Wer der Leidenschaft des Rush-hour-Radelns auf vernieselten Zubringerstraßen frönt, für den ist eine Radtour vom Luxemburger Hauptbahnhof in die umliegende Gegend ein Muss. Wer dagegen zementsackschleppende Spaziergänger liebt und etwas für grellgrüne Kinderschwimmbassins übrig hat, die an einer Wäscheleine zum Trocknen hängen, für den heißt es bingo in Bettembourg. Hier laufen vier gut gekleidete Männer mit besagten Säcken singend unter einer Autobahnbrücke herum, und auf dem Hochhaus der Bank von Luxemburg, ganz oben im Eck, kurz vor dem niedrig grauen Himmel, steht ein Fensterputzer und lacht und winkt und ruft irgendwas, das vom Regen verschluckt wird. Kurzes Winken zurück, ein Slalom um die Sackträger, ringring, hier kommt die Tour de France, ich muss mal eben nach Saarbrücken, dann geht es endlich auf ruhigere Straßen, Richtung Schengen, Saarland.
Das erste Prickeln in der Lunge
Hinter Bettembourg weitet sich die Landschaft, sommergrüne Hügel, links schwingt sich eine Stromleitung entlang, auf der ein paar Tauben wie Noten in einer Partitur sitzen, rechts wabern drei Atomkühltürme Zuckerwatte an den Horizont. Die Lungen fangen an zu prickeln, die Kette schnurrt ruhig vor sich hin, rings umher Kulturlandschaft, rechts der Weizen, links der Hafer, alles so schön aufgeräumt hier.
Am Ortseingang von Mondorf mahnt ein Sackgassenschild: "Fräiwëlleg 30km!" Es sind aber da schon eher unfräiwëlleg 15km. Zäh zieht die Straße die Reifen an, irgendwie will es nichts werden mit dem erträumten Dahinfliegen. An jedem Dorf wird die Tour angekündigt, Hochleistungsradler rasen verwischt über riesige Plakatwände. Gibt es eigentlich auch Niedrigleistungssportler?
Fünf Tankstellen mit Häusern drum herum und einer verwaschenen Deutschlandfahne auf einem rostigen Balkon, das also ist das berühmte Schengen. Dann kommt schon die Mosel, und es regnet: Deutschland.