Trientinische Spezialitäten:Düfte und Aromen

Lesezeit: 4 min

Käse, Honig, Kräuter, Wein: Die Identität des Trentino lässt sich auch mit Nase und Gaumen erfahren. Kleine Erzeuger bieten nicht nur Einkaufsmöglichkeiten, sondern auch Führungen durch ihre Werkstätten - Kostprobe inklusive.

Von Ingrid Brunner

Energie von der Biene Schon mal Rhododendronhonig gekostet? Rhododendron, im Alpenraum besser als Alpenrose oder Almrausch bekannt, ist eine giftige Pflanze und wächst in Höhen zwischen 500 und 2800 Metern. Doch ihr Honig ist nicht nur genießbar, er ist eine seltene Spezialität, denn nur wenige Bienenvölker sind in solch hochalpinen Gebieten unterwegs. Zum Beispiel die Bienen von Armando di Monsorno. Er liebt Bienen. Als er vor sechs Jahren mit der Imkerei begann, hat er noch jeden Bienenstock per Hand mit Blumen bemalt. So viel Zeit hat er jetzt, mit 330 Bienenvölkern, nicht mehr. Aber mit seinem Honig und den Produkten, die er daraus herstellt, hat er einen Nerv getroffen. In seinem Laden in Tesero verkauft er nicht nur Akazien- oder Tannenhonig, sondern Kosmetik, Salben, Energydrinks, Seifen, alles auf Honigbasis. "Honig enthält Stoffe, zum Beispiel Mineralien, die wir mit unserer Ernährung nicht mehr ausreichend bekommen", erklärt Armando.

Entscheidend seien der Geschmack und die Reinheit des Naturprodukts, dessen Qualität er permanent im eigenen Labor kontrollieren lässt. Den Rohstoff schaffen seine Bienenvölker während der gesamten Blühzeit unermüdlich heran. Bis auf 1800 Meter Höhe bringt er seine Bienen, etwa für den Blütenhonig von Bergkräutern. Bis zu drei Kilometer fliegen die Bienen hin und wieder zurück mehrmals am Tag. Wer einmal einen Blick in einen Bienenstock werfen, lernen möchte, wie Honig entsteht und geschleudert wird, kann mit Armando hinauffahren auf den Berg zu seinen Bienenhäusern. Ein Schau-Bienenvolk lebt in einem Stock mit Sichtglas. Familien, besonders Kinder finden es spannend, die Insekten bei der Arbeit und sogar die Bienenkönigin zu sehen. Noch spannender finden die Kleinen die sechs Alpakas in Armandos Garten, mit denen sie auf kleine Ausflüge gehen können. ( www.masoerbe.it)

Bestes Gras, bester Kas

Ein alter, großer Stinker möchte niemand sein, auch in Italien schätzt es niemand, Puzzone genannt zu werden. Doch die Käserei ist es fast so etwas wie ein Adelstitel: Der Puzzone di Moena ist eine Käsespezialität, ein Original mit geschützter Ursprungsbezeichnung DOP. Sein Geruch ist stark, man sollte sich aber nicht abschrecken lassen, denn im Mund entfaltet er kräftige, nussige, sogar buttrige Geschmacksnoten. Kunden kaufen ihn gern im Laden der Molkerei in Predazzo. Nun schicken sich die Mitglieder der Kooperative sogar an, ihn als Delikatesse an den edelsten Käsetheken Europas zu vermarkten. "Mit dem besten Gras macht man den besten Kas'!", reimt Käseverkoster Francesco Gubert spontan. In der Tat: Die Milch kommt im Sommer täglich frisch von den Hochalmen, die bis auf 2000 Meter hoch liegen. In kleinen allradbetriebenen Milchautos wird sie ins Tal gebracht. "Deshalb hat der Käse die typischen Aromen, die ans Fleimstal erinnern." Eine aufwendige Produktion, erklärt Gubert. Die Milch und die eigenen Käsekulturen machten den Unterschied. Geplant ist nun eine Sonderedition, limitiert auf 600 Laibe, eigens für die Slow-Food-Gemeinde: der Puzzone di Moena Malga.

