1:0 für Berlin:Und die Zauberer sind ratlos

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Für Trainer Dardai Berlins bester Mittelfeldspieler: Marko Grujic, Torschütze beim 1:0 gegen Frankfurt. (Foto: Robert Michael/AFP)

Hertha BSC beschränkt sich erfolgreich darauf, was dem Rest der Liga selten gelang: das Angriffstrio aus Luka Jovic, Sebastien Haller und Ante Rebic nicht zur Entfaltung kommen zu lassen.

Von Max Ferstl, Berlin

Pal Dardai stand am Spielfeldrand und sah Luka Jovic zu, wie er an ihm vorbei Richtung Berliner Tor sprintete. Normalerweise kann es einem Trainer nicht gefallen, wenn sich der erfolgreichste Stürmer der Liga dem Ziel nähert. Aber Dardai, Trainer bei Hertha BSC, machte in jener 60. Minute gegen Frankfurt einen gelassenen Eindruck. Er stand unbewegt da, die Arme hinter dem Rücken verschränkt. Der Frankfurter Jovic war alleine unterwegs. Es gab keinen freistehenden Mitspieler, also schlug er den Ball ziellos in die Mitte zum Berliner Torhüter. Dann fiel Jovic um. Und Dardai setzte sich auf die Bank. Man darf annehmen, dass ihm das Gesehene gefallen hat.

Seine Mannschaft hat am Samstagabend 1:0 gegen Eintracht Frankfurt gewonnen. Sie hat nicht auffallend schön gespielt, sie war auch nicht unbedingt besser. Aber sie hat mit hoher Konzentration und Leidenschaft verteidigt, und von den wenigen Chancen immerhin eine genutzt - das genügte. Vor allem ist den Berlinern etwas gelungen, woran die meisten Konkurrenten in dieser Saison gescheitert sind: Sie haben es geschafft, die hochgelobten Frankfurter Angreifer ratlos aussehen zu lassen.

Die Eintracht besitzt eine der aufregendsten Angriffsreihen der Liga. Luka Jovic (10 Tore), Sebastien Haller (9) und Ante Rebic (5) haben 24 der 30 Frankfurter Tore geschossen. Während sich Stürmer den Erfolg gegenseitig schon mal neiden, funktionieren die drei Frankfurter im Zusammenspiel besonders gut. Rebic, Jovic und Haller haben sich den Ruf erarbeitet, Technik, Wucht und Geschwindigkeit in ziemlich perfektem Verhältnis zu vereinen. Während der Woche war im Berliner Tagesspiegel sogar von einem "betörenden Zauber" zu lesen, den die Drei verbreiten würden.

Der Samstagabend in Berlin war weder betörend noch zauberhaft. Er war vor allem kalt. Die Frankfurter versuchten zwar den Ball schnell in die Spitze zu spielen zu ihren gefährlichen Stürmern. Aber er kam ziemlich selten an. Entweder liefen die Stürmer zu früh los, oder der Passgeber schickte den Ball zu spät los, oder beides. "Wir haben sie nicht zur Entfaltung kommen lassen", fand Berlins Verteidiger Fabian Lustenberger. Zwei Ausnahmen gab es in der ersten Halbzeit: Einmal drängelte sich Haller zwischen den Abwehrspielern hindurch, traf aber den Außenpfosten (10. Minute). Ein anderes Mal rannte Rebic auf die Berliner Verteidiger zu, spielte einen Doppelpass mit Jovic, schoss dann aber genau auf den Torhüter (38.). Ansonsten war lange Zeit wenig los. Auch weil die Berliner wenig Raum boten.

"Wenn ich hier keinen Elfmeter gebe, dann weiß ich nicht, wann"

Dardai hatte sich vorab nicht an der allgemeinen Überhöhung des Frankfurter Angriffs beteiligt, stattdessen schlicht von "sehr guten, sehr schnellen Angreifern" gesprochen, vor denen man Respekt haben müsse, aber nicht mehr. Ihnen hatte er eine stabile Verteidigung entgegen gesetzt, denen die Mittelfeldspieler Marko Grujic und Arne Maier zusätzliche Sicherheit verliehen. "Hertha hat das gut verteidigt", gab Frankfurts Trainer Adi Hütter zu. Einmal, fand er, hatten sich die Berliner allerdings nicht an die Regeln gehalten. In der 87. Minute zog Grujic Gegenspieler Jovic zu Boden. "Wenn ich hier keinen Elfmeter gebe, dann weiß ich nicht, wann", sagte Hütter. Doch es gab keinen Elfmeter. (Am Nachmittag hatte es bei der Partie Freiburg-Leipzig bei einer weniger eindeutigen Szene Elfmeter nach Videobeweis gegeben.)

Auch die Eintracht leistete sich eigentlich nur eine Unachtsamkeit, als nach einem Eckball Grujic höher sprang als der Verteidiger Makoto Hasebe, was nicht schwer war, denn Hasebe blieb einfach stehen. Grujic drückte den Ball über die Linie (40.). Ab dem Moment zogen sich die Berliner noch weiter zurück und verschanzten sich vor dem eigenen Strafraum. Sie drängten die Frankfurter auf die Flügel ab. In der 52. Minute flankte Filip Kostic, in der Mitte schloss Jovic direkt ab - aber Torhüter Rune Jarstein parierte flink. Derart gefährlich wurde es selten, obwohl die Frankfurter in der zweiten Hälfte öfter aufs Tor schossen.

Es dauerte lange, bis die Berliner Verteidigung bröckelte und die Ordnung ein wenig abhanden kam. Jovic wurde im letzten Moment gestört (82.), kurz darauf flipperte der Ball unkontrolliert durch den Strafraum (83.). Aber irgendein Berliner grätschte am Ende rechtzeitig oder brachte ein Bein dazwischen. Dardai klang sehr zufrieden, als er sagte: "Zum Schluss mussten wir leidenschaftlich verteidigen. Aber für einen Trainer ist ein 1:0 immer wunderschön."

© SZ vom 09.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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