Visa-Konflikt in Moskau:Schärfere Kontrollen für Russen

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Zahlungskräftige russische Urlauber sind gern gesehene Gäste. Jetzt fürchten deutsche Touristiker ums Geschäft: Das Auswärtige Amt erschwert die Einreise.

Die deutsche Tourismusbranche hat vor einem deutlichen Rückgang der Reisen von Russland nach Deutschland gewarnt. Es würden möglicherweise bis zu einem Drittel weniger Visa ausgestellt, weil die deutsche Botschaft in Moskau die Anträge schärfer als zuvor kontrolliere, kritisierten deutsche und russische Reiseveranstalter.

Wer reisen will, muss warten: Die schärferen Kontrollen verzögern die Visa-Ausstellung. (Foto: Foto: iStock)

Bisher werden nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Moskau pro Jahr etwa 250 000 Touristen-Visa für Deutschland ausgefertigt. Berliner Reiseunternehmer und der Geschäftsführer der Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM), Hanns Peter Nerger, berichteten von einer Begrenzung auf 600 Visa-Anträge pro Reisebüro, verlängerten Bearbeitungszeiten und einer verstärkten Überprüfung der Zahlungsfähigkeit der russischen Gäste. "Das ist haarsträubend", sagte Nerger.

Das Berliner Außenministerium in Berlin wies die Vorwürfe zurück. Ein Sprecher sagte, das Auswärtige Amt sichere "einen möglichst kundenfreundlichen Service". Dabei müsse aber auch alles getan werden, "um die Sicherheitsbedürfnisse Deutschlands und der so genannten Schengen-Staaten zu schützen".

In den Botschaften Deutschlands würden weltweit jährlich rund 2 Millionen Visa ausgestellt - jedes achte davon in Moskau. Die deutsche Botschaft begründete die Neuerungen im Visa-Verfahren unter anderem mit begrenzten Kapazitäten.

Nach Angaben des russischen Tourismus-Verbandes können sich mehr und mehr Russen einen Urlaub im Ausland leisten. "Deshalb müssen mehr Visa erteilt werden. Doch die Kapazitäten der Konsulate wachsen nicht mit", kritisierte Verbandssprecherin Irina Tjurina.

Der Berliner Reiseveranstalter Alpha Travel Consultants hat zudem die Erfahrung gemacht, dass es sich bei den russischen Besuchern fast ausnahmslos "um in Deutschland äußerst gern gesehene und zahlungskräftige Gäste" handelt, die sich in Fünfsterne-Häusern Übernachtungen für 1500 Euro und mehr leisten.

Für zahlreiche Antragsteller seien bereits wochenlange Wartezeiten entstanden, klagten Reiseveranstalter. Die Anträge von Messebesuchern und Ausstellergruppen dürften nicht mehr pauschal im so genannten Reisebüroverfahren eingereicht werden.

Persönliches Erscheinen in der Botschaft erforderlich

Geschäftsreisende müssen jetzt persönlich in die Botschaft kommen und können ihre Anträge nicht mehr pauschal durch Reisebüro-Fachkräfte erledigen lassen. Dabei müssten auch Kontoauszüge und Kreditkartenabrechnungen der vergangenen drei bis sechs Monate zum Nachweis der Liquidität vorgelegt werden, hieß es.

Besonders Berlin hatte zuletzt von der Reiselust der russischen Gäste profitiert. 2006 konnte laut BTM ein Plus von 19,9 Prozent (40 157 so genannte Ankünfte) erzielt werden. Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) in Frankfurt/Main wollte sich zu dem Visa- Konflikt nicht äußern.

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