15 Käsesorten hat die Käserei im Angebot, darunter eine, die sich schon einen Namen gemacht hat: Der Trentingrana ist quasi die alpine Antwort auf den Parmesan aus Oberitalien - er schmeckt über die Pasta gerieben und auch als Snack zum Aperitif. ( www.puzzonedimoena.com)

Wein für die Welt

Seit 1904 gibt es die Weinkellerei Mezzocorona. Die Genossenschaft bewirtschaftet 3500 Hektar und ist damit eine der größten Weinkellereien Italiens, "beim Pinot Grigio sind wir die Nummer eins in Italien", sagt Michela Osti aus der Exportabteilung. Die Weinlese hat schon begonnen. Alles ist hier computergesteuert. Schon beim Anliefern wird der Zuckergehalt der Trauben gemessen und entschieden, in welchen Stahltank die Reben nach dem Wiegen, Pressen, Filtern geleitet werden. 50 Millionen Flaschen Wein werden hier jährlich erzeugt, in 60 Länder gehen die Weine. "Die Qualität muss stimmen", sagt Osti, "wir versuchen, wie eine kleine Kellerei zu arbeiten", sagt sie, auch bei großen Mengen sei das möglich - mit önologischer Kompetenz und moderner Technik. Für die Gastronomie baut Kellermeister Fabio Toscana unter dem Label Castel Firmian Riservas aus, die bis zu zwölf Monate im Barrique bleiben. Stolz der Weinkellerei Mezzocorona ist der Trentodoc, ein Sekt, der in Flaschengärung nach Champagnermethode gekeltert wird. Benannt ist er nach dem Langobardenkönig Rotari. Die Führungen durch die Kellerei enden stets mit einer Verkostung. ( www.mezzacorona.it/de)

Natürlich anders

"Wir machen so ziemlich alles anders als die anderen." Elisabetta Foradori sitzt in der Küche ihres prächtigen Weinguts in Mezzolombardo und erzählt, was das zum Beispiel bedeutet: Keine Hefe, nur Spontanvergärung, der Wein bleibt sieben bis acht Monate auf der Schale und wird nicht filtriert. Das bedeutet, dass ihr Pinot Grigio nicht weiß, sondern pink im Glas ist - und völlig andere Noten entfaltet als konventionell ausgebauter Grauburgunder. Der Grund dafür ist, dass Signora Foradori und ihr verstorbener Mann, der deutsche Agrarwissenschaftler Rainer Zierock, schon im Jahr 2002 mit dem biodynamischen Weinbau begonnen haben. Wer fragt, ob das eine Unterart des Bioanbaus ist, erhält sogleich die passende Antwort: "Keine Unter-, eine Obersektion davon."

Dem Ehepaar ging es um die Renaissance autochthoner Rebsorten, etwa der Nosiola- oder die Manzonitraube. Die Teroldego-Rebe ist schon bekannter, aber die Foradoris bauen sie natürlich anders aus: 15 Typen von Teroldego sind im Weinberg nach dem Zufallsprinzip gepflanzt. "Jeder bringt eine andere Eigenschaft mit ein", erklärt Sohn Emilio Foradori, seit 2013 ist er Chef im Keller. Das Familiencredo lautet: weniger Technik, mehr Know-how, mehr Präsenz, mehr Risiko. Nur 150 000 Flaschen im Jahr produzieren sie. Der junge Chef hat sich der Amphorenreifung zugewendet. Im Keller stehen Hunderte Tonamphoren, alle handgemacht von Signore Padilla, einem der letzten spanischen Amphorenmacher. Die Preise, die sie schon erhalten haben, erwähnen die Foradoris mit keinem Wort. Wer ihre Kunden sind, weiß die Seniorchefin nicht, "das sind wohl Menschen, die mit Verstand trinken und einen Blick fürs Detail haben". So wie die Foradoris auch. Besucher sind nach Anmeldung willkommen. ( www.elisabettaforadori.com)

© SZ vom 06.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: