Urlaubsland Italien:Pasta und Pizza schmecken nicht mehr

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"Auch China hat uns überholt": Im Urlaubsparadies Italien kriselt es, Touristen bleiben aus. Gründe dafür gibt es viele.

Sicher, das prächtige Kolosseum zieht als Symbol der Ewigen Stadt ungebrochen Millionen Touristen aus aller Welt an. Die Gondeln in Venedig und die Dolomiten in Südtirol mit ihren bizarren Zinnen wirken weiter wie Magnete auf internationale Urlauber. Und doch spricht Italien von einer Krise der Branche, die mehr als 156 Milliarden Euro jährlich umsetzt und jeden neunten Italiener beschäftigt.

Die Fassade bröckelt: Das Kolosseum in Rom gilt bei Urlaubern anscheinend nicht mehr als so attraktiv. (Foto: Foto: dpa)

Während der Tourismus-Weltmarkt stark wächst, legt das einst so verwöhnte Mittelmeerland nur noch dürftig zu. Die Verantwortlichen schlagen Alarm und sprechen von einem Imageverlust.

"Unser Land läuft heute Gefahr, nicht mehr als antik, sondern als alt angesehen zu werden, nicht mehr als Garten Europas, stattdessen als Müllkippe", schreibt die römische Tageszeitung La Repubblica.

Wie ein Bumerang scheinen sie also zu wirken, jene Schlagzeilen und Bilder von den stinkenden Müllbergen in Neapel und vom gepanschten Wein bis zum Dioxin-haltigen Mozzarella - das setzt Bella Italia in diesen Monaten besonders zu. Eine vom Touring Club Italiano (TCI) mit herausgegebene Bilanz zeigt indessen, dass dieser Trend nicht neu ist. Der Weltmeister von 1970 ist, gemessen an der Zahl der Besucher, nach und nach auf Platz fünf abgerutscht.

"Auch China hat uns überholt", hält der Touring Club fest und stellt einige Zahlen dazu: Die Übernachtungen haben in den vergangenen zehn Jahren in Italien nur noch mäßig zugenommen, der Weltmarktanteil am Tourismus sank seit dem Jahr 1995 von 6,8 auf 4,9 Prozent und wird weiter stark schrumpfen.

Immerhin: Zumindest bei den deutschen Urlaubern scheint das Land eine kleine Renaissance zu erleben. Einer repräsentativen Studie der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen in Hamburg zufolge landet Italien in diesem Jahr auf Platz eins der beliebtesten Reiseländer der Bundesbürger - zum ersten Mal wieder seit Anfang der achtziger Jahre. Ein Plus von 2,1 Prozent und insgesamt 10,1 Millionen Besucher zählt die BAT-Studie.

Deutschland ist für Italien der wichtigste Markt - ein Drittel aller Gästeankünfte entfallen auf deutschsprachige Länder. Doch unterm Strich reicht das offenbar nicht aus, um dem Land von Pizza und Pasta ein größeres Stück an dem immer noch wachsenden weltweiten Tourismuskuchen zu sichern.

"In dem umkämpften Markt fehlt in Italien eine leitende Hand, jeder macht hier nur seinen Stiefel", erläutert Valerio De Molli von der Beraterfirma "The European House-Ambrosetti". Das Land sei müde, ihm fehle die klare Strategie, und auch im Online-Tourismus liege es zurück.

Aber nicht nur die Italiener selbst seien schuld und auch nicht nur die Branche mit ihren Kommunikationsproblemen im Internet-Zeitalter, meint der Kulturanthropologe Marino Niola aus Neapel. "Auch die internationalen Medien haben Italiens Negativ-Image mit aufgebaut", klagte Niola in einem Interview: "Es gibt zu viel dreckige Folklore, wir müssen unseren guten Ruf wieder aufpolieren." Die Folklore, die er meint, das sind die Bilder vom brennenden Müll, die Schlagzeilen von der Mafia, vom gepanschten Wein oder Olivenöl.

Auch die Hotelpreise schrecken vielerorts Urlauber ab, die den Euro dreimal umdrehen müssen. Und die Fluggesellschaft Alitalia, einst der Stolz der Nation, geht an Krücken. Solche Hiobsbotschaften kümmern Italien-Liebhaber nicht, aber sie schlagen doch zu Buche.

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