Wassersport & Herzschmerz:Segel setzen für die Seele

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Statt den Liebeskummer in Alkohol zu ertränken, kann man ihm mit einem speziellen Kursangebot auch einfach davonsegeln. Wie das genau geht - ein Interview.

Daniela Dau

Seit drei Jahren veranstalten die Soziologin Brigitte Brandstötter (58) und die Psychotherapeutin Lilli Holzschuh (57) in ihrer Segelschule am Mondsee (Salzkammergut) einen Segelkurs mit Liebeskummer-Workshop.

Brigitte Brandstötter (li.) mit ihrer Partnerin Lilli Holzschuh (Foto: Foto: Brandstötter)

sueddeutsche.de: "Wer kommt zu Ihnen?"

Brigitte Brandstötter: "In der Regel mehr Frauen, aber Männer sind schon auch vertreten. Vom Alter her ist von 20 bis 65 Jahren alles dabei."

sueddeutsche.de: "Was lernen die Teilnehmer in ihrem kombinierten Segel-Kummer-Kurs?"

Brandstötter: "Zunächst mal natürlich segeln. Und dadurch werden sie abgelenkt. Man kann nicht zwei Dinge gleichzeitig tun: leiden und lernen. Beim Segeln müssen Sie ganz dabei sein - sonst fallen Sie ins Wasser. Wir haben festgestellt, dass sich die Bewegung in der Natur und das neue Lernen mit Leuten, denen es ähnlich geht, sehr positiv auf die Verarbeitung des Liebeskummers auswirkt. Das Gute am Segeln ist außerdem: Sie haben ein schnelles Erfolgserlebnis. Das stärkt das angeschlagene Selbstvertrauen."

sueddeutsche.de: "Und wie rücken Sie schließlich dem Herzschmerz zu Leibe?"

Brandstötter: "In unserem sechsstündigen Liebeskummer-Workshop gehen wir verschiedenen Fragen auf den Grund: Welches Beziehungsmuster steckt hinter dem Liebeskummer? Passiert immer wieder das Gleiche? Wie kann ich meinen Schmerz nicht nur selbstzerstörerisch äußern, sondern in kreatives Potenzial umwandeln? Freilich ist man nach unserem Workshop nicht über alles hinweg, das Erfahrene müssen die Teilnehmer zu Hause selbst umsetzen. Unser Workshop bietet daher auch ganz praktische Tipps für den Alltag, z.B. die Telefon-Nummer vom Handy sofort löschen. Auf einem Zettel kann man sie aber trotzdem an einer abgelegenen Stelle aufbewahren und irgendwann einmal wieder hervorholen."

sueddeutsche.de: "Ihr Angebot beinhaltet auch eine Nachtwanderung."

Brandstötter: "Ja, und das hat einen durchaus romantischen Zweck. Zum einen ist nämlich der Weg an einem Bach entlang zu einer alten Mühle wunderschön - da kommen schon Gefühle auf. Andererseits ist es aber auch nicht ganz einfach, sich in der Dunkelheit zu orientieren. Man muss sich also auf die anderen ein- und verlassen - das ist der praktische Gewinn."

sueddeutsche.de: "Wie ist das Feedback auf Ihre Kurse?"

Brandstötter: "Insgesamt hervorragend. Wir bleiben auch nach dem Kurs in Kontakt mit unseren Teilnehmern, fragen nach, wie's geht, welche Fortschritte sie machen. Bei vielen hat sich der Prozess der Verarbeitung durch ihren Aufenthalt beschleunigt. Und dann dienen unsere Kurse durchaus auch als Kontaktbörse."

sueddeutsche.de: "Die neue Liebe aus dem Segelkurs?"

Brandstötter: "Genau. Ganz normale Segelkurse bieten wir seit dreißig Jahren hier am Mondsee an, dabei sind etwa 160 Ehen herausgekommen. Ich selbst bin heute noch mit meinem ehemaligen Segellehrer verheiratet."

Der einwöchige Segelkurs kostet 990 Euro. Im Preis inbegriffen sind der sechsstündige Liebeskummer-Workshop, eine Nachtwanderung, Übernachtung mit Frühstück und eine Massage.

Kontakt: www.segelschule-mondsee.at

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