzugehen. Auch in der Klubführung läuft nicht alles rund. Im Sommer wurde der ehemalige DFB-Sportdirektor und Assistent von Nationaltrainer Jogi Löw, Hansi Flick, auf Betreiben von Gesellschafter Dietmar Hopp als Geschäftsführer Sport verpflichtet, ausgestattet mit einem Fünfjahresvertrag. Sein Aufgabenbereich war aber nicht wirklich definiert, die anderen Geschäftsführer beäugten Flicks Ankunft kritisch. Seit zwei Wochen befindet sich Flick im "Urlaub", auch gestern war er nicht im Stadion - er feierte mit seiner Familie seinen 53. Geburtstag. Nächste Woche, so ist zu hören, wird das Missverständnis beendet und die Trennung nach acht Monaten bekanntgegeben.

© SZ vom 25.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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