Die Wiesen leuchten satt, grün, frühlingsschön. Inmitten gelber Blumen steht ein ungeübter Maler mit einer Leinwand vor der Nase. Sein Auftrag: "Erfasse die Landschaft." Und weil seine Augen dies nicht können - noch nicht - würde er den Baum, den Bach am liebsten mit den Händen greifen. Der Malschüler vor der Staffelei ist nicht geübt im Schauen, er muss sich an die Nuancen der natürlichen Farbpalette erst gewöhnen. Er kommt aus der Stadt, wo sein Blick mit den Grautönen der Straßen und Häuser vertraut ist. "Die Landschaft überfordert am Anfang", sagt Franz Feistl, Maler und seit vielen Jahren Dozent für Landschaftsmalerei an der Sommerakademie Hohenaschau. Er weiß, dass seine Kursteilnehmer nicht sofort können, was er von ihnen will: Richtig hinsehen. "Der Mensch schaut schlampig", sagt Feistl. Deshalb übt er in den ersten Unterrichtsstunden den Blick für Details. Denn wir nehmen wahr, was unser Überleben sichert und klammern oft aus, was uns belasten könnte.
In den ersten Tagen eines Kurses steckt den Teilnehmern noch die Hektik des Alltags in den Knochen. Die Erwartung an sich selbst ist riesig und so bedrohlich wie die weiße Leinwand. Das stresst am Anfang und überfordert schnell. "Leg' etwas in das Licht und schau, was das Licht mit dem etwas macht", empfiehlt Robert Gernhardt in seiner Ballade von der Lichtmalerei. Diese Empfehlung gilt auch für den Landschaftsmaler, der sich "Pleinair" versucht. Die Morgensonne leuchtet anders als der untergehende Feuerball und taucht die Rose, den Weiher, die Weide in die verschiedenen Farbtöpfe der Natur.
Der Dozent weiß, es braucht ein, zwei Tage, bis sich die Gedanken lösen vom mitgebrachten Ballast und die Sorgen mit den Wolken davon ziehen. Ein Strohhut auf dem Kopf macht noch keinen Van Gogh. Doch sobald die Augen die Farbigkeit der Motive erfassen, keimt auch die Lust, Farbe auf die Leinwand aufzutragen, zu mischen, zu experimentieren und dazu den Wind in den Haaren zu spüren oder die Zehen im Gras. Was als kleiner Kampf beginnt und sich alsbald in großes Wohlsein wandelt, beschreibt Hermann Hesse in seinem Gedicht "Malerfreude" so: "In meinen Augen wohnt eine andere Ordnung aller Dinge (...) / Neu und sinnvoll wird die Welt verteilt / und im Herzen wird es froh und helle." Hesse erlebte das Aquarellieren im sonnenverwöhnten Tessiner Exil als Therapie, die ihn aus seiner schlimmsten Lebenskrise führte. Die Reihe berühmter, malender Vorbilder, die mit Farbe und Pinsel die Natur erkundeten, ist lang. Die Wurzeln dieses Fachs reichen bis in die Renaissance. Mit der Erfindung der Farbtube, im 19. Jahrhundert, wurde es für Künstler einfacher ihren Ateliers zu entfliehen. Van Gogh etwa, aus dem nebeligen Norden kommend, fand neue Schaffenskraft in der Wärme Südfrankreichs. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts schlossen sich Gleichgesinnte nach dem Vorbild des französischen Barbizon auf dem Land zu Künstlerkolonien zusammen. Otto Modersohn, Paula Becker, Clara Westhoff und ihr späterer Mann Rainer Maria Rilke stehen für Worpswede. Sie folgten der Aufbruchstimmung, die aus dem Unbehagen an der Industrialisierung und deren negativer Begleiterscheinungen hervorgegangen war. Damals wie heute bietet die Malerei unter freiem Himmel Zuflucht und die Chance, in sich zu gehen. "Wer sich auf die Herausforderung einlässt", weiß Franz Feistl, "erfährt Entspannung auf hohem Niveau." Kurs-
Angebote: Sommerakademie Hohenaschau Cramer-Klett-Straße 15 83229 Aschau Tel.: 08052-788 www.sommerakademie-hohenaschau.de
Worpsweder Malschule, Erhard Kalina Osterwederstraße 21 27726 Worpswede Tel.: 04792-2692
Maltage mit Herbert Meiler in Inning am Ammersee Malurlaube in der Toskana, in Umbrien und Tirol Tel.: 08143-205 www.kunstmeiler.de
Malakademie Schloss Goldegg c/o Tourismusverband A-5622 Goldegg am See Tel.: 0043-6415-8131 www.malakademie-goldegg.org
Reichenhaller Akademie Tel.: 08651-3713 www.reichenhaller-akademie.